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Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 8

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Wir möchten typische Methoden beschreiben, mit denen man die Invariantenringe zu den Operationen der endlichen Untergruppen der speziellen linearen Gruppe berechnen kann. Berechnen heißt, invariante Polynome zu finden, davon ein endliches Algebraerzeugendensysem auszuwählen und Relationen zwischen diesen Erzeugern zu finden. Eine typische Besonderheit der speziellen Quotientensingularitäten in der Dimension zwei ist, dass sie sich mit einer einzigen Gleichung in drei Variablen beschreiben lassen. Diese Gleichungen wollen wir im Folgenden bestimmen.

Graduierungen

Es sei ein kommutativer Ring und eine kommutative Gruppe. Eine - Algebra heißt -graduiert, wenn es eine direkte Summenzerlegung

mit - Untermoduln gibt derart, dass ist und für die Multiplikation auf die Beziehung

gilt.



Es sei ein Körper, eine endliche kommutative Gruppe und eine - graduierte kommutative - Algebra. Der Körper enthalte hinreichend viele Einheitswurzeln, sodass die Charaktergruppe von isomorph zu sei.

Dann ist der Invariantenring unter der natürlichen Operation der Charaktergruppe auf .

Für ein Element und einen beliebigen Charakter ist offenbar

sodass ist. Da die Operation der Charaktergruppe homogen ist, sind die homogenen Komponenten eines invarianten Elements ebenfalls invariant. Sei und . Aufgrund der Voraussetzung über die Einheitswurzeln gibt es einen Charakter

mit . Dann ist

also sind solche Elemente nicht invariant.



Es sei ein Körper, der eine primitive -te Einheitswurzel enthalte. Wir betrachten die Untergruppe

und die zugehörige Operation auf bzw. auf . Es handelt sich um eine zyklische Gruppe der Ordnung , die von

erzeugt wird. Die Operation von auf ist durch und gegeben. Offenbar sind

invariante Polynome unter dieser Gruppenoperation, die in der Beziehung

stehen. Dass diese drei Invarianten den Invariantenring erzeugen, sieht man am besten, wenn man die Situation graduiert realisiert. Dazu sei der Polynomring - graduiert, wobei den Grad und den Grad besitze. Wir betrachten den Gruppenhomomorphismus

und die zugehörige -Graduierung des Polynomringes. Wir identifizieren die Charaktergruppe mit der obigen Gruppe , indem wir

mit identifizieren. Bei dieser Identifizierung entspricht die obige explizite Operation von auf der natürlichen Operation der Charaktergruppe gemäß Lemma 12.15 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)). Nach Lemma 8.2 ist der Invariantenring unter der -Operation gleich der neutralen Stufe unter der - Graduierung. Der Kern von wird durch erzeugt. Die zugehörigen Stufen bilden somit den Invariantenring. Der Invariantenring ist also .



Die Ringe

nennt man -Singularitäten (man beachte die Indizierung)!



Der Invariantenring der binären Diedergruppe

Aufbauend auf die Berechnung des Invariantenringes zur zyklischen Gruppe können wir den Invariantenring zur den binären Diedergruppen bestimmen.



Es sei eine Operation einer Gruppe auf einem kommutativen Ring durch Ringautomorphismen. Sei eine Untergruppe. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. .
  2. Sind und Untergruppen in mit , so ist
  3. Ist ein Normalteiler in , so operiert die Restklassengruppe auf durch

    Dabei ist

(1) ist klar.
(2). Die Voraussetzung bedeutet, dass man mit gewissen oder schreiben kann.

Die Inklusion ist nach (1) klar. Die Inklusion ist wegen

klar.
(3). Die Operation ist zunächst wohldefiniert, d.h. unabhängig vom Repräsentanten. Es seien dazu gegeben mit . Dann ist

Wegen der Normalteilereigenschaft gibt es für und ein mit . Für ist

und somit gehört ebenfalls zu . Wir haben also eine Abbildung

Diese Abbildung ist in der Tat eine Gruppenoperation. Das neutrale Element wirkt identisch und die Assoziativität ergibt sich aus

Es liegt also eine Operation von auf vor, und da die Elemente identisch wirken, induziert dies eine Operation von auf . Bei den Abbildungen handelt es sich um Ringautomorphismen, da es sich um Einschränkungen von Ringautomorphismen auf handelt, wobei sich die Surjektivität aus der Existenz von ergibt.

Wir kommen zur Gleichheit

Zum Beweis der Inklusion sei . Dann ist insbesondere . Wegen ist auch - invariant. Zum Beweis der Inklusion sei . Doch dann ist für wiederum .



Es sei und es sei ein Körper der Charakteristik , der eine vierte primitive Einheitswurzel und eine -te primitive Einheitswurzel enthalte. Wir betrachten die von den Matrizen

erzeugte Untergruppe (die man auch als bezeichnet) der mit ihrer natürlichen Operation auf . Es sei die von erzeugte zyklische Untergruppe der Ordnung . Da die Ordnung besitzt, ist ein Normalteiler in . Daher können wir mit Hilfe von Lemma 8.4  (3) und Beispiel 8.3 den Invariantenring ausrechnen. Es ist ja

Die Operation des nichttrivialen Elementes aus auf diesem Invariantenring wird durch die Operation von auf repräsentiert. Sie ist also durch und gegeben und induziert

wobei ist, je nachdem, ob gerade oder ungerade ist.

