Kurs:Analysis/Teil I/40/Klausur mit Lösungen

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Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
Punkte 3 3 1 1 3 2 5 3 1 2 3 4 6 9 4 2 4 3 5 64




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Eine surjektive Abbildung
  2. Die Fakultät einer natürlichen Zahl .
  3. Der Betrag eines Elementes in einem angeordneten Körper .
  4. Eine rationale Funktion über einem Körper .
  5. Die Ableitungsfunktion zu einer differenzierbaren Funktion
  6. Eine ortsunabhängige gewöhnliche Differentialgleichung


Lösung

  1. Die Abbildung heißt surjektiv, wenn es für jedes mindestens ein Element mit gibt.
  2. Unter der Fakultät von versteht man die Zahl
  3. Der Betrag von ist folgendermaßen definiert.
  4. Zu zwei Polynomen , , heißt die Funktion

    wobei das Komplement der Nullstellen von ist, eine rationale Funktion.

  5. Die Ableitungsfunktion ist die Abbildung

    die jedem Punkt die Ableitung von an der Stelle zuordnet.

  6. Ortsunabhängig bedeutet, dass die Funktion nicht von abhängt.


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Die Quotientenregel für konvergente Folgen.
  2. Die Konvergenzaussage für die geometrische Reihe in .
  3. Die Produktregel für differenzierbare Funktionen

    in einem Punkt

    .


Lösung

  1. Es sei eine konvergente Folge in einem angeordneten Körper mit dem Grenzwert und mit für alle , Dann ist ebenfalls konvergent mit
  2. Für alle komplexen Zahlen mit konvergiert die Reihe absolut und es gilt
  3. Es seien und in differenzierbar. Dann ist das Produkt differenzierbar in mit


Aufgabe (1 Punkt)

Beurteile die Snookerweisheit „Ein Snookerspiel kann man in der ersten Session nicht gewinnen, aber verlieren“ vom logischen Standpunkt aus.


Lösung

Es spielen zwei Spieler gegeneinander, der eine gewinnt genau dann, wenn der andere verliert. Wenn einer also in der ersten Session verlieren kann, so kann auch einer (nämlich der andere) in der ersten Session gewinnen. Die Weisheit ist also unlogisch.


Aufgabe (1 Punkt)

Winnetou und Old Shatterhand liegen nachts am Strand des Rio Pecos und halten ihre vom harten Tagesritt müden Füße in den Fluss. Dabei schauen sie in den Himmel und zählen Sternschnuppen. Winnetou sieht und Old Shatterhand sieht Sternschnuppen. Old Shatterhand sieht von den von Winnetou gesichteten Sternschnuppen nicht. Wie viele der Sternschnuppen, die von Old Shatterhand gesichtet wurden, sieht Winnetou nicht?


Lösung

Es gibt

Sternschnuppen, die beide sehen. Daher sieht Winnetou von den von Old Shatterhand gesehenen Sternschnuppen

nicht.


Aufgabe (3 Punkte)

Beweise die Nichtnullteilereigenschaft für einen Körper .


Lösung

 Nehmen wir an, dass und beide von verschieden sind. Dann gibt es dazu inverse Elemente und und daher ist . Andererseits ist aber nach Voraussetzung und daher ist nach [[Ring/Elementare Eigenschaften/Fakt|Satz . (Analysis (Osnabrück 2021-2023))  (1)]]

 so dass sich der Widerspruch ergibt.


Aufgabe (2 Punkte)

Zeige, dass die Gleichung

in auch Lösungen besitzt.


Lösung

Beispielsweise ist


Aufgabe (5 Punkte)

Auf dem kürzlich entdeckten Planeten Trigeno lebt eine rechenbegabte Spezies. Sie verwenden wie wir die rationalen Zahlen mit „unserer“ Addition und Multiplikation. Sie verwenden ferner eine Art „Ordnung“ auf den rationalen Zahlen, die sie mit bezeichnen. Diese trigenometrische Ordnung stimmt mit unserer Ordnung überein, wenn beide Zahlen sind. Dagegen gilt bei ihnen

für jede rationale Zahl . Die renommierte Ethnomathematikerin Dr. Eisenbeis vermutet, dass dies damit in Zusammenhang steht, dass sie die als heilig verehren.

Zeige, dass die folgenden Eigenschaften erfüllt.

  1. Für je zwei Elemente gilt entweder oder oder .
  2. Aus und folgt (für beliebige ).
  3. Aus und folgt .
  4. Aus und folgt .

Welche Eigenschaft eines angeordneten Körpers erfüllt nicht?


Lösung

Sämtliche Eigenschaften gelten, wenn jeweils die nicht vorkommt, da dann mit übereinstimmt und von diese Eigenschaften bekannt sind. Wir müssen also jeweils nur Situationen betrachten, wo vorkommt.

  1. Bei gilt , deshalb gilt die Eigenschaft.
  2. Wenn ist wegen die Aussage klar. Wenn ist, so ist auch und in diesem Fall ist auch .
  3. Die Voraussetzung gilt nur bei

    in diesem Fall ist aber auch .

  4. Ebenso.

Es gilt nicht die Eigenschaft

Aus folgt . Andernfalls würde wegen auch

gelten, was aber nicht gilt.


Aufgabe (3 Punkte)

Zeige, dass die Binomialkoeffizienten die rekursive Beziehung

erfüllen.


Lösung

Es ist


Aufgabe (1 Punkt)

Berechne die Gaußklammer


Lösung

Es ist

also ist


Aufgabe (2 Punkte)

Begründe geometrisch, dass die Wurzeln , , als Länge von „natürlichen“ Strecken vorkommen.


Lösung

Dies geht mit der Spirale des Theodorus. Wenn man die (bereits konstruierte) Quadratwurzel als eine Kathete eines rechtwinkligen Dreiecks nimmt mit einer zweiten Kathete der Länge , so erhält man eine Hypotenuse der Länge .


Aufgabe (3 Punkte)

Berechne von Hand die Approximationen im Heron-Verfahren für die Quadratwurzel von zum Startwert .


Lösung

Das Heron-Verfahren ergibt der Reihe nach

und


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei ein Körper und sei der Polynomring über . Es sei ein Polynom und . Zeige, dass genau dann eine Nullstelle von ist, wenn ein Vielfaches des linearen Polynoms ist.


Lösung

Wenn ein Vielfaches von ist, so kann man

mit einem weiteren Polynom schreiben. Einsetzen ergibt

Im Allgemeinen gibt es aufgrund der Division mit Rest eine Darstellung

wobei oder aber den Grad besitzt, also so oder so eine Konstante ist. Einsetzen ergibt

Wenn also ist, so muss der Rest sein, und das bedeutet, dass ist.


Aufgabe (6 Punkte)

Beweise den Zwischenwertsatz.


Lösung

Wir beschränken uns auf die Situation und zeigen die Existenz von einem solchen mit Hilfe einer Intervallhalbierung. Dazu setzt man und , betrachtet die Intervallmitte und berechnet

Bei setzt man

und bei setzt man

In jedem Fall hat das neue Intervall die halbe Länge des Ausgangsintervalls und liegt in diesem. Da es wieder die Voraussetzung erfüllt, können wir darauf das gleiche Verfahren anwenden und gelangen so rekursiv zu einer Intervallschachtelung. Sei die durch diese Intervallschachtelung gemäß Fakt ***** definierte reelle Zahl. Für die unteren Intervallgrenzen gilt und das überträgt sich wegen der Stetigkeit nach dem Folgenkriterium auf den Grenzwert , also . Für die oberen Intervallgrenzen gilt und das überträgt sich ebenfalls auf , also .  Also ist .


Aufgabe (9 (1+2+3+3) Punkte)

In der folgenden Aufgabe sollen Personen in der Ebene so platziert werden, dass je zwei Personen zueinander einen Abstand von zumindest haben (alle Angaben beziehen sich auf Meter). Die Personen bzw. ihre Platzierung sind dabei durch einen Punkt gegeben.

  1. Zeige, dass man auf einem quadratischen -Platz Leute platzieren kann (Randpunkte sind erlaubt).
  2. Was ist falsch am folgenden Argument: „Auf einem -Platz kann man höchstens Leute platzieren. Zu jeder Person gehört nämlich ein Umkreis mit Radius , und zu verschiedenen Personen sind diese Kreise zueinander disjunkt. Zu jeder Person gehört also eine Fläche mit Flächeninhalt . Diese Flächen liegen ganz in der Gesamtfläche der Größe . Wegen

    ist dies nicht möglich.“

  3. Zeige, dass man auf einem -Platz definitiv nicht Leute platzieren kann.
  4. Zeige, dass man auf einem -Platz Leute platzieren kann.


Lösung

  1. Wir platzieren die Leute auf den Positionen

    das sind Leute.

  2. Für Leute, die am Rand platziert sind, muss nicht der volle Umkreis innerhalb der vorgegebenen Fläche liegen.
  3. Zu jeder Person gehört ein Umkreis mit Radius , und zu verschiedenen Personen sind diese Kreise zueinander disjunkt. Zu jeder Person gehört also eine Fläche mit Flächeninhalt . Diese Flächen liegen zwar nicht ganz in der Gesamtfläche der Größe , da der Mittelpunkt aber zu der quadratischen -Fläche gehört, gibt es an den Rändern höchstens einen Überstand von . D.h. dass diese Kreise ganz in der umgebenden -Fläche liegt. Wegen

    ist dies für Personen nicht möglich.

  4. Wir platzieren die Leute auf den Punkten eines Rasters, das aus gleichseitigen Dreiecken mit Seitenlänge aufgebaut ist. Die Höhe eines solchen gleichseitigen Dreieckes ist nach dem Satz von Pythagoras gleich . Wegen

    ist

    daher kann man auf dem etwas größeren Rechteck nun sieben Zeilen platzieren (die erste Zeile sei der untere Rand des Rechtecks). Auf den Zeilen haben abwechselnd bzw. Leute Platz, dies ergibt Leute.


Aufgabe (4 Punkte)

Beweise die Regel von l'Hospital.


Lösung

Zur Ermittlung des Grenzwertes benutzen wir das Folgenkriterium. Da im Intervall keine Nullstelle besitzt und ist, besitzt auch nach Satz 19.2 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) außer keine Nullstelle. Es sei eine Folge in , die gegen konvergiert. Zu jedem gibt es nach Satz 19.8 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)), angewandt auf bzw. , ein (im Innern von ) mit

Die Folge konvergiert ebenfalls gegen , so dass nach Voraussetzung die rechte Seite gegen konvergiert. Daher konvergiert auch die linke Seite gegen , und wegen bedeutet das, dass gegen konvergiert.


Aufgabe (2 Punkte)

Es seien

differenzierbare Funktionen und

mit . Zeige, dass man die Ableitung von als einen Bruch mit im Nenner schreiben kann.


Lösung

Nach der Quotientenregel ist

wobei wir im letzten Schritt mit gekürzt haben.


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei

ein normiertes Polynom vom Grad . Charakterisiere durch eine Bedingung an die Koeffizienten die Eigenschaft, dass Wendepunkte besitzt.


Lösung

Die relevanten Ableitungen sind

und

Die Frage ist äquivalent dazu, ob die zweite Ableitung zwei Nullstellen besitzt, da dann von wachsend nach fallend nach wachsend wechselt (bei nur einer Nullstelle ist nie negativ und ist überall wachsend). Die Existenz von Lösungen der quadratische Gleichung

hängt nach Satz 49.5 (Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2022-2023)) davon ab, ob reell existiert, was genau dann der Fall ist, wenn

bzw.

ist. Die Existenz von zwei Lösungen ist dabei zu äquivalent. Das Polynom besitzt also genau dann (und zwar genau zwei) Wendepunkte, wenn

ist.


Aufgabe (3 Punkte)

Bestimme eine Stammfunktion zur Funktion ()


Lösung

Wir schreiben

Eine Stammfunktion davon ist


Aufgabe (5 Punkte)

Beweise das Lösungsverfahren für inhomogene lineare gewöhnliche Differentialgleichungen in einer Variablen.


Lösung

Da keine Nullstelle besitzt, kann man jede Funktion

als

mit einer unbekannten (differenzierbaren) Funktion ansetzen. Dabei ist (für eine differenzierbare Funktion )

Daher kann man die Lösungsbedingung

als

schreiben, und diese gilt wegen genau dann, wenn

bzw.

gilt. D.h. muss eine Stammfunktion zu sein.