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Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)/Teil I/Vorlesung 22

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Hier hat Vorli die Fragebögen von Dr. Eisenbeis zerfetzt. Zum Glück hat Dr. Eisenbeis alles schon digital abgespeichert.




Beziehung zwischen Eigenräumen

Wir haben in Lemma 21.7 gesehen, dass der Eigenraum zu der Kern des Endomorphismus ist. Wesentlich allgemeiner als in Lemma 21.7 gilt die folgende Charakterisierung.


Es sei ein Körper, ein - Vektorraum und

eine lineare Abbildung. Es sei .

Dann ist

Es sei . Dann ist genau dann, wenn ist, und dies ist genau bei der Fall, was man als schreiben kann.

Insbesondere ist ein genau dann ein Eigenwert von , wenn nicht injektiv ist. Für ein gegebenes lässt sich diese Eigenschaft einfach mit Hilfe eines linearen Gleichungssystems (oder der Determinante) überprüfen und ebenso der Eigenraum berechnen. Dagegen ist es kein lineares Problem, zu entscheiden, ob überhaupt Eigenwerte besitzt und diese zu bestimmen. Wir werden weiterhin eine lineare Abbildung dadurch untersuchen, dass wir die Differenzen zu den Streckungen für verschiedene betrachten.

Bei einer -Matrix muss man den Kern der Matrix bestimmen. Wenn man beispielsweise wissen möchte, ob die Matrix den Eigenwert besitzt, so sieht man anhand von

sofort, dass dies nicht der Fall ist.



Es sei ein Körper, ein - Vektorraum und

eine lineare Abbildung. Es seien Elemente in .

Dann ist

Es sei . Dann ist

Also ist

woraus wegen direkt folgt.



Es sei ein Körper, ein - Vektorraum und

eine lineare Abbildung. Es seien Eigenvektoren zu (paarweise) verschiedenen Eigenwerten .

Dann sind linear unabhängig.

Wir beweisen die Aussage durch Induktion nach . Für ist die Aussage richtig. Es sei die Aussage also für weniger als Vektoren bewiesen. Betrachten wir eine Darstellung der , also

Wir wenden darauf an und erhalten einerseits

Andererseