Kurs:Analysis (Osnabrück 2013-2015)/Teil I/Vorlesung 20/kontrolle
- Konvexe Funktionen
Eine Teilmenge heißt konvex, wenn mit je zwei Punkten auch jeder Punkt der Verbindungsstrecke, also jeder Punkt der Form
ebenfalls zu gehört.
Es sei eine Teilmenge und
eine Funktion. Dann nennt man die Menge
den Subgraphen und
den Epigraphen der Funktion.
Subgraph und Epigraph sind nach unten bzw. nach oben unbeschränkt. Im Kontext der Integrationstheorie interessiert man sich für den positiven Subgraphen, der durch die -Achse nach unten beschränkt ist. Der Graph der Funktion gehört sowohl zum Subgraphen als auch zum Epigraphen.
Bei beiden Begriffen muss man lediglich überprüfen, ob die Verbindungsstrecke zwischen je zwei Punkten des Graphen jeweils oberhalb bzw. unterhalb des Graphen verläuft, siehe Aufgabe *****. {{:Kurs:Kurs:Analysis (Osnabrück 2013-2015)/Reelle Funktion/Konvex/Graphtest/Aufgabe/Aufgabereferenznummer/Reelle Funktion/Konvex/Graphtest/Aufgabe/Aufgabereferenznummer}} Die Verbindungsstrecke zwischen und ist durch , , bzw. als Ausschnitt (zu ) des Graphen zur linearen Funktion
gegeben. Im differenzierbaren Fall gibt es einfache Ableitungskriterien für diese Verhaltensweisen, wobei wir nur den konvexen Fall anführen.
Es sei ein Intervall und
eine differenzierbare Funktion.
Dann ist genau dann eine konvexe (konkave) Funktion, wenn die Ableitung wachsend (fallend) ist.
Es sei zunächst konvex und seien zwei Punkte aus gegeben. Es sei die lineare Funktion, die und verbindet. Aufgrund der Konvexität ist für alle . Für die Differenzenquotienten gilt daher
Durch Übergang zu den Limiten für bzw. folgt
Es sei nun als nicht konvex vorausgesetzt und seien zwei Punkte
aus mit der Eigenschaft gegeben, dass die verbindende Gerade von
und
nicht vollständig oberhalb des Graphen von verläuft. Es gibt also ein
mit
,
wobei wieder die verbindende lineare Funktion ist. Durch Übergang zu können wir
und
annehmen. Nach dem
Mittelwertsatz
gibt es Punkte
und
mit
und
,
sodass nicht wachsend ist.
Es sei ein Intervall und
eine zweimal differenzierbare Funktion.
Dann ist genau dann eine konvexe Funktion, wenn für die zweite Ableitung für alle gilt.
Beweis
Die folgende Aussage heißt Jensensche Ungleichung.
Für eine zweimal differenzierbare Funktion liegt nach Korollar 20.6 genau dann ein Wendepunkt in vor, wenn für und für ist (oder umgekehrt). Eine notwendige Voraussetzung für die Existenz eines Wendepunktes ist somit, dass ist. Die Funktion erfüllt im Nullpunkt dieses notwendige Kriterium, es liegt aber kein Wendepunkt vor.
- Ableitung von Potenzreihen
Es sei
konvergente Potenzreihe mit dem Konvergenzradius .
Dann ist auch die formal abgeleitete Potenzreihe
konvergent mit demselben Konvergenzradius. Die durch die Potenzreihe dargestellte Funktion ist in jedem Punkt differenzierbar mit
Es sei , , vorgegeben und sei mit . Dann konvergiert gemäß der Definition von Konvergenzradius. Wegen für hinreichend groß ist
sodass die Potenzreihe in und somit in konvergiert (dafür, dass der Konvergenzradius von nicht größer als ist, siehe
Aufgabe 20.8).
Die Potenzreihe
ist ebenfalls in dieser Kreisscheibe konvergent, stellt eine nach Korollar 16.9 stetige Funktion dar und besitzt in den Wert . Daher zeigt die Gleichung (von Potenzreihen und dargestellten Funktionen)
dass in linear approximierbar, also nach Satz 18.5 differenzierbar ist mit der Ableitung
Es sei nun . Nach dem Entwicklungssatz gibt es eine konvergente Potenzreihe mit Entwicklungspunkt ,
deren dargestellte Funktion mit der durch dargestellten Funktion in einer offenen Umgebung von übereinstimmt, und wobei gilt. Daher gilt nach dem schon Bewiesenen (angewendet auf und die formale Potenzreihenableitung )
Eine durch eine Potenzreihe gegebene Funktion
ist in ihrem Konvergenzbereich unendlich oft differenzierbar.
Dies ergibt sich direkt aus Satz 20.9.
Aufgrund von Satz 20.9 ist
Nach Aufgabe 17.1 ist
Die Ableitung nach ist aufgrund von Satz 20.11, Korollar 20.12 und der Kettenregel gleich
Für die eulersche Zahl gilt die Gleichheit
Beweis
Korollar 20.12 ist . Dies bedeutet aufgrund der Definition des Differentialquotienten insbesondere
Wir schreiben die Folgenglieder der linken Seite als und wenden darauf die Exponentialfunktion an. Daraus ergibt sich unter Verwendung der Stetigkeit und der Funktionalgleichung der Exponentialfunktion die Gleichungskette