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Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 25

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Faktorielle Ringe

Ein Integritätsbereich heißt faktorieller Bereich, wenn jede Nichteinheit sich als ein Produkt von Primelementen schreiben lässt.



Es sei ein Integritätsbereich. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist faktoriell.
  2. Jede Nichteinheit besitzt eine Faktorzerlegung in irreduzible Elemente, und diese Zerlegung ist bis auf Umordnung und Assoziiertheit eindeutig.
  3. Jede Nichteinheit besitzt eine Faktorzerlegung in irreduzible Elemente, und jedes irreduzible Element ist ein Primelement.

. Sei eine Nichteinheit. Die Faktorisierung in Primelemente ist insbesondere eine Zerlegung in irreduzible Elemente, sodass also lediglich die Eindeutigkeit zu zeigen ist. Dies geschieht durch Induktion über die minimale Anzahl der Primelemente in einer Faktorzerlegung. Wenn es eine Darstellung mit einem Primelement gibt, und eine weitere Zerlegung in irreduzible Faktoren ist, so teilt einen der Faktoren und nach Kürzen durch erhält man, dass das Produkt der übrigen Faktoren rechts eine Einheit sein muss. Das bedeutet aber, dass es keine weiteren Faktoren geben kann. Es sei nun und diese Aussage sei für Elemente mit kleineren Faktorisierungen in Primelemente bereits bewiesen. Es sei

eine weitere Zerlegung mit irreduziblen Elementen. Dann teilt wieder einen der Faktoren rechts, sagen wir . Dann muss eine Einheit sein und wir können durch kürzen, wobei wir mit verarbeiten können, was ein zu assoziiertes Element ergibt. Das gekürzte Element hat eine Faktorzerlegung mit Primelementen, sodass wir die Induktionsvoraussetzung anwenden können.
. Wir müssen zeigen, dass ein irreduzibles Element auch prim ist. Es sei also irreduzibel und es teile das Produkt , sagen wir

Für und gibt es Faktorzerlegungen in irreduzible Elemente, sodass sich insgesamt die Gleichung

ergibt. Es liegen also zwei Zerlegungen in irreduzible Element vor, die nach Voraussetzung im Wesentlichen übereinstimmen müssen. D.h. insbesondere, dass es auf der rechten Seite einen Faktor gibt, sagen wir , der assoziiert zu ist. Dann teilt auch den ursprünglichen Faktor .
. Das ist trivial.





Es sei ein faktorieller Ring und seien und Elemente mit Primfaktorzerlegungen

(wobei die Einheiten sind, die verschiedenen Primelemente nicht assoziiert sind und die Exponenten auch sein können). Dann gilt genau dann, wenn für alle Exponenten ist.

Wenn die Exponentenbedingung erfüllt ist, so ist und man kann

schreiben, was die Teilbarkeit bedeutet. Die Umkehrung folgt aus der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung in einem faktoriellen Ring.



Faktorzerlegung in noetherschen Integritätsbereichen



Es sei ein noetherscher Integritätsbereich.

Dann besitzt jede Nichteinheit eine Faktorzerlegung in irreduzible Elemente.

Nehmen wir an, dass es eine Nichteinheit gibt, für die es keine Zerlegung in irreduzible Elemente gibt. Dann ist insbesondere nicht irreduzibel und somit gibt es eine Zerlegung , bei der die Faktoren keine Einheiten sind. Nach Voraussetzung besitzt zumindest ein Faktor, sagen wir , keine Zerlegung in irreduzible Faktoren. Dabei gilt

wobei die Inklusion echt ist, da andernfalls eine Einheit wäre. So fortfahrend kann man eine unendliche Kette von Hauptidealen

konstruieren. Dies widerspricht aber Proposition 9.2 (Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018)).


Mit einem ähnlichen Argument kann man die folgende Aussage beweisen.


Es sei ein noetherscher Integritätsbereich und seien Nichteinheiten.

Dann gibt es einen maximalen Exponenten mit .

Beweis

Siehe Aufgabe 25.17.



Wir betrachten den Ring der stetigen reellwertigen Funktionen auf (oder auf einer Intervallumgebung des Nullpunktes oder den Ring der Keime stetiger Funktionen). Die Funktion

ist stetig. Für jedes ist stetig im Nullpunkt fortsetzbar, da

für

gegen geht. Somit gilt in diesem Ring die faktorielle Zerlegung

für beliebiges .




Es sei ein noetherscher Integritätsbereich.

Dann ist genau dann faktoriell, wenn jedes Primideal in der Höhe ein Primhauptideal ist.

Sei zuerst faktoriell und ein Primideal der Höhe . Dieses ist nicht das Nullideal und somit gibt es ein Element . Dieses besitzt eine Faktorzerlegung

in Primelemente und wegen der Primidealeigenschaft gibt es ein Primelement mit . Dann liegt die Primidealkette

vor, und wegen der Höhenbedingung stimmen die beiden Ideale überein.

Sei umgekehrt jedes Primideal der Höhe ein Primhauptideal. Wegen Lemma 25.5 und Satz 25.2 ist lediglich zu zeigen, dass jedes irreduzible Element ein Primelement ist. Sei also irreduzibel und sei ein minimales Primoberideal. Nach dem Krullschen Hauptidealsatz besitzt die Höhe und nach Voraussetzung ist

mit einem Primelement . Also ist

und muss eine Einheit sein. Somit ist selbst prim.



Es sei ein noetherscher Integritätsbereich und ein Primelement. Es sei faktoriell und ein Element, das aufgefasst in prim ist.

Dann gilt in mit einer Einheit oder einem Primelement .

Wir schreiben mit dem maximal möglichen Exponenten , den es nach Lemma 25.6 gibt, und behaupten, dass ein Primelement oder eine Einheit ist. Wir betrachten die Situation, wo keine Einheit ist, und müssen als Primelement nachweisen. Es teile ein Produkt, sagen wir

Daraus ergibt sich in , da wie prim in ist, dass einen der Faktoren in teilt. Es gibt also ein mit

also

in . Bei ist man fertig. Andernfalls teilt , da es wegen der Maximalität des Exponenten nicht teilt, den anderen Faktor und so erhält man

in . Induktive Anwendung dieses Arguments liefert das Resultat.



Es sei ein noetherscher Integritätsbereich und ein Primelement. Es sei faktoriell.

Dann ist selbst faktoriell.

Sei eine von verschiedene Nichteinheit von . In gilt

mit , die in prim sind (ein Faktor kann eine Einheit sein). In gilt somit

Nach Lemma 25.9 ist

mit Primelementen oder Einheiten . Somit ist

Da kein Teiler der ist, kann man vollständig wegkürzen und erhält eine Zerlegung von in Primfaktoren.



Es sei ein faktorieller Bereich.

Dann ist auch der Polynomring faktoriell.



Faktorialität regulärer Ringe



Der Ring ist ein Integritätsbereich nach Satz 21.5. Wir beweisen die Faktorialität durch Induktion über die Dimension des Ringes. Bei ist nichts zu zeigen, sei also die Faktorialität für lokale reguläre Ringe kleinerer Dimension bekannt. Es sei . Dann ist nach Lemma 21.4 regulär und insbesondere ist ein Integritätsbereich. Somit ist ein Primelement von . Nach Lemma 25.10 genügt es zu zeigen, dass faktoriell ist. Dafür ist nach Lemma 25.8 zu zeigen, dass jedes Primideal der Höhe von in ein Hauptideal wird. Für jedes Primideal von ist eine Lokalisierung von und somit regulär nach Satz 24.2. Da die Dimension von kleiner als ist, können wir die Induktionsvoraussetzung anwenden und erhalten, dass ein Hauptideal ist. Dies bedeutet, dass lokal in ein Hauptideal ist, und zwar vom Rang . Nach Korollar 23.8 ist ein projektiver -Modul. Nach Satz 24.1 gibt es eine endliche freie Auflösung

Dies führt mit der Nenneraufnahme an zu einer endlichen freien Auflösung

auf . Somit sind die Bedingungen von Lemma Anhang 17.6 erfüllt und man erhält, dass durch einen freien -Modul zu einem freien Modul ergänzt werden kann. Wegen der Rangeigenschaft folgt nach Lemma Anhang 17.7, es liegt also ein Hauptideal vor.

In der Dimension ist faktoriell und regulär äquivalent, siehe Satz 21.8 (Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018)). In der Dimension gibt es neben den regulären Ringen nur noch einen (nach Komplettierung) weiteren faktoriellen Ring.


Der Restklassenring

ist faktoriell.

Es sei eine affine Varietät über einem algebraisch abgeschlossenen Körper mit einer isolierten Singularität im Punkt . Das offene Komplement ist glatt, aber im Allgemeinen nicht mehr affin. Bei ist eine komplexe Mannigfaltigkeit, ihre Fundamentalgruppe (die man die lokale Fundamentalgruppe von nennt) ist ein wichtiges Maß für die Singularität, siehe die 9. und die 10. Vorlesung. Nach Satz 21.6 und Satz 25.12 sind die lokalen Ringe für alle Punkte faktoriell. Ein jedes Primideal der Höhe von ist daher in diesen lokalen Ringen nach Lemma 25.8 ein Hauptideal. Es liegt also auf (aber im Allgemeinen nicht auf ) ein lokal freier Modul vom Rang vor. Man spricht auch von invertierbaren Moduln auf bzw., etwas geometrischer, von Geradenbündel auf . Die Menge all dieser invertierbaren Moduln auf bilden mit der Tensorierung als Verknüpfung und dem trivialen Objekt, dem freien Modul , als neutralem Element, eine kommutative Gruppe, die die Picardgruppe von heißt und die eine wichtige Invariante von ist. Sie ist (bei normal) genau dann trivial, wenn faktoriell ist, und ist insofern ein Maß dafür, wie weit die Singularität von der Faktorialität abweicht. Die Picardgruppe der -Singularitäten ist beispielsweise , übrigens wie die Fundamentalgruppe, siehe Satz 9.7 oder Beispiel 10.3.



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