Kurs:Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)/Vorlesung 12
- Eisenstein-Reihen
Es sei ein Gitter und . Dann erfüllen die Eisensteinreihen folgende Eigenschaften.
- Die Eisensteinreihen sind für absolut konvergent.
- Bei
ist
- Für ungerades
ist
- Für
ist
- Dies ist ein Spezialfall von Lemma 11.7.
- Das ist klar.
- Es sei ungerade. Auf ist durch die Punktsymmetrie eine Äquivalenzrelation gegeben, bei der jedes mit sich und mit äquivalent ist. Wir summieren gemäß diesen Äquivalenzklassen und erhalten
- Es ist
Die Eisensteinreihen sind Invarianten, die den Gittern zugeordnet sind. Allerdings haben streckungsäquivalente Gitter nicht die gleichen Werte für die Eisensteinreihen, sondern es liegt das in
Lemma 12.2 (4)
beschriebene Transformationsverhalten vor. Für ein Gitter mit einer Basis der Form mit
ist
insofern kann man eine Eisensteinreihe auch als abhängig vom Parameter und damit als Funktion auf auffassen.
- Die -Invariante
Es sei ein Gitter. Ausgehend von den Eisensteinreihen legt man weitere Invarianten zu fest. Die Wahl der Normierungen durch relativ große Zahlen scheint zunächst willkürlich, wird aber einsichtig(er), wenn man die algebraische Gleichung für den zugehörigen komplexen Torus (siehe Satz 12.14) berücksichtigt.
Statt von der absoluten Invarianten spricht man auch von der -Invarianten oder der universellen Invarianten.
Für ein Gitter der Form setzt man , , und .
Für ein Gitter und gelten die folgenden Regeln.
- Es ist
- Es ist
- Es ist
- Es ist
Die ersten beiden Aussagen folgen direkt aus Lemma 12.2 (4). Daraus ergeben sich auch die beiden anderen Aussagen.
Die Eigenschaft
Lemma 12.7 (4)
besagt, dass die -Invariante von
streckungsäquivalenten Gittern
gleich ist.
Wir betrachten das Gitter , für das die Multiplikation mit das Gitter bijektiv in sich selbst überführt. Wir wenden Lemma 12.7 (2) auf an und erhalten
Daraus folgt .
Wir betrachten das Gitter , für das die Multiplikation mit das Gitter bijektiv in sich selbst überführt. Wir wenden Lemma 12.7 (1) auf an und erhalten
Daraus folgt .
- Die Differentialgleichung für die Weierstraßfunktion
Mit Hilfe der Eisensteinreihen können wir die Laurent-Entwicklung der Weierstraßschen Funktion beschreiben.
Die Laurent-Entwicklung der Weierstraßschen -Funktion im Nullpunkt ist
Für die Summanden in der Weierstraßschen -Funktion gilt unter der Bedingung nach der Ableitung von Satz 9.13 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) die Gleichung
Somit gilt für alle , die betragsmäßig kleiner als alle Gitterpunkte sind, die Beschreibung
da nach Lemma 12.2 (2) die Eisenstein-Werte zu ungeradem Index sind.
Es sei ein Gitter.
Dann besitzt der Körper der elliptischen Funktionen die Beschreibung
mit dem kubischen Polynom
in der Weierstraßschen -Funktion, wobei und die Werte der Eisensteinreihen für bezeichnen.
Es wurde bereits in Lemma 11.13 gezeigt, dass der Körper der elliptischen Funktionen von und erzeugt wird. Die Weierstraßsche Funktion ist definitiv nicht konstant, somit ist . Wenn wir die angesprochene algebraische Relation zwischen und etabliert haben, so folgt, da diese irreduzibel ist, die Beschreibung des Körpers.
Nach Lemma 12.10 ist
Daraus ergibt sich
und
und
wobei die weggelassenen höheren Terme holomorph sind. Wir betrachten die zusammengesetzte Funktion
die als polynomiale Kombination von elliptischen Funktionen wieder elliptisch ist, und allenfalls in den Gitterpunkten Pole besitzt. Die Laurent-Entwicklung dieser Funktion im Nullpunkt ist
Da sich hier die Polstellenterme wegheben, ist dies eine holomorphe elliptische Funktion, die im Nullpunkt den Wert besitzt. Daher ist die Funktion nach Lemma 11.3 konstant gleich und beschreibt eine algebraische Relation zwischen und .
Die Differentialgleichung
aus Satz 12.11 heißt Differentialgleichung für die Weierstraßsche Funktion . Dies sieht schon ziemlich stark wie die Gleichung einer elliptischen Kurve in kurzer Weierstraßform aus.
Wir betrachten die Faktorisierung
mit komplexen Zahlen . Wenn das Gitter ist, so sind nach Aufgabe 11.8 die Halbierungspunkte die Nullstellen von und damit auch der rechten Seite der obigen Gleichung. Man hat also , wenn man setzt, und die werden unter nur von diesen Halbierungspunkten aus einer halboffenen Fundamentalmasche getroffen. Nach Lemma 11.11 wird auf der halboffenen Fundamentalmasche jeder Wert von zweifach (mit Vielfachheiten gezählt) angenommen. Wenn ist, so auch . Dies wenden wir auf an, wo wir ein Urbild, nämlich schon kennen. Das andere Urbild stimmt aber, in die Fundamentalmasche verschoben, wieder mit überein. Daher sind die verschieden, was nach Lemma 4.8 die Glattheit der Kurve bedeutet.
- Komplexe Tori und elliptische Funktionen
Es sei ein Gitter. Wir betrachten die Weierstraßsche p-Funktion und ihre Ableitung und betrachten die holomorphe Abbildung
Das Bild erfüllt die algebraische Gleichung
mit dem kubischen Polynom aus Satz 12.11. Wir betrachten die Abbildung in die projektive Ebene über die Einbettung .
Es sei ein Gitter.
- Die
holomorphe Abbildung
lässt sich holomorph zu einer Abbildung
fortsetzen.
- Dabei ist -periodisch und induziert eine holomorphe Abbildung
- ist eine bijektive Abbildung zwischen dem komplexen Torus und der projektiven glatten kubischen Kurve
mit der affinen Gleichung aus Satz 12.11.
- In homogenen Koordinaten liegt die Abbildung
vor. Es sei
die offene Teilmenge, auf der keine Nullstelle besitzt. Für die affine Karte ergibt sich die Beschreibung
Da in den Gitterpunkten einen Pol der Ordnung und einen Pol der Ordnung besitzt, ist diese Funktion in die Gitterpunkte holomorph fortsetzbar, und zwar mit dem Wert .
- Da
und
elliptische Funktionen
sind, ist die Abbildung auf nach Definition periodisch bezüglich . Wie in (1) gezeigt werden alle Gitterpunkte auf abgebildet, also gilt die -Periodizität auf ganz . Daher induziert dies eine stetige Abbildung
und diese ist holomorph, da
eine Überlagerung ist, siehe Satz 8.6, und sich die Holomorphie von auf überträgt.
- Nach
Satz 12.11
erfüllen und die affine kubische Relation
daher erfüllt das Bild von die entsprechende homogene kubische Gleichung. Die Glattheit der Kurve wurde in Bemerkung 12.12 festgestellt. Zur Bijektivität. Der einzige Punkt der Kurve außerhalb von ist und dieser entspricht den Gitterpunkten. Wir können uns also auf und konzentrieren. Zur Injektivität. Aus folgt nach Lemma 11.11, dass ist, und aus folgt, dass eine Nullstelle von ist. Diese sind nach Aufgabe 11.8 gleich , wobei Gittererzeuger seien. Diese Elemente stimmen aber modulo mit ihrem Negativen überein.
Zur Surjektivität. Sei vorgegeben. Nach Lemma 11.11 gibt es mit . Dabei ist . Da ungerade ist, ist oder .
In
Satz 12.13
haben wir die Abbildung in die projektive Ebene als holomorph angesprochen. Dazu fassen wir die projektive Ebene als komplexe Mannigfaltigkeit auf. Man kann aber auch die elliptische Kurve
als komplexe Mannigfaltigkeit auffassen
(vergleiche
Bemerkung 7.8),
nämlich als eindimensionale abgeschlossene Untermannigfaltigkeit der projektiven Ebene mit der letztlich durch
den Satz über implizite Abbildungen
gesicherten holomorphen Struktur. Mit dieser Struktur is die Abbildung aus
Satz 12.13
sogar biholomorph.
Es sei ein Gitter.
Dann ist die holomorphe Abbildung
aus Satz 12.13 ein Gruppenisomorphismus, wenn man für die kubische Kurve den Punkt als Nullpunkt nimmt.
Es wurde in Satz 12.13 gezeigt, dass eine bijektive Abbildung vorliegt. Die Addition auf der kubischen Kurve ist dadurch bestimmt, dass die drei Schnittpunkte der Kurve mit einer beliebigen projektiven Geraden die Summe ergeben, siehe Bemerkung 6.1 und Definition 6.2. Es ist also zu zeigen, dass die Urbilder von drei kolinearen Punkten auf in sich zu einem Element aus aufsummieren. Wir betrachten Geraden, die durch eine affine Gleichung der Form gegeben sind, für andere Geraden siehe Aufgabe 12.6. Wir betrachten die elliptische Funktion
Diese besitzt wie einen einzigen Pol im Nullpunkt der Ordnung . Nach Lemma 11.5 gibt es daher drei Punkte mit der Gesamtnullstellenordnung (dabei können die Punkte zusammenfallen). Die positive Nullstellenordnung bedeutet dabei, dass diese Punkte unter auf die vorgegebene Gerade abgebildet werden. Nach Lemma 11.6 ist . Dies bedeutet in .
Streckungsäquivalente Gitter bzw. als komplexe Lie-Gruppen isomorphe komplexe Tori führen zu
(als Varietäten und auch als abelsche Varietäten)
isomorphen elliptischen Kurven, siehe
Aufgabe 12.7.
Isomorphe elliptische Kurven sind auch als komplexe Lie-Gruppen isomorph. Ferner kann man zeigen, dass jede elliptische Kurve über zu einem komplexen Torus biholomorph ist.
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