Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2011)/Vorlesung 19
In dieser Vorlesung möchten wir zunächst nachweisen, dass es sich bei einem Kreisteilungskörper über um eine Galoiserweiterung handelt, deren Galoisgruppe abelsch ist und eine Struktur besitzt, die unmittelbar mit den Einheitswurzeln zusammenhängt.
- Kreisteilungskörper als Galoiserweiterung
Wir kommen nun zur Galoiseigenschaft der Kreisteilungskörper über .
Es sei der - te Kreisteilungskörper.
Dann ist eine Galoiserweiterung mit der Galoisgruppe
Dabei entspricht der Einheit derjenige Automorphismus , der eine -te Einheitswurzel auf abbildet.
Nach Korollar 18.11 ist
wobei das -te Kreisteilungspolynom ist. Dieses ist das Produkt über alle primitiven Einheitswurzeln und damit vom Grad . Da der Kreisteilungskörper all diese primitiven Einheitswurzeln enthält, zerfällt das Kreisteilungspolynom über in Linearfaktoren und daher ist der Zerfällungskörper des Kreisteilungspolynoms und somit nach Satz 15.6 eine Galoiserweiterung.
Es sei nun eine primitive -te Einheitswurzel, und zwar diejenige, die bei der obigen Restklassenidentifizierung der Variablen entspricht. Zu ist ebenfalls eine primitive Einheitswurzel. Wir betrachten den Einsetzungshomomorphismus
Dieser ist surjektiv, da den Kreisteilungskörper erzeugt. Wegen induziert dies einen Automorphismus
Dadurch erhalten wir eine Zuordnung
Für ist
sodass gilt (da die Automorphismen auf dem Erzeuger festgelegt sind). Die Zuordnung ist also ein Gruppenhomomorphismus. Für verschiedene Einheiten ist und somit . Die Abbildung ist also injektiv. Da es links und rechts Elemente gibt, ist die Abbildung eine Bijektion.
Wir betrachten den achten Kreisteilungskörper . Die Einheitengruppe ist , wobei die Ordnung besitzen. Die nach Satz 19.1 zugehörigen Körperautomorphismen sind neben der Identität die Abbildungen , die auf den Einheitswurzeln ( sei eine primitive achte Einheitswurzel) folgendermaßen wirken.
und
Zu jeder endlichen abelschen Gruppe
gibt es eine endliche Galoiserweiterung , deren Galoisgruppe gleich ist.
Nach einem elementaren Satz, den wir hier nicht beweisen, lässt sich als Restklassengruppe einer Einheitengruppe auffassen. Es sei
der zugehörige surjektive Restklassenhomomorphismus und der Kern davon. Nach Satz 19.1 ist die Galoisgruppe der -ten Kreisteilungserweiterung . Es sei der Fixkörper zu . Nach Satz 16.4 ist eine Galoiserweiterung mit Galoisgruppe .
Es ist ein offenes Problem, ob jede endliche Gruppe als Galoisgruppe einer Galoiserweiterung von auftritt. Diese Fragestellung gehört zur sogenannten inversen Galoistheorie.
- Galoiseigenschaften des Kompositums
Wir betrachten eine wichtige Konstruktion, das sogenannte Kompositum.
Es sei eine Körpererweiterung und seien zwei Zwischenkörper. Dann nennt man den von und erzeugten Unterkörper das Kompositum der beiden Körper (in ). Es wird mit bezeichnet.
Es sei eine endliche separable Körpererweiterung und sei eine weitere Körpererweiterung mit dem gemeinsamen Oberkörper , in dem das Kompositum gebildet sei.
Dann ist ebenfalls eine endliche separable Körpererweiterung.
Es sei separabel, und seien die zu gehörigen (separablen) Minimalpolynome. Dann ist und die Minimalpolynome der über sind in Teiler der und daher selbst separabel. Nach Satz 12.7 ist eine separable Körpererweiterung.
Es sei eine endliche normale Körpererweiterung und sei eine weitere Körpererweiterung mit dem gemeinsamen Oberkörper , in dem das Kompositum gebildet sei.
Dann ist ebenfalls eine normale Körpererweiterung.
Wir können schreiben, und wir wissen, dass es zugehörige Polynome mit gibt, die über zerfallen. Daher ist und dieselben Polynome, aufgefasst in , erfüllen die gleichen Eigenschaften. Aus Satz 14.3 (3) ergibt sich die Normalität.
Aus diesen zwei Lemmata ergibt sich der folgende Satz, der für die Charakterisierung der auflösbaren Körpererweiterungen wichtig ist.
Es sei eine endliche Galoiserweiterung und sei eine weitere Körpererweiterung mit dem gemeinsamen Oberkörper , in dem das Kompositum gebildet sei.
Dann ist ebenfalls eine endliche Galoiserweiterung, und für ihre Galoisgruppe gilt die natürliche Isomorphie
Die Erweiterung
ist
normal
nach
Lemma 19.6
und
separabel
nach
Lemma 19.5,
also eine
Galoiserweiterung
aufgrund von
Satz 15.6.
Zur Berechnung der Galoisgruppe gehen wir von der Einschränkungsabbildung
aus, die wegen der
Normalität
von
nach
Satz 14.3 (4)
ein wohldefinierter
Gruppenhomomorphismus
ist.
Es sei ein Automorphismus, dessen Bild unter diesem Homomorphismus trivial sei, also
.
Da auch
gilt, ist auf dem Kompositum
die Identität, also das neutrale Element. Daher ist nach
dem Kernkriterium
injektiv.
Das
Bild
von ist eine Untergruppe
.
Aufgrund
der Galoiskorrespondenz
gibt es einen Zwischenkörper
, ,
mit
,
und zwar ist der
Fixkörper
von . Es liegt also insgesamt die Situation
vor. Wir behaupten . Für jedes ist , und daher ist auch . Also ist . Wenn ist, so bedeutet dies, dass für jedes die Gleichheit gilt. Dann ist aber nach Satz 15.6, da eine Galoiserweiterung ist. Somit ist . Insgesamt ist also
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