Kurs:Mathematik (Osnabrück 2009-2011)/Teil I/Vorlesung 12
- Lineare Abbildungen
Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Eine Abbildung
heißt lineare Abbildung, wenn die beiden folgenden Eigenschaften erfüllt sind.
- für alle .
- für alle und .
Die erste Eigenschaft nennt man dabei die Additivität und die zweite Eigenschaft die Verträglichkeit mit Skalierung. Wenn man den Grundkörper betonen möchte spricht man von -Linearität. Lineare Abbildung heißen auch Homomorphismen von Vektorräumen. Die Identität , die Nullabbildung und die Inklusionen von Untervektorräumen sind die einfachsten Beispiele für lineare Abbildungen.
Es sei ein Körper und sei der - dimensionale Standardraum. Dann ist die -te Projektion, also die Abbildung
eine - lineare Abbildung. Dies folgt unmittelbar aus der komponentenweisen Addition und Skalarmultiplikation auf dem Standardraum. Die -te Projektion heißt auch die -te Koordinatenfunktion.
Die folgende Aussage bestätigt erneut das Prinzip, dass in der linearen Algebra (von endlichdimensionalen Vektorräumen) die Objekte durch endlich viele Daten bestimmt sind.
Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Es sei , , eine Basis von und es seien , , Elemente in .
Dann gibt es genau eine lineare Abbildung
Da sein soll und eine lineare Abbildung für jede Linearkombination die Eigenschaft
erfüllt, und jeder Vektor
sich als eine solche Linearkombination schreiben lässt, kann es maximal nur eine solche lineare Abbildung geben.
Wir definieren nun umgekehrt eine
Abbildung
indem wir jeden Vektor mit der gegebenen Basis als
schreiben und
ansetzen. Da die Darstellung von als eine solche
Linearkombination
eindeutig ist, ist diese Abbildung wohldefiniert. Die Eigenschaft
ist dabei klar.
Zur Linearität. Für zwei Vektoren
und
gilt
Die Verträglichkeit mit der skalaren Multiplikation ergibt sich ähnlich, siehe
Aufgabe 12.5.
Es sei ein Körper und seien Vektorräume über . Es seien
Dann ist auch die Verknüpfung
eine lineare Abbildung.
Beweis
Es sei ein Körper, und seien - Vektorräume und
sei eine - lineare Abbildung. Dann gelten folgende Aussagen.
- Für einen Untervektorraum ist auch das Bild ein Untervektorraum von .
- Insbesondere ist das Bild der Abbildung ein Untervektorraum von .
- Für einen Untervektorraum ist das Urbild ein Untervektorraum von .
- Insbesondere ist ein Untervektorraum von .
Beweis
Es sei ein Körper, und seien - Vektorräume und
sei eine - lineare Abbildung. Dann nennt man
den Kern von .
Der Kern ist also nach der obigen Aussage ein Untervektorraum.
Wichtig ist das folgende Injektivitätskriterium.
Es sei ein Körper, und seien - Vektorräume und
sei eine - lineare Abbildung.
Dann ist genau dann injektiv, wenn ist.
Wenn die Abbildung injektiv ist, so kann es neben
keinen weiteren Vektor
mit
geben. Also ist
.
Es sei umgekehrt
und seien
gegeben mit
.
Dann ist wegen der Linearität
Daher ist
und damit
.
Es sei ein Körper, und seien - Vektorräume und
sei eine - lineare Abbildung und sei endlichdimensional.
Dann gilt
Es sei . Es sei der Kern der Abbildung und seine Dimension (). Es sei
eine Basis von . Aufgrund des Basisergänzungssatzes gibt es Vektoren
derart, dass
eine Basis von ist. Wir behaupten, dass
eine Basis des Bildes ist. Es sei ein Element des Bildes . Dann gibt es ein mit . Dieses lässt sich mit der Basis als
schreiben. Dann ist
sodass sich als Linearkombination der schreiben lässt. Zum Beweis der linearen Unabhängigkeit der , , sei eine Darstellung der Null gegeben,
Dann ist
Also gehört zum Kern der Abbildung und daher kann man
schreiben. Da insgesamt eine Basis von vorliegt, folgt, dass alle Koeffizienten sein müssen, also sind insbesondere
.
Es sei ein Körper, und seien - Vektorräume und
sei eine - lineare Abbildung und sei endlichdimensional. Dann nennt man
den Rang von .
Die Dimensionsformel kann man auch als
ausdrücken.
Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über der gleichen Dimension . Es sei
eine lineare Abbildung.
Dies folgt aus der Dimensionsformel und Lemma 12.7.
- Isomorphe Vektorräume
Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Eine bijektive, lineare Abbildung
heißt Isomorphismus.
Es sei ein Körper. Zwei - Vektorräume und heißen isomorph, wenn es einen Isomorphismus von nach gibt.
Es sei ein Körper und es seien und zwei - Vektorräume. Es sei
eine bijektive lineare Abbildung.
Dann ist auch die Umkehrabbildung
Beweis
Es sei ein Körper und es seien und endlichdimensionale - Vektorräume.
Dann sind und genau dann zueinander isomorph, wenn ihre Dimension übereinstimmt.
Insbesondere ist ein -dimensionaler -Vektorraum isomorph zum .
Beweis
Eine Isomorphie zwischen einem - dimensionalen Vektorraum und dem Standardraum ist im Wesentlichen äquivalent zur Wahl einer Basis in . Zu einer Basis
gehört die lineare Abbildung
die also den Standardraum in den Vektorraum abbildet, indem sie dem -ten Standardvektor den -ten Basisvektor aus der gegebenen Basis zuordnet. Dies definiert nach Satz 12.3 eine eindeutige lineare Abbildung, die aufgrund von Aufgabe 12.15 bijektiv ist. Es handelt sich dabei einfach um die Abbildung
Die Umkehrabbildung
ist ebenfalls linear und heißt die zur Basis gehörende Koordinatenabbildung. Die -te Komponente davon, also die zusammengesetzte Abbildung
heißt -te Koordinatenfunktion. Sie wird mit bezeichnet, und gibt zu einem Vektor in der eindeutigen Darstellung
die Koordinate aus. Man beachte, dass die lineare Abbildung von der gesamten Basis abhängt, nicht nur von dem Vektor .
Wenn umgekehrt ein Isomorphismus
gegeben ist, so sind die Bilder
eine Basis von .
Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Dann nennt man
den Homomorphismenraum. Er wird versehen mit der Addition, die durch
definiert wird, und der Skalarmultiplikation, die durch
definiert wird.
Mit diesen Operationen liegt ein Vektorraum vor, siehe Aufgabe 12.14.
- Matrizenkalkül
Eine lineare Abbildung
ist durch die Bilder , , der Standardvektoren eindeutig festgelegt, und jedes ist eine Linearkombination
, , , festgelegt. Eine solche Datenmenge fasst man als eine Matrix zusammen.
Wir beschränken uns weitgehend auf den durchnummerierten Fall. Zu jeden heißt , , die -te Zeile der Matrix, was man zumeist als einen Zeilenvektor
schreibt. Zu jedem heißt , , die -te Spalte der Matrix, was man zumeist als einen Spaltenvektor
schreibt. Die Elemente heißen die Einträge der Matrix. Zu heißt der Zeilenindex und der Spaltenindex des Eintrags. Man findet den Eintrag , indem man die -te Zeile mit der -ten Spalte kreuzt. Eine Matrix mit nennt man eine quadratische Matrix. Eine -Matrix ist einfach ein Spaltenvektor der Länge , und eine -Matrix ist einfach ein Zeilenvektor der Länge .
Eine solche Matrizenmultiplikation ist also nur möglich, wenn die Spaltenanzahl der linken Matrix mit der Zeilenanzahl der rechten Matrix übereinstimmt.
Als Merkregel kann man das Schema
verwenden.
Insbesondere kann man eine -Matrix mit einem Spaltenvektor der Länge (von rechts) multiplizieren, und erhält dabei einen Spaltenvektor der Länge .
Wenn man eine -Matrix mit einem Spaltenvektor multipliziert, so erhält man
Damit lässt sich ein inhomogenes lineares Gleichungssystem mit dem Störvektor kurz als
schreiben. Die erlaubten Gleichungsumformungen durch Manipulationen an den Gleichungen, die die Lösungsmenge nicht ändern, können dann durch die entsprechenden Zeilenumformungen in der Matrix (unter Berücksichtigung der Störvektorseite) ersetzt werden. Man muss dann die Variablen nicht mitschleppen.
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- Additivität (MSW)
- Verträglichkeit mit Skalierung (MSW)
- Homomorphismus (MSW)
- Projektion (MSW)
- Koordinatenfunktion (MSW)
- Injektivitätskriterium (MSW)
- Koordinatenabbildung (MSW)
- Zeile (MSW)
- Zeilenvektor (MSW)
- Spalte (MSW)
- Eintrag (MSW)
- Zeilenindex (MSW)
- Spaltenindex (MSW)
- Quadratische Matrix (MSW)
- Störvektor (MSW)
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