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Kurs:Analysis (Osnabrück 2013-2015)/Teil III/Vorlesung 88

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Partitionen der Eins

Wir besprechen nun eine wichtige analytische Hilfstechnik namens Partition der Eins. Wir werden sie im Beweis für die Aussage, dass orientierbare Mannigfaltigkeiten eine positive Volumenform besitzen, und für den Beweis des Satzes von Stokes einsetzen. In dieser Vorlesung werden wir Partitionen der Eins konstruieren, wozu wir zunächst einige topologische Begriffe benötigen.

Das offene Innere ist die Vereinigung aller inneren Punkte, also derjenigen Punkte von (im Bild ), die mit einer ganzen offenen Umgebung in enthalten sind.

Es sei ein topologischer Raum und eine Teilmenge. Dann heißt

der Abschluss (oder topologische Abschluss) von .

Für metrische Räume haben wir den Abschluss als Menge aller Berührpunkte schon in der 35sten Vorlesung eingeführt, siehe auch Aufgabe 35.1.


Es sei ein topologischer Raum und eine Teilmenge. Dann heißt

das offene Innere (oder Innere) von .

Diese beiden Begriffe stehen durch
miteinander in Beziehung. Auch der Begriff des Randes überträgt sich von der metrischen Situation auf beliebige topologische Räume.

Es sei ein topologischer Raum und eine Teilmenge. Unter dem Rand von versteht man die Menge

Man beachte, dass dieser topologische Rand ein anderes Konzept ist als der Rand bei einer berandeten Mannigfaltigkeit, allerdings besteht eine Beziehung, die in Aufgabe 88.1 besprochen wird.


Es sei ein topologischer Raum und

eine Funktion. Dann heißt der topologische Abschluss

der Träger von .


Es sei ein topologischer Raum. Eine kompakte Ausschöpfung , , von ist eine Folge von kompakten Teilmengen mit



Es sei eine Mannigfaltigkeit mit einer abzählbaren Basis der Topologie.

Dann besitzt eine kompakte Ausschöpfung.

Zu jedem Punkt gibt es eine offene Kartenumgebung ,

sowie Ballumgebungen

Wegen der Homöomorphie der Kartenabbildung und der Kompaktheit der abgeschlossenen Bälle ist eine kompakte Teilmenge von , die die offene Umgebung von umfasst. Die , , bilden eine offene Überdeckung von , sodass es nach Aufgabe 62.4 eine abzählbare Teilüberdeckung gibt. Diese sei mit , , bezeichnet (wobei die in den kompakten Teilmengen liegen). Wir definieren nun rekursiv eine monoton wachsende Abbildung

derart, dass

eine kompakte Ausschöpfung von ist. Als endliche Vereinigungen von kompakten Mengen sind diese kompakt. Wir beginnen mit . Es sei schon konstruiert. Die Menge

ist kompakt und wird daher von endlich vielen offenen Mengen überdeckt, wobei wir wählen. Mit dieser Wahl ist

und diese Folge bildet eine Ausschöpfung, da die , , eine offene Überdeckung von bilden.



Es sei ein topologischer Raum. Eine Familie von Funktionen

mit heißt eine Partition der Eins, wenn folgende Eigenschaften gelten.

  1. Es ist für alle .
  2. Jeder Punkt besitzt eine offene Umgebung derart, dass die eingeschränkten Funktionen bis auf endlich viele Ausnahmen die Nullfunktion sind.
  3. Es ist .
Wenn alle stetig sind, so spricht man von einer stetigen Partition der Eins.

Die zweite Eigenschaft sichert dabei, dass die Summe in (3) definiert ist, da für jeden Punkt und fast alle die Gleichheit gilt. Bei einer Mannigfaltigkeit nennt man eine solche Partition differenzierbar, wenn alle differenzierbare Funktionen sind.


Es sei eine offene Überdeckung eines topologischen Raumes . Eine Partition der Eins

mit heißt eine der Überdeckung untergeordnete Partition der Eins, wenn es für jedes eine offene Menge aus der Überdeckung derart gibt, dass der Träger von in liegt.



Es sei eine Mannigfaltigkeit mit einer abzählbaren Basis der Topologie. Es sei eine offene Überdeckung von .

Dann gibt es einen abzählbaren verträglichen Atlas , , mit Ballumgebungen

(dabei ist und ) derart, dass es für jedes ein mit gibt, dass von , , überdeckt wird und dass jeder Punkt nur in endlich vielen der Mengen liegt.

Es sei die offene Überdeckung , , gegeben. Ferner sei , , eine kompakte Ausschöpfung von , die es nach Lemma 88.6 gibt. Die offenen Mengen bilden ebenfalls eine offene Überdeckung, da es zu jedem Punkt ein minimales mit (es sei ) gibt. Für dieses ist und . Indem wir die Durchschnitte betrachten, können wir annehmen, dass alle Mengen der Überdeckung innerhalb von einem liegen.
Zu jedem Punkt gibt es eine offene (verträgliche) Kartenumgebung , die in einem der liegt und für die es Ballumgebungen

gibt mit und . Diese , , bilden dann ebenfalls eine offene Überdeckung von . Nach Aufgabe 62.4 können wir zu einer abzählbaren Teilüberdeckung davon übergehen. Wir können also annehmen, dass ein System von Karten , , zusammen mit Ballumgebungen

derart gegeben ist, dass auch , , eine offene Überdeckung von ist, dass jedes in einem liegt und dass die oben beschriebene Beziehung zu der kompakten Ausschöpfung gilt.
  Wir werden eine Teilmenge derart definieren, dass die Familie , , auch noch die Endlichkeitseigenschaft erfüllt. Zu betrachten wir die kompakte Menge . Diese wird von endlich vielen der , , überdeckt, und zwar braucht man dazu nur Indizes mit der Eigenschaft, dass in liegt. Die zugehörige endliche Indexmenge sei mit bezeichnet, und sei . Dann wird jedes nur von endlich vielen der , , getroffen.



Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit mit einer abzählbaren Basis der Topologie.

Dann gibt es zu jeder offenen Überdeckung eine der Überdeckung untergeordnete stetig differenzierbare Partition der Eins.

Nach Lemma 88.8 können wir davon ausgehen, dass eine offene Überdeckung aus Kartengebieten , , ( abzählbar) mit

und mit Ballumgebungen

(mit ) vorliegt derart, dass auch die eine Überdeckung von bilden und dass jeder Punkt nur in endlich vielen der und insbesondere nur in endlich vielen dieser enthalten ist. Auf betrachten wir die Funktion , die durch

definiert ist. Diese Funktion hat genau auf einen positiven Wert und ihr Träger ist . Eine Betrachtung auf den beiden offenen Teilmengen (die überdecken) und zeigt, dass unendlich oft differenzierbar ist. Wir definieren eine Funktion

durch

Diese Funktion ist stetig differenzierbar auf , da der „Streifen“ einen glatten Übergang erlaubt. Wir setzen

wobei dies für jeden Punkt eine endliche Summe ist, da der Träger von in

liegt. Diese Funktion ist stetig differenzierbar auf und überall positiv, da die auf den überdeckenden Mengen positiv sind. Dann bilden die

die gesuchte Partition der Eins.



Orientierungen auf Mannigfaltigkeiten und Volumenformen

Mit Hilfe von Partitionen der Eins können wir nun die Umkehrung von Lemma 83.5 beweisen.



Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit mit einer abzählbaren Basis der Topologie.

Dann existiert genau dann eine stetige nullstellenfreie Volumenform auf , wenn orientierbar ist.

Diese Volumenform kann dann auch stetig differenzierbar und positiv gewählt werden.

Die eine Richtung wurde bereits in Lemma 83.5 bewiesen.
Es sei also umgekehrt orientierbar und ein abzählbarer orientierter Atlas , , von gegeben. Dabei ist offen und die Koordinaten definieren eine nullstellenfreie stetige (sogar beliebig oft differenzierbare) Volumenfom auf . Wir setzen

und erhalten so eine nullstellenfreie Volumenform auf , die wir außerhalb von durch fortsetzen.[1]

Es sei nun , , eine der Überdeckung , , untergeordnete, stetig differenzierbare Partition der Eins, die es nach Satz 88.9 gibt. Insbesondere gibt es also für jedes ein derart, dass der Träger von in liegt. Daher sind die stetige -Differentialformen auf . Wir setzen

Dies ist für jeden Punkt eine endliche Summe und somit eine wohldefinierte stetige -Differentialform auf . Für einen Punkt und eine die Orientierung repräsentierende Basis von ist

Dabei gibt es ein mit , und für dieses ist auch , da ja liegt, sodass diese Form überall positiv ist.




Fußnoten
  1. Diese Fortsetzung ist natürlich nicht stetig, das spielt aber für das Folgende keine Rolle.


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Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)