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Kurs:Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)/Vorlesung 24

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Die Zeta-Funktion

Es sei eine Varietät, die über dem endlichen Körper mit Elementen definiert sei. Diese Varietät besitzt endlich viele Punkte, die über definiert sind. Nennen wir diese Anzahl . Aufgrund der Körpererweiterung (siehe Korollar 16.10 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019))) kann man auch über auffassen und dessen Punkteanzahl, nennen wir sie , bestimmen. Wenn in einem affinen oder projektiven Raum durch Gleichungen beschrieben wird, so kann man direkt die Gleichungen über auffassen und die Punkte zählen, deren Koordinaten zu gehören. Wenn nicht eingebettet vorliegt, so muss man betrachten und dort die Anzahl der Punkte mit Restekörper bestimmen. Eine faszinierende Frage ist nun, ob es bei den Anzahlen Gesetzmäßigkeiten gibt, und wie diese mit weiteren Eigenschaften von zusammenhängen. Die Suche nach diesen Gesetzmäßigkeiten war eine treibende Kraft in der Entwicklung der algebraischen Geometrie in der zweiten Hälfte des 20.sten Jahrhunderts (Weil, Grothendieck, Deligne). Es ist auf den ersten Blick überraschend, dass die folgende formale Funktion der richtige Ansatz ist, die Teilinformationen der in ein einziges analytisches (funktionentheoretisches) Objekt zusammenzufassen.


Es sei eine Varietät über einem endlichen Körper und es bezeichne die Anzahl der Punkte von . Dann nennt man

die Zeta-Funktion von .

Genauer spricht man von der Weilschen Zeta-Funktion. Formal handelt es sich einfach um eine Potenzreihe in mit rationalen Koeffizienten. Aufgrund der Definition der Exponentialreihe handelt es sich um die Reihe


Der -dimensionale projektive Raum über dem endlichen Körper besitzt Elemente, siehe Aufgabe 3.11, somit ist

Es ist

Dies bestätigt man, indem man beidseitig den Logarithmus anwendet. Es ist also

zu zeigen. Mit der Logarithmusreihe ist aber für jedes


Das Ergebnis im vorstehenden Beispiel ist typisch und zeigt bereits die Stärke und Prägnanz der Zeta-Funktion: Sie ist für eine glatte projektive Varietät stets eine rationale Funktion in . Wenn die Dimension von ist, so gibt es ganzzahlige Polynome für mit

Diese starke Aussage beinhaltet insbesondere die keineswegs selbstverständliche Aussage, dass endlich viele der Anzahlen bereits alle Anzahlen bestimmen.

In die Zeta-Funktion zu einer Varietät über wird für oft eingesetzt, wobei eine komplexe Variable (typischerweise mit einer Beschränkung durch den Realteil) ist, wodurch dann eine Funktion in entsteht.



Die Zeta-Funktion einer elliptischen Kurve

Im Falle einer glatten projektiven Kurve hat die Zeta-Funktion die Gestalt

und das Zählerpolynom ist ein Polynom vom Grad , wenn das Geschlecht der Kurve bezeichnet. Im Fall einer elliptischen Kurve werden wir dieses Zählerpolynom vom Grad bestimmen.



Es sei eine elliptische Kurve über dem endlichen Körper , , mit und es sei eine von der Charakteristik von verschiedene Primzahl. Es sei

der -te - lineare Frobenius auf und die zugehörige Abbildung auf dem -adischen Tate-Modul. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Das charakteristische Polynom von ist
  2. Dieses Polynom ist als reelles Polynom nichtnegativ.
  3. Die komplexen Nullstellen und des charakteristischen Polynoms sind zueinander komplex-konjugiert und ihr Betrag ist .
  4. Das charakteristische Polynom von ist
  5. Die Anzahl der Punkte von über ist
  1. Wir ziehen Satz 18.14 heran. Es ist

    nach Lemma 23.1. Es ist

    unter Verwendung von Lemma 23.6. Daraus ergibt sich das charakteristische Polynom von zu

  2. Die Nichtnegativität des Polynoms kann man wegen der Stetigkeit mit rationalen Zahlen testen. Es sei also eine rationale Zahl. Der Wert des charakteristischen Polynoms an der Stelle ist
  3. Nach (2) besitzt das charakteristische Polynom entweder eine doppelte reelle Nullstelle oder zwei nicht reelle zueinander komplex-konjugierte Nullstellen. So oder so ist ihr Betrag gleich, und wegen

    ergibt sich .

  4. Das charakteristische Polynom zu kann man über als schreiben. Eine solche Zerlegung hat man auch über dem algebraischen Abschluss von

    (bzw. schon in einer quadratischen Erweiterung von ). Dabei sind (genauer ) die Eigenwerte von . Somit sind die Eigenwerte von und das charakteristische Polynom zu ist . Die entstehenden Polynome haben wieder ganzzahlige Koeffizienten, daher ist es egal, ob man über oder über arbeitet.

  5. Die Anzahl der Punkte von über ist unter Verwendung von Lemma 23.6 und Satz 18.14 gleich



Es sei eine elliptische Kurve über dem endlichen Körper mit .

Dann gilt für die Zeta-Funktion

Wir betrachten den Ausdruck , wobei

bezeichne. Nach Satz 24.3  (5) wissen wir

wobei und die Nullstellen des charakteristischen Polynoms zu sind (für eine zur Charakteristik teilerfremde Primzahl ). Es ist also

wobei wir die Logarithmusreihe verwendet haben. Wenn wir auf diese Gleichung die Exponentialreihe anwenden, so erhalten wir

wobei wir im letzten Schritt die definierenden Eigenschaften von und und Satz 24.3  (1) verwendet haben.



Es sei eine elliptische Kurve über dem endlichen Körper .

Dann erfüllt die Zeta-Funktion von die Funktionalgleichung

Dies ergibt sich aus Satz 24.4 durch die Umformungen



Wir betrachten über dem endlichen Körper die elliptische Kurve , die durch

gegeben ist. Sie besitzt nach Beispiel 23.11 sechs Elemente, also . Das charakteristische Polynom der Darstellung des Frobenius auf dem Tate-Modul ist nach Satz 24.3 gleich

also in der Notation von Satz 24.3. Die Anzahl der Punkte von über ist

Für ungerade ist also die Anzahl gleich . Für ist die Anzahl gleich und für ist die Anzahl gleich . Für gerades wird also die Hasse-Schranke ausgeschöpft. Die Zeta-Funktion von ist nach Satz 24.4 gleich


Es sei eine ebene glatte projektive Kurve

durch eine Gleichung der Form

gegeben, wobei ein homogenes Polynom vom Grad sei. Es sei eine Potenz der Charakteristik . Wenn der Grad teilerfremd zu ist, so lässt sich die Anzahl der Punkte der Kurve, die über definiert sind, einfach bestimmen. Sei ein solcher Punkt. Bei können wir zu normieren. Für können wir jedes Element aus einsetzen. Aufgrund der vorausgesetzten Teilerfremdheit ist die Abbildung

bijektiv, da diese Abbildung auf der additiven Abbildung

entspricht (vergleiche Aufgabe 17.16 (Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021))). Somit gehört zu genau ein Punkt der Kurve. Bei ist und man kann zu normieren und erhält einen weiteren Punkt der Kurve. Unter dieser Bedingung ist also

Wenn aber nicht teilerfremd zu ist, wird die Bestimmung ungleich schwieriger, da man dann im Detail untersuchen muss, welche Zahlen wie viele -te Wurzeln in besitzen. Da im glatten Fall und teilerfremd sind, ist eine Einheit modulo und somit gibt es Exponenten mit . Das heißt, dass und für gewisse Exponenten nicht teilerfremd sind, und daher (außer bei ) der schwierige Fall definitiv eintritt.


Es sei eine glatte projektive Varietät über einem endlichen Körper , es sei die Anzahl der - rationalen Punkte Punkte von mit der zugehörigen Zeta-Funktion

André Weil formulierte 1949 eine Reihe von Vermutungen über das Verhalten dieser Funktion und damit der Anzahlen , die er selbst für Kurven bewies. Diese Vermutungen motivierten Alexander Grothendieck zur Einführung der étalen bzw. der -adischen Kohomologie (die Tate-Moduln kann man als -adische Homologiegruppen ansehen), mit deren Hilfe 1973 Pierre Deligne letztlich die Vermutungen bestätigte. Die wichtigsten allgemeinen Resultate, die wir im elliptischen Fall gezeigt haben, sind die folgenden.

  1. Es gibt ganzzahlige Polynome für mit

    Insbesondere ist die Zeta-Funktion eine rationale Funktion. Dies bedeutet, dass endlich viele der Werte schon alle Werte festlegen (Dwork, Grothendieck). Es gilt und . Für den elliptischen Fall siehe Satz 24.4.

  2. Die Grade der Polynome aus Teil (1) haben eine geometrische Bedeutung. Ihr Grad ist die Vektorraumdimension der -ten -adischen Kohomologie . Man spricht von den -adischen Betti-Zahlen. Wenn durch Reduktion modulo von einer Varietät (Schema) über (oder einem Zahlbereich) herrührt, so kann man auch die zugehörige Varietät über und über betrachten. Diese Varietät hat (als komplexe Mannigfaltigkeit) topologische Betti-Zahlen, die man beispielsweise mit der singulären Kohomologie ausrechnen kann. Diese Betti-Zahlen stimmen mit den -adischen Betti-Zahlen der Reduktion überein. Im Fall einer elliptischen Kurve sind die Betti-Zahlen gleich .
  3. Die Polynome aus Teil (1) besitzen über (bzw. über einer geeigneten algebraischen Erweiterung von ) eine Zerlegung in lineare Faktoren

    Dabei gilt

    Diese Eigenschaft ist analog zur Riemannschen Hypothese. Für den elliptischen Fall siehe Satz 24.3  (3)

  4. Es gilt eine Funktionalgleichung für die Zeta-Funktion, die Satz 24.5 verallgemeinert.



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