Kurs:Mathematik für Anwender/Teil II/20/Klausur mit Lösungen

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Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Punkte 3 3 4 2 3 5 8 1 9 6 9 11 64




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Die offene Kugel mit Mittelpunkt und Radius in einem metrischen Raum .
  2. Eine gewöhnliche Differentialgleichung zu einem (zeitabhängigen) Vektorfeld.
  3. Ein isoliertes lokales Minimum einer Funktion

    auf einem metrischen Raum .

  4. Der Gradient einer total differenzierbaren Abbildung

    in einem Punkt eines euklidischen Vektorraumes.

  5. Das Taylor-Polynom im Punkt vom Grad einer -fach differenzierbaren Abbildung
  6. Die Eigenschaft eines Vektorfeldes, einer Lipschitz-Bedingung zu genügen.


Lösung

  1. Die offene Kugel zum Mittelpunkt und Radius ist durch

    definiert.

  2. Es sei ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum, ein reelles Intervall, eine offene Menge und

    ein Vektorfeld auf . Dann nennt man

    die gewöhnliche Differentialgleichung zum Vektorfeld .

  3. Man sagt, dass in einem Punkt ein isoliertes lokales Minimum besitzt, wenn es ein derart gibt, dass für alle  mit  und die Abschätzung

    gilt.

  4. Der Gradient von in ist der eindeutig bestimmte Vektor mit

    für alle .

  5. Das Taylor-Polynom vom Grad zu in ist
  6. Es sei ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum, ein reelles Intervall, eine offene Menge und

    ein Vektorfeld auf . Man sagt, dass das Vektorfeld einer Lipschitz-Bedingung genügt, wenn es eine reelle Zahl gibt mit

    für alle und .


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Die Abschätzung von Cauchy-Schwarz (oder Ungleichung von Cauchy-Schwarz).
  2. Die Kettenregel zu zwei total differenzierbaren Abbildungen

    und

    in einem Punkt .
  3. Der Satz über die Differentialgleichung zu einem Gradientenfeld.


Lösung

  1. Es sei ein Vektorraum über mit einem Skalarprodukt und der zugehörigen Norm . Dann gilt die Abschätzung
    für alle .
  2. Die zusammengesetzte Abbildung ist ebenfalls total differenzierbar, und zwischen den totalen Differentialen in einem Punkt besteht die Beziehung
  3. Es sei ein euklidischer Vektorraum, offen,

    eine differenzierbare Funktion und

    das zugehörige Gradientenfeld. Es sei

    eine Lösung der Differentialgleichung

    Dann steht senkrecht auf dem Tangentialraum der Faser von durch für alle , für die reguläre Punkte

    von sind.


Aufgabe (4 (1+2+1) Punkte)

a) Finde alle Lösungen der gewöhnlichen Differentialgleichung ()

b) Finde alle Lösungen der gewöhnlichen Differentialgleichung ()

c) Löse das Anfangswertproblem


Lösung

a) Nach dem Lösungsansatz für homogene lineare Differentialgleichungen müssen wir zuerst eine Stammfunktion von bestimmen, eine solche ist . Die Exponentialfunktion davon ist , so dass (mit ) die Lösungen von

sind.

b) Eine Stammfunktion zu ist

Damit ist

eine Lösung der inhomogenen Differentialgleichung und somit sind

alle Lösungen.

c) Wenn zusätzlich die Anfangsbedingung erfüllt sein soll, so muss

gelten, also

Die Lösungs des Anfangsproblems ist also


Aufgabe (2 Punkte)

Es sei eine Folge in einem metrischen Raum . Zeige, dass die Folge genau dann gegen konvergiert, wenn in jeder offenen Menge mit alle bis auf endlich viele Folgenglieder liegen.


Lösung

Die Folge konvergiere gegen und sei eine offene Umgebung. Es gibt ein mit

Wegen der Folgenkonvergenz gibt es ein derart, dass für alle die Beziehung und damit gilt.

Umgekehrt gelte die Eigenschaft für jede offene Umgebung von . Dann gilt sie insbesondere für jede offene Ballumgebung und dies bedeutet die Konvergenz der Folge.


Aufgabe (3 Punkte)

Bestimme die Länge der durch

gegebenen Schraubenlinie für zwischen und , wobei .


Lösung

Es ist


Aufgabe (5 Punkte)

Frau Dr. Eisenbeis möchte für ihre Neffen Richy und Franky eine Fahrrad-Sprungrampe basteln. Die Steigung soll entlang eines Kreissegmentes der Länge (alle Angaben in Meter) verlaufen und eine Sprunghöhe von erreichen (siehe Bild). Welche (implizite) Bedingung muss der Winkel erfüllen (die Bedingung muss so sein, dass sie mit einer Intervallhalbierung gelöst werden könnte, diese muss aber nicht durchgeführt werden)?


Lösung

Es sei der Radius des Kreises, der Winkel im Bogenmaß und wie in der Skizze. Dann gelten die Beziehungen

und

Daraus ergibt sich ( ist sicher keine Lösung)

und somit

Multiplikation mit ergibt

bzw.

Diese Funktion hat für eine Nullstelle, die für das Problem aber irrelevant ist. An der Stelle ist die Funktion streng wachsend und an der Stelle besitzt die Funktion einen negativen Wert, nach dem Zwischenwertsatz muss es also im Intervall eine Nullstelle geben, die man mit einer Intervallhalbierung berechnen kann.


Aufgabe (8 (5+3) Punkte)

a) Bestimme den Lösungsraum des linearen Differentialgleichungssystems

b) Löse das Anfangswertproblem

mit der Anfangsbedingung .


Lösung

a) Wir berechnen die Eigenwerte der Matrix. Das charakteristische Polynom davon ist

Daher sind und die Eigenwerte, und daher ist die Matrix diagonalisierbar.

Zur Bestimmung eines Eigenvektors zum Eigenwert berechnen wir den Kern von

Dies ergibt den Eigenvektor zum Eigenwert und damit die erste Fundamentallösung

Zur Bestimmung eines Eigenvektors zum Eigenwert berechnen wir den Kern von

Dies ergibt den Eigenvektor zum Eigenwert und damit die zweite Fundamentallösung

Die allgemeine Lösung hat demnach die Form

mit .

b) Um das Anfangsproblem zu lösen müssen wir und so bestimmen, dass

ist. Die zweite Gleichung bedeutet . Wir addieren das -fache der ersten Zeile zu dazu und erhalten

woraus sich

und somit

ergibt. Daher ist

Die Lösung des Anfangswertproblems ist also


Aufgabe (1 Punkt)

Berechne

in einem vierdimensionalen Standard-Minkowski-Raum.


Lösung

Es ist


Aufgabe (9 Punkte)

Beweise die Kettenregel für total differenzierbare Abbildungen und , wobei endlichdimensionale - Vektorräume sind.


Lösung

Wir haben nach Voraussetzung (wobei wir setzen)

und

mit linearen Abbildungen und , und mit in stetigen Funktionen und , die beide in den Wert annehmen. Damit gilt

Dabei haben wir in der dritten Gleichung die lineare Approximation für

eingesetzt. Die beiden letzten Gleichungen gelten nur für . Der Ausdruck

ist unser Kandidat für die Abweichungsfunktion. Der erste Summand ist in stetig und hat dort auch den Wert . Es genügt also den zweiten Summanden zu betrachten. Der -Ausdruck ist in einer Umgebung der Null beschränkt, da auf der kompakten Einheitssphäre nach [[Kompaktheit/R^n/Stetige Abbildung/Bild wieder kompakt/Fakt|Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)/Kompaktheit/R^n/Stetige Abbildung/Bild wieder kompakt/Fakt/Faktreferenznummer (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024))]] beschränkt ist und da in stetig ist. Daher hängt die Stetigkeit nur von dem rechten Faktor ab. Aber hat für den Grenzwert . Damit ist auch in stetig und hat dort den Grenzwert .


Aufgabe (6 (1+3+2) Punkte)

Wir betrachten die Determinante für - Matrizen als Funktion

  1. Bestimme die Jacobi-Matrix zu und die kritischen Punkte.
  2. Untersuche auf lokale Extrema. Bestimme insbesondere den Typ der Hesse-Matrix im Nullpunkt.
  3. Finde einen zweidimensionalen Untervektorraum

    auf dem die (Einschränkung der) Determinante ein lokales Minimum besitzt.


Lösung

Wir arbeiten mit der Variablenreihenfolge .

  1. Die Jacobi-Matrix ist

    Der einzige kritische Punkt ist der Nullpunkt.

  2. Die Hesse-Matrix ist (in jedem Punkt) gleich

    Diese hat die linear unabhängigen Eigenvektoren und zum Eigenwert und die beiden linear unabhängigen Eigenvektoren und zum Eigenwert . Deshalb hat die Hasse-Matrix den Typ . Insbesondere besitzt die Determinante kein lokales Extremum.

  3. Wir betrachten den Untervektorraum der Matrizen, der durch die beiden Bedingungen und gegeben ist, also den zweidimensionalen Untervektorraum der Matrizen der Form

    Auf diesem Untervektorraum ist die Determinante durch gegeben und hat im Nullpunkt ein isoliertes globales Minimum.


Aufgabe (9 (2+2+5) Punkte)

Wir betrachten die Abbildung

a) Bestimme die regulären Punkte der Abbildung . Zeige, dass regulär ist.

b) Beschreibe für den Punkt den Tangentialraum an die Faser von durch .

c) Man gebe für einen lokalen Diffeomorphismus zwischen einem offenen Intervall und einer offenen Umgebung von in der Faser durch an.


Lösung

a) Die Jacobi-Matrix der Abbildung ist

Diese Matrix besitzt maximalen Rang, wenn die erste Zeile kein Vielfaches der zweiten Zeile ist. Die Bedingung lautet also

D.h. die singulären Punkte der Abbildung sind die Punkte der von erzeugten Geraden. Der Punkt gehört nicht zu dieser Geraden, da keine Lösung besitzt.

b) Der Tangentialraum an in ist der Kern des totalen Differentials, also der Kern von

Zur Bestimmung des Kerns muss man also das lineare Gleichungssystem

lösen. Durch Subtraktion der beiden Zeilen folgt und daher ist der Tangentialraum gleich der Geraden

c) Der Punkt wird unter der Abbildung auf abgebildet. Die Faser darüber wird durch die beiden Gleichungen

beschrieben. Wir lösen die lineare Gleichung nach auf und setzen das Ergebnis

in die quadratische Gleichung ein. Das ergibt

bzw.

Wir lösen dies nach auf und erhalten zunächst

und durch quadratisches Ergänzen

Daraus ergibt sich

Dabei ist die Wurzel für und damit insbesondere für definiert. Da für ja sein soll, muss man das negative Vorzeichen nehmen. Somit liefert die Abbildung

eine Bijektion dieses offenen Intervalls mit der offenen Teilmenge der Faser durch , die durch gegeben ist. Es ist ein Diffeomorphismus, da diese Abbildung differenzierbar ist und ihre Ableitung wegen der zweiten Komponenten nirgendwo verschwindet.


Aufgabe (11 (4+7) Punkte)

Wir betrachten die Funktion

a) Bestimme zu jedem Punkt das Volumen des Körpers

b) Zeige, dass das (von abhängige) Volumen aus Teil a) in genau einem Punkt minimal ist (dieser Punkt muss nicht explizit angegeben werden).


Lösung

a) Das Volumen ist

b) Die Ableitung der Volumenfunktion

ist

Ein Minimum kann nur vorliegen, wenn die Ableitung ist. Wir zeigen, dass dies nur für ein der Fall sein kann. Wegen der ersten Komponente muss sein. Wir zeigen, dass die zweite Komponente

ebenfalls nur eine Nullstelle besitzt, indem wir zeigen, dass streng wachsend ist. Die Ableitung von ist

Diese Funktion ist für und offenbar positiv, sie besitzt also genau ein Minimum, und zwar wegen

bei

Der Wert des Minimums von ist

Dies bedeutet, dass stets positiv ist und somit ist streng wachsend. Da ferner ein Polynom vom Grad ist, also für und für gilt, besitzt genau eine Nullstelle. Insgesamt besitzt also genau einen kritischen Punkt.

Wir müssen noch zeigen, dass in dem einzigen kritischen Punkt ein Minimum von vorliegt. Die Hesse-Matrix zu ist

Diese Matrix ist für jedes nach der oben durchgeführten Berechnung positiv definit, also liegt im kritischen Punkt ein Minimum vor.