Mannigfaltigkeit/Vektorbündel/K/Linearer Zusammenhang/Fundamentalgruppe/Einführung/Textabschnitt
Zu einem -Vektorbündel auf einem topologischen Raum und einem stetigen Weg
mit und einem Punkt gibt es im Allgemeinen keine wohldefinierte eindeutige Liftung
mit . Um dies sicherzustellen braucht man eine zusätzliche „horizontale“ oder „parallele Struktur“ auf , die die „Basisrichtungen“ in zu Richtungen in liftet. In dieser Vorlesung besprechen wir im differentialgeometrischen Kontext, wie man Vektorbündel mit linearen Darstellungen der topologischen Fundamentalgruppe von in Zusammenhang bringen kann.
- Zusammenhänge auf Vektorbündeln
Es sei eine (reell- oder komplex-) differenzierbare Mannigfaltigkeit und
ein Vektorbündel über , das wir ebenfalls als eine differenzierbare Mannigfaltigkeit ansetzen. Die Tangentialabbildung ist eine Abbildung
bzw. eine Bündelabbildung
von Vektorbündeln auf . Für jeden Punkt mit Basispunkt liegt also eine lineare Abbildung
vor. Diese ist natürlich surjektiv: Für eine offene Menge , über der trivialisiert, also die Gestalt mit einem -Vektorraum hat, ist
und die Tangentialabbildung ist dabei die Projektion auf .
Das Kernbündel des surjektiven Bündelhomomorphismus
heißt Vertikalbündel, das wir mit bezeichnen. Es liegt also eine kurze exakte Sequenz
Dabei hat man eine Bündelisomorphie , wie ebenfalls aus der lokalen Beschreibung folgt.
Wenn das triviale Bündel ist, also , so gibt es eine direkte Zerlegung . Für jeden Punkt repräsentieren dann die Tangentialvektoren die vertikalen Richtungen und die „horizontalen Richtungen“. Für jedes Vektorbündel kann man lokal mit Hilfe von Trivialisierungen den Tangentialraum in die direkte Summe aus vertikalem Raum und horizontalem Raum zerlegen. Allerdings hängen die horizontalen Unterräume wesentlich von der gewählten Trivialisierung ab und lassen sich nicht ohne Weiteres (im Gegensatz zu den vertikalen Unterräumen, die zusammen das Vertikalbündel bilden) zu einem Unterbündel zusammenfassen. Die Existenz eines solchen Bündels wird durch den Begriff des Zusammenhangs beschrieben.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein (reelles oder komplexes) differenzierbares Vektorbündel auf . Unter einem Zusammenhang auf versteht man eine direkte Summenzerlegung des Tangentialbündels in zwei Untervektorbündel und , wobei das Vertikalbündel ist. Das Unterbündel nennt man das Horizontalbündel.
Gemäß dieser Definition ist also ein Zusammenhang nichts anderes als ein zum Vertikalbündel komplementäres Unterbündel des Tangentialbündels. Es gibt einige inhaltlich äquivalente Beschreibungen eines Zusammenhangs. Ein Zusammenhang ist äquivalent zu einem Bündelhomomorphismus
mit
wobei die Einbettung von in bezeichne. Das horizontale Bündel ist dann der Kern von , und umgekehrt liefert die Summenzerlegung eine Projektion auf die beiden Summanden.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein (reelles oder komplexes) differenzierbares Vektorbündel auf , das mit einem Zusammenhang versehen sei. Es sei eine weitere differenzierbare Mannigfaltigkeit und
eine differenzierbare Abbildung. Ein differenzierbarer Schnitt
(über ) heißt horizontal, wenn für jeden Punkt das Bild ganz im Horizontalbündel enthalten ist.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein (reelles oder komplexes) differenzierbares Vektorbündel auf , das mit einem Zusammenhang versehen sei. Unter der vertikalen Ableitung versteht man die Abbildung
Zu einem differenzierbaren Schnitt in (über oder einer beliebigen offenen Teilmenge ) wird also die Abbildung
zugeordnet, wobei wir auffassen.
Wenn zusätzlich ein Vektorfeld auf , also ein Schnitt im Tangentialbündel gegeben ist, so erhält man die Abbildung
die man die vertikale Ableitung in Richtung nennt. Man beachte, dass dabei die Abhängigkeit vom Vektorfeld nur punktweise ist, die Abhängigkeit von aber infinitesimal ist, da die Tangentialabbildung eingeht.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein (reelles oder komplexes) differenzierbares Vektorbündel auf , das mit einem Zusammenhang versehen sei. Der Zusammenhang heißt linear, wenn die zugehörige vertikale Ableitung
-linear ist (auf jeder offenen Menge).
Man beachte, dass dies nicht bedeutet, dass dieser Abbildung ein Bündelhomomorphismus zugrunde liegt bzw. ein -Modul-Homomorphismus vorliegt. Die Abbildung ist nicht mit der Multiplikation der Schnitte mit Funktionen verträglich, sondern lediglich mit der Addition und Skalarmultiplikation mit Konstanten. Stattdessen gilt die folgende Leibnizregel.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein (reelles oder komplexes) differenzierbares Vektorbündel auf , das mit einem linearen Zusammenhang versehen sei.
Dann erfüllt die zugehörige vertikale Ableitung
die Leibnizregel, d.h. für jeden differenzierbaren Schnitt in und jede differenzierbare Funktion (die beide auf einer offenen Menge definiert sind) gilt
Beide Seiten sind lokal in , wir können also annehmen, dass ein triviales Bündel (mit einem -Vektorraum ) ist. Es seien konstante Basisschnitte von , d.h. ist konstant gleich einem Vektor , und diese Vektoren bilden eine Basis von . Wenn die Gleichheit für diese (und beliebige ) gezeigt ist, so folgt sie allgemein. Man kann jeden Schnitt in eindeutig als mit Koeffizientenfunktionen schreiben. Damit gilt unter Verwendung der -Linearität der beiden Seiten und der Leibnizregel für die konstanten Schnitte die Beziehung
Es sei also nun ein Schnitt, der konstant gleich ist. Es sei . Wegen können wir weiter annehmen, dass ist. Dann ist und wir müssen nur noch den vorderen Summanden betrachten. Der Tangentialraum von in ist gleich , und da der Nullschnitt horizontal ist, ist diese Zerlegung auch die Zerlegung in Horizontal- und Vertikalraum. Die vertikale Ableitung im Punkt ist die Gesamtabbildung
Man kann umgekehrt durch eine Ableitungsvorschrift, die die Leibnizregel erfüllt, einen linearen Zusammenhang angeben. Ein solcher Ableitungsformalismus und eine lineare Summenzerlegung des Tangentialbündels des Vektorbündels sind also im Wesentlichen äquivalente Konzepte.
Auf dem trivialen Bündel
ergibt sich die kurze exakte Sequenz
von Vektorbündeln über (aufgeschrieben sind die Totalräume). Die Produkte werden dabei absolut genommen, wobei links die Identifizierung und rechts die Identifizierung vorgenommen wurde. Zu einem Punkt gehört die exakte Sequenz der Fasern, also
Die zur trivialen Spaltung gehörige vertikale Ableitung ist einfach die Standardableitung: einem Schnitt in , der bezüglich einer Basis durch die Komponentenfunktionen repräsentiert wird, wird die Ableitung
zugeordnet, also einfach das Tupel der einzelnen Differentiale zu den Komponentenfunktionen.
Es gibt aber auch andere Spaltungen der Sequenz und damit auch andere vertikale Ableitungen. Eine -Matrix , deren Einträge -Differentialformen sind, liefert die vertikale Ableitung
Zu einer offenen Menge bezeichnen wir zu einem Vektorbündel mit einem linearen Zusammenhang den Raum der horizontalen Schnitte mit . Es ist also
Es handelt sich dabei um eine „sehr kleine“ Auswahl von Schnitten, wie das folgende Lemma zeigt und wie schon bei einem trivialen Vektorbündel (auch vom Rang ) deutlich wird. Man spricht von lokal-konstanten Garben oder von lokalen Systemen.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein (reelles oder komplexes) differenzierbares Vektorbündel vom Rang auf , das mit einem linearen Zusammenhang versehen sei.
Dann ist für jede zusammenhängende offene Teilmenge die Menge der horizontalen Schnitte ein -Untervektorraum von der Dimension .
Es seien linear unabhängige horizontale Schnitte auf . Es sei ein weiterer differenzierbarer horizontaler Schnitt. Man kann eindeutig als mit Funktionen
schreiben. Somit ist nach Fakt
Auf jeder kleineren offenen Menge, die zu diffeomorph ist, kann man dies unter Verwendung von Koordinaten als schreiben. Die bilden (über dieser offenen Menge) eine Basis von und daher muss sein. Also sind die konstant (dies gilt wegen zusammenhängend auch auf ) und somit ist eine -Linearkombination der .
Wenn es global
(also über )
linear unabhängige horizontale Schnitte gibt, so ist das Vektorbündel trivial.
- Liftungseigenschaften von Bündeln mit Zusammenhängen
Ein Zusammenhang auf einem Vektorbündel erlaubt es unter Umständen, ähnlich wie bei Überlagerungen, zu einer gegebenen Abbildung
in die Basismannigfaltigkeit eine eindeutige horizontale Liftung
anzugeben, sobald der Wert an einem einzigen Punkt vorgegeben ist. Dies gilt insbesondere für Intervalle bzw. , also für geschlossene Wege.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein (reelles oder komplexes) differenzierbares Vektorbündel auf , das mit einem Zusammenhang versehen sei. Es sei ein Intervall,
ein differenzierbarer Weg, ein Punkt und ein Punkt in der Faser über .
Dann gibt es ein offenes Teilintervall , , und eine horizontale Liftung
mit .
Diese Aussage ist in zweierlei Hinsicht unbefriedigend. Einerseits ist die Liftung nicht auf dem gesamten Intervall definiert, es liegt ein „Entweichungsphänomen“ vor
(der Zusammenhang muss nicht „vollständig“ sein; die Entweichung hängt direkt mit dem entsprechenden Phänomen für die Lösungen von gewöhnlichen Differentialgleichungen zusammen).
Zweitens ist bei einem Weg - vorausgesetzt, die Liftung existiert auf dem ganzen Intervall - der Endpunkt der Liftung abhängig von dem Weg, nicht nur von seiner Homotopieklasse. Wenn man durch einen Zusammenhang auf einem Vektorbündel eine lineare Darstellung der Fundamentalgruppe der Basismannigfaltigkeit gewinnen möchte, so darf die Liftung aber nur von der Homotopieklasse abhängen. Dies erfordert, dass in einem infinitesimalen Sinn die Liftung eines „kleinen“ geschlossenen Weges zum Startpunkt zurückkehrt. Diese Eigenschaft wird durch den Begriff des lokal integrablen Zusammenhangs präzisiert. Man könnte auch von einer lokalen Trivialität des Zusammenhangs sprechen. Zwar ist jedes Vektorbündel lokal trivial, Entsprechendes muss aber nicht für einen Zusammenhang gelten (es handelt sich dabei um ein „Krümmungsphänomen“ des Zusammenhangs).
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein (reelles oder komplexes) differenzierbares Vektorbündel auf , das mit einem Zusammenhang versehen sei. Der Zusammenhang heißt lokal integrabel, wenn es zu jedem Punkt einen auf einer offenen Umgebung definierten horizontalen Schnitt
durch gibt.
Dies bedeutet, dass zu jedem Punkt und lokal (in einer offenen Umgebung von ) die nach Fakt maximal mögliche Anzahl (die durch den Rang des Bündels festgelegt ist) von linear unabhängigen horizontalen Schnitten angenommen wird. Die lokale Integrabilität ist bei einer eindimensionalen Basismannigfaltigkeit stets erfüllt.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein (reelles oder komplexes) differenzierbares Vektorbündel auf , das mit einem linearen Zusammenhang versehen sei. Es sei ein Intervall,
ein differenzierbarer Weg, ein Punkt und ein Punkt in der Faser über .
Dann gelten folgende Aussagen.
- Es gibt eine
horizontale Liftung
mit .
- Für zwei Punkte
ist die Abbildung
- Es sei lokal integrabel. Dann hängt die in (2) angegebene Abbildung nur von der Homotopieklasse von ab.
Die Liftung eines Weges ist also stets auf dem ganzen Intervall definiert. Die in (2) angegebene Abbildung nennt man Paralleltransport oder horizontaler Fasertransport.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein (reelles oder komplexes) differenzierbares Vektorbündel auf , das mit einem linearen Zusammenhang versehen sei, der lokal integrabel sei. Es sei ein Punkt mit der Faser .
Dann definiert der horizontale Fasertransport einen natürlichen Anti-Gruppenhomomorphismus
Diese Abbildung (bzw. die zugehörige Operation der Fundamentalgruppe auf der Faser) heißt auch die Monodromie.
Es sei eine zusammenhängende differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein Punkt. Es sei .
Dann entsprechen sich die (Isomorphieklassen von) , wobei ein differenzierbares Vektorbündel vom Rang über und ein linearer lokal integrabler Zusammenhang auf ist, und die (Isomorphieklassen von) Rechtsoperationen der Fundamentalgruppe auf .
Auf einer einfach zusammenhängenden Mannigfaltigkeit gibt es nur auf dem trivialen Vektorbündel einen (bis auf Isomorphie eindeutigen) linearen lokal integrablen Zusammenhang. Es gibt aber im Allgemeinen auf einer einfach zusammenhängenden Mannigfaltigkeit auch nichttriviale Vektorbündel (man denke an den projektiven Raum). Umgekehrt kann es auf einem trivialen Vektorbündel über einem nicht einfach zusammenhängenden Grundraum nicht isomorphe lokal integrable Zusammenhänge geben.