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Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2008)/Vorlesung 19

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Wir haben zuletzt gesehen, dass ein Zahlbereich, d.h. der Ring der ganzen Zahlen in einer endlichen Körpererweiterung von , stets ein sogenannter Dedekindbereich ist. Darüber hinaus gilt auch die folgende Aussage.


Die Normalität folgt aus Satz 3.7 und Satz 17.10. Die Eigenschaft noethersch folgt, da in einem Hauptidealbereich jedes Ideal sogar von einem Element erzeugt wird. Die Maximalität der von verschiedenen Primideale folgt aus Satz 3.11.



Es sei der Zahlbereich zur endlichen Körpererweiterung . Dann nennt man die Diskriminante einer Ganzheitsbasis von die Diskriminante von (und die Diskriminante von ).

Die Diskriminante eines Zahlbereichs (oder eines Zahlkörpers) ist eine wohldefinierte ganze Zahl. Nach Definition ist die Diskriminante so gewählt, dass sie betragsmäßig minimal unter allen Diskriminanten zu (Ganzheits)-Basen aus ist. Zwei solche Diskriminanten unterscheiden sich um ein Quadrat einer Einheit aus , so dass auch das Vorzeichen wohldefiniert ist.

Wir wollen uns im weiteren Verlauf der Vorlesung mit Ringerweiterungen , wo der Ring der ganzen Zahlen in einem Erweiterungskörper von ist, beschäftigen, insbesondere mit quadratischen Erweiterungen. Was bei einer solchen Erweiterung mit einer (gewöhnlichen) Primzahl passiert, also ob sie in ein Primelement bleibt oder nicht und welche Primideale aus über liegen, kann man weitgehend „modulo“ bestimmen.

Ist z. B. durch ein in irreduzibles Polynom gegeben, also , so wird die „Faser“ (diese Terminologie lässt sich genauer begründen) über durch den Restklassenring beschrieben (den wir auch den Faserring über nennen), wobei bedeutet, dass man jeden Koeffizient von (der ja eine ganze Zahl ist) durch seine Restklasse in ersetzt. Dabei kann natürlich die Irreduzibilität des Polynoms verloren gehen, und dies beschreibt wichtige Eigenschaften von in . Man beachte hierbei die Isomorphie

die auf allgemeinen Gesetzen für Ideale beruht. Sie besagt insbesondere, dass ein Primelement in ist genau dann, wenn irreduzibel in ist. Insgesamt liegt eine endliche Erweiterung

vor. Dabei sind beide Ringe endlich (besitzen also nur endlich viele Elemente), und links steht ein endlicher Körper, so dass die Erweiterung also sofort ein Vektorraum ist (der selbst ein Körper sein kann, aber nicht muss) und eine gewisse Dimension besitzt (nämlich den Grad von ). In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns allgemein mit endlichen Ringen und vor allem mit endlichen Körpern.



Endliche Körper

Wir erinnern kurz an die Charakteristik eines Ringes. Zu jedem kommutativen Ring gibt es den kanonischen Ringhomomorphismus , und der Kern davon ist ein Ideal in und hat daher die Form mit einem eindeutig bestimmten . Diese Zahl nennt man die Charakteristik von . Ist ein Körper, so ist dieser Kern ein Primideal, also oder mit einer Primzahl . Man spricht von Charakteristik null oder von positiver Charakteristik .

Wir erinnern ferner an den Begriff des Frobeniushomomorphismus (siehe Aufgabe *****): Für einen Ring der Charakteristik ( Primzahl) ist die Abbildung , , ein Ringhomomorphismus.

Wir haben bereits die endlichen Primkörper zu einer Primzahl kennengelernt. Sie besitzen Elemente, und ein Körper besitzt genau dann die Charakteristik , wenn er diesen Primkörper enthält.



Es sei ein endlicher Körper.

Dann besitzt genau Elemente, wobei eine Primzahl ist und .

Der endliche Körper kann nicht die Charakteristik besitzen, und als Charakteristik eines Körpers kommt ansonsten nach der Vorüberlegung nur eine Primzahl in Frage. Diese sei mit bezeichnet. Das bedeutet, dass den Körper enthält. Damit ist aber ein Vektorraum über , und zwar, da endlich ist, von endlicher Dimension. Es sei die Dimension, . Dann hat man eine -Vektorraumisomorphie

und somit besitzt gerade Elemente.


Die vorstehende Aussage gilt allgemeiner für endliche Ringe, die einen Körper enthalten.

Endliche Körper der Anzahl konstruiert man, indem man in ein irreduzibles Polynom vom Grad findet. Ob ein gegebenes Polynom irreduzibel ist lässt sich dabei grundsätzlich in endlich vielen Schritten entscheiden, da es ja zu jedem kleineren Grad überhaupt nur endlich viele Polynome gibt, die als Teiler in Frage kommen können. Zur Konstruktion von einigen kleinen endlichen Körpern siehe die Aufgabe *****.



Es sei ein Körper der Charakteristik , sei , . Es sei

Dann ist ein Unterkörper von .

Zunächst gilt für jedes Element , dass

ist, wobei wir wiederholt den kleinen Fermat benutzt haben. Insbesondere ist also . Es ist und der Frobeniushomomorphismus

ist ein Ringhomomorphismus nach Aufgabe *****. Daher ist für einerseits

und andererseits

Ferner gilt für , , die Gleichheit

sodass auch das Inverse zu gehört und in der Tat ein Körper vorliegt.



Es sei ein Körper der Charakteristik , sei , . Das Polynom zerfalle über in Linearfaktoren.

Dann ist

ein Unterkörper von mit Elementen.

Nach Lemma 19.4 ist ein Unterkörper von , und nach Korollar 5.2 besitzt er höchstens Elemente. Es ist also zu zeigen, dass keine mehrfache Nullstellen hat. Dies folgt aber aus der formalen Ableitung und Aufgabe *****.


Wenn es also einen Erweiterungskörper

gibt, über den das Polynom in Linearfaktoren zerfällt, so hat man bereits einen Körper mit Elementen gefunden. Es gibt aber generell zu jedem Körper und jedem Polynom einen Erweiterungskörper, über dem das Polynom in Linearfaktoren zerfällt.



Es sei ein Körper und ein Polynom aus .

Dann gibt es einen Erweiterungskörper derart, dass über in Linearfaktoren zerfällt.

Es sei die Zerlegung in Primpolynome in , und sei nicht linear. Dann ist

eine Körpererweiterung von nach Satz 3.11. Wegen in ist die Restklasse von in eine Nullstelle von . Daher gilt nach Satz 5.1 in die Faktorisierung , wobei einen kleineren Grad als hat. Das Polynom hat also über mindestens einen Linearfaktor mehr als über . Induktive Anwendung von dieser Konstruktion liefert eine Kette von Erweiterungen , die stationär wird, sobald in Linearfaktoren zerfällt.



Es sei eine Primzahl und .

Dann gibt es bis auf Isomorphie genau einen Körper mit Elementen.

Existenz. Wir wenden Lemma 19.6 auf den Grundkörper und das Polynom an und erhalten einen Körper der Charakteristik , über dem in Linearfaktoren zerfällt. Nach Lemma 19.5 gibt es dann einen Unterkörper von , der aus genau Elementen besteht.

Eindeutigkeit. Es seien und zwei Körper mit Elementen. Es sei ein primitives Element, das nach Satz 5.3 existiert. Daher ist , wobei das Minimalpolynom von ist. Da die Ordnung besitzt, gilt für jede Einheit und damit überhaupt für alle . D.h., dass jedes Element von eine Nullstelle von ist und dass daher über in Linearfaktoren zerfällt. Da insbesondere ist, muss das Minimalpolynom ein Teiler von sein, also . Nun zerfällt (aus den gleichen Gründen) das Polynom auch über und insbesondere hat eine Nullstelle . Der Einsetzungshomomorphismus liefert einen Ringhomomorphismus

Da beides Körper sind, muss dieser injektiv sein. Da links und rechts jeweils -elementige Mengen stehen, muss er auch surjektiv sein.


Es sei eine Primzahl und . Der aufgrund von Satz 19.7 bis auf Isomorphie eindeutig bestimmte endliche Körper mit Elementen wird mit

bezeichnet.




Quadratische Ringerweiterungen über einem Körper

Die quadratischen Erweiterungen eines Körpers kann man wie folgt charakterisieren.


Es sei ein Körper und eine Ringerweiterung vom Grad zwei. Dann gibt es die folgenden drei Möglichkeiten:

  1. ist ein Körper.
  2. ist von der Form .
  3. ist der Produktring .

Nach Voraussetzung ist ein zweidimensionaler -Vektorraum. Wir können das Element zu einer -Basis von ergänzen (mit ). Wegen hat man eine Darstellung

mit eindeutig bestimmten Elementen . Damit ist isomorph zum Restklassenring . Ist das Polynom irreduzibel über , so ist ein Körper und wir sind im ersten Fall. Andernfalls gibt es eine Zerlegung mit . Bei kann man die Restklasse von (also ) als bezeichnen und man ist im zweiten Fall, da ja gilt. Es sei also vorausgesetzt. Dann induzieren die beiden - Algebrahomomorphismen , , und , , einen Homomorphismus

Dieser ist surjektiv, da und

ist und diese Bildvektoren linear unabhängig über sind, also eine Basis von bilden. Damit ist aber auch injektiv und es liegt eine Isomorphie wie im dritten Fall behauptet vor.



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