Zum Inhalt springen

Kurs:Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018)/Vorlesung 13

Aus Wikiversity



Die offenen Mengen D(f)

Wir wollen zeigen, dass die Zariski-offenen Teilmengen selbst homöomorph zum -Spektrum einer endlich erzeugten -Algebra sind. Dazu benötigen wird den Begriff des multiplikativen Systems und der Nenneraufnahme.


Es sei ein kommutativer Ring. Eine Teilmenge heißt multiplikatives System, wenn die beiden Eigenschaften

  1. ,
  2. Wenn , dann ist auch ,

gelten.


Es sei ein kommutativer Ring und ein Element. Dann bilden die Potenzen , , ein multiplikatives System.



Es sei ein Integritätsbereich und sei ein multiplikatives System, . Dann nennt man den Unterring

die Nenneraufnahme zu .

Für die Nenneraufnahme an einem Element schreibt man einfach statt . Für den Begriff der Nenneraufnahme für beliebige kommutative Ringe, siehe Aufgabe 13.1.



Es sei ein Körper und sei eine endlich erzeugte - Algebra, .

Dann ist die Zariski-offene Menge in natürlicher Weise homöomorph zu .

Wir betrachten die zum - Algebrahomomorphismus gehörende Spektrumsabbildung

die nach Satz 12.7 stetig ist. Es ist , da ja in eine Einheit wird. Daher liegt das Bild von in .
Es sei irgendein Punkt, d.h. ist ein -Algebrahomomorphismus mit . Dann ist eine Einheit und daher lässt sich dieser Homomorphismus nach der universellen Eigenschaft der Nenneraufnahme (siehe Aufgabe 13.6) zu einem Homomorphismus von nach fortsetzen. Dieser Homomorphismus ist das gesuchte Urbild und daher ist als Abbildung nach surjektiv.
Zur Injektivität seien zwei -Algebrahomomorphismen

gegeben, deren Verknüpfungen mit

übereinstimmen. Wegen

und ebenso für ist dann aber .
Zur Homöomorphie ist lediglich zu beachten, dass die Zariski-offenen Mengen von von , , überdeckt werden. Dabei kann man annehmen, da eine Einheit in ist. Dann ist aber dieses gleich , wo letzteres die offene Menge in bezeichnet.


Satz 13.4 besagt insbesondere, dass eine offene Menge selbst das - Spektrum einer endlich erzeugten - Algebra ist (nämlich von , das über von erzeugt wird), und sich daher auch als Zariski-abgeschlossene Menge eines affinen Raumes realisieren lassen muss. Aus

(siehe Aufgabe 13.4) erhält man eine solche Realisierung. Es sei . Dann liefert der surjektive Ringhomomorphismus

eine (nach Proposition 12.8  (3)) abgeschlossene Einbettung von in . Ist die Gesamtinklusion

so kann man die abgeschlossene Einbettung auch als

auffassen, wobei hier wieder das Produkt von Varietäten auftritt.



Betrachten wir in Anschluss an Bemerkung 13.5 die offene Menge

Diese offene Menge nennt man die punktierte affine Gerade. Auf dieser offenen Menge ist invertierbar, d.h. die rationale Funktion ist darauf definiert. Diese Abbildung liefert zusammen mit der gegebenen (offenen) Inklusion die abgeschlossene Inklusion

dessen Bild eine (in der affinen Ebene abgeschlossene) Hyperbel ist. Die punktierte affine Gerade und die Hyperbel sind also homöomorph (und die zugehörigen Ringe, nämlich und , sind isomorph).




Zusammenhang und idempotente Elemente

Wir interessieren uns dafür, wie es sich auf den Koordinatenring auswirkt, wenn eine affin-algebraische Menge zusammenhängend ist, und wie sich gegebenenfalls die Zusammenhangskomponenten charakterisieren lassen. Wir beginnen mit einem Beispiel, das zeigt, dass über einem nicht algebraisch abgeschlossenen Körper keine überzeugende Theorie zu erwarten ist.


Wir betrachten (wie in Beispiel 11.5) die beiden algebraischen Kurven

Der Durchschnitt wird beschrieben durch das Ideal

Es sei . Dann ist leer.

Die affin-algebraische Menge ist nicht zusammenhängend ( und sind die irreduziblen Komponenten und die Zusammenhangskomponenten). Der Koordinatenring von ist

Man könnte erwarten, dass die Funktion auf , die auf konstant gleich und auf konstant gleich ist, sich im Koordinatenring wiederfindet. Dies ist aber nicht der Fall, und zwar liegt das daran, dass über den komplexen Zahlen zusammenhängend ist. Daher besitzt der komplexe Koordinatenring nur die trivialen idempotenten Elemente, und das überträgt sich auf den reellen Koordinatenring.



Ein Element eines kommutativen Ringes heißt idempotent, wenn gilt.

Die Elemente und sind idempotent.


Es seien kommutative Ringe. Dann heißt das Produkt

versehen mit komponentenweiser Addition und Multiplikation, der Produktring der , .

In einem Produktring gibt es viele idempotente Elemente, nämlich solche Elemente, deren Komponenten alle oder sind.


Ein kommutativer Ring heißt zusammenhängend, wenn er genau zwei idempotente Elemente (nämlich ) enthält.

Ein zusammenhängender topologischer Raum (rot) und ein nicht zusammenhängender Raum (grün).



Ein topologischer Raum heißt zusammenhängend, wenn es in genau zwei Teilmengen gibt (nämlich und der Gesamtraum ), die sowohl offen als auch abgeschlossen sind.

Die leere Menge und der Gesamtraum sind stets zugleich offen und abgeschlossen. Solche Mengen nennt man auch randlos oder clopen. Der leere topologische Raum gilt nicht als zusammenhängend, da es in ihm nur eine zugleich offene und abgeschlossene Menge gibt.



Es sei ein Körper und seien und endlich erzeugte - Algebren mit dem Produktring .

Dann gibt es eine natürliche Homöomorphie

Dabei werden die Einbettungen von rechts nach links durch die Projektionen , , induziert.

Die Projektion ist ein - Algebrahomomorphismus und liefert daher (nach Proposition 12.8  (3)) eine stetige Abbildung

(und zwar eine abgeschlossene Einbettung)

Ebenso gibt es eine Abbildung auf . Diese zusammengenommen definieren eine stetige Abbildung

Es sei , also sei ein -Algebrahomomorphismus. Seien und die zur Produktzerlegung gehörenden idempotenten Elemente. Wegen und wird genau eines dieser Elemente (sagen wir ) unter auf abgebildet (das andere auf ). Dann wird aber auf geschickt und faktorisiert durch eine Projektion. Das beweist die Surjektivität.

Zur Injektivität seien in der disjunkten Vereinigung gegeben, . Wenn sie beide in einem der Teilstücke liegen, so bleiben sie unter der Abbildung verschieden, da auf den Teilstücken eine abgeschlossene Einbettung vorliegt. Wenn sie auf verschiedenen Teilstücken liegen, so faktorisieren sie durch die beiden verschiedenen Projektionen und für den einen Punkt ist und für den anderen Punkt . Sie sind also verschieden als Elemente in .

Eine Homöomorphie liegt vor, da sich die einzelnen abgeschlossenen Einbettungen zu einer abgeschlossenen Abbildung zusammensetzen.



Es sei ein algebraisch abgeschlossener Körper und sei eine reduzierte kommutative - Algebra von endlichem Typ.

Dann stiftet die Abbildung

eine Bijektion zwischen den idempotenten Elementen in und denjenigen Teilmengen aus , die sowohl offen also auch abgeschlossen sind.

Zunächst ist offen und abgeschlossen. Dies folgt aus

und aus

D.h. die Abbildung ist wohldefiniert.
Es seien zwei idempotente Elemente mit . Da ein idempotentes Element in einem Körper nur die Werte oder annehmen kann, haben sowohl als auch auf den Wert und außerhalb den Wert . Damit haben und überall den gleichen Wert und sind nach dem Identitätssatz für Polynome überhaupt gleich. Dies beweist die Injektivität.
Es sei nun sowohl offen als auch abgeschlossen. D.h. es gibt ein weiteres Ideal mit und . Nach Korollar 11.12 erzeugen und zusammen das Einheitsideal. D.h. es gibt und mit . Wegen ist nach Aufgabe 12.9 das Element nilpotent und wegen der Reduziertheit ist . Also ist

idempotent. Wegen , und ist .


Es folgt, dass über einem algebraisch abgeschlossenen Körper eine reduzierte -Algebra von endlichem Typ genau dann zusammenhängend ist, wenn das zugehörige zusammenhängend ist.

Die vorstehende Aussage gilt auch im nichtreduzierten Fall, da überhaupt die idempotenten Elemente bei der Reduktion in Bijektion zueinander stehen, siehe Aufgabe 13.26 und Aufgabe 13.29.


<< | Kurs:Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018) | >>

PDF-Version dieser Vorlesung

Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)