Durch diese Operation ist -graduiert. Bei gerade sind

invariante Polynome (bei ungerade ) und und sind semiinvariante Polynome. Mittels und lässt sich für jedes Monom die homogene Zerlegung bezüglich dieser Graduierung angeben (wegen kann diese Invariante durch die anderen ausgedrückt werden). Deshalb bilden ein Algebraerzeugendensystem des Invariantenringes

Es besteht die Relation

Da das Polynom

irreduzibel ist, und der Invariantenring zweidimensional sein muss, ist

Unter schwachen Bedingungen an den Körper ist dieser Ring isomorph zu


Man spricht von den -Singularitäten (man beachte die Indizierung). Nach Aufgabe 8.16 ist isomorph zu , also

so dass man diese -Liste bei beginnen lässt. In den ursprünglichen Variablen und sind

ein Algebraerzeugendensystem aus invarianten Polynomen. In Charakteristik kann man die Gleichung, also in transformieren.



Die Invarianten der binären Tetraedergruppe

Die binäre Diedergruppe ist ein Normalteiler in der binären Tetraedergruppe . Die Untergruppenbeziehung kann man direkt aus den expliziten Beschreibungen

(wobei eine primitive achte Einheitswurzel ist) ablesen.



Wir wollen den Invariantenring zur binären Tetraedergruppe berechnen, die auf dem Polynomring operiert. Wir verwenden den Normalteiler . Der Invariantenring wird nach Beispiel 8.5 von

erzeugt mit der Relation

Auf diesem Invariantenring wirkt die Restklassengruppe , wobei das nichttriviale Element (die ) durch

repräsentiert wird. Diese Matrix schickt auf und auf . Daher ist

und

und damit

Ferner wird auf

geschickt. Das Element wird auf

also auf sich selbst geschickt. Neben

sind, wie man direkt nachrechnet, auch

und

invariant. Wegen

einerseits und

andererseits haben wir zwischen diesen Invarianten die Relation

Mit und liegt also die Relation

vor.

Wir müssen noch zeigen, dass damit alle Invarianten erfasst sind, dass also der Invariantenring von erzeugt wird. Dazu lassen wir uns davon leiten, dass eine Operation der vorliegt, die von einer - Graduierung herrühren muss. Nach Lemma 8.2 ist der Invariantenring gleich dem Ring der neutralen Stufe, der häufig einfacher zu bestimmen ist. Wie oben berechnet, wirkt der Erzeuger der Gruppe durch und . Durch Diagonalisierung dieser Matrix erhält man, dass

und

Eigenvektoren zu den Eigenwerten bzw. sind, die dritte Einheitswurzeln sind. Wegen

und

kann man die definierende Gleichung (des Invariantenringes zu ) in den Variablen als

Wir können also davon ausgehen, dass der Ring

vorliegt, der -graduiert ist, wobei den Grad , den Grad und den Grad bekommt. Die definierende Gleichung besitzt den Grad . Der Ring der nullten Stufe wird offenbar von erzeugt. Für die oben gefundenen invarianten Polynome gilt

und

Mit Hilfe der Relation kann man (und ) als Linearkombination von ausdrücken. Daher sind dies Algebraerzeuger des Invariantenrings und dieser ist zu

isomorph. Man spricht von der -Singularität.





Die Invarianten der binären Oktaedergruppe

Wir setzen die Berechnung der Invariantenringe zu den Operationen der endlichen Untergruppen der fort.


Zur Berechnung des Invariantenringes zur Operation der binären Oktaedergruppe auf benutzen wir die Normalteilerbeziehung (mit der Restklassengruppe ), Lemma 8.4 und Beispiel 8.7. Das Element , wobei eine achte primitive Einheitswurzel ist, wirkt durch und . Somit wird in der Darstellung

das Polynom auf

auf und auf geschickt. Auf dem isomorphen Ring ist dies einfach die Operation, die auf sich und auf ihr Negatives abbildet. Wir arbeiten mit der -Graduierung, bei der den Grad und den Grad besitzen. Nach Lemma 8.2 ist der Invariantenring gleich der neutralen Stufe in der Graduierung. Diese Stufe wird neben von und erzeugt (wegen kann man auf verzichten). Zwischen besteht die Relation

Nach Umbenennung der Variablen ist also der Invariantenring zur binären Oktaedergruppe isomorph zu


Diesen Invariantenring bezeichnet man als -Singularität.



Die Invarianten der binären Ikosaedergruppe

Der Invariantenring zur binären Ikosaedergruppe verhält sich in vielerlei Hinsicht anders als die bisher besprochenen Invariantenringe. Man braucht andere Methoden, um letztlich zu zeigen, dass der Invariantenring gleich

ist. Man spricht von der -Singularität.


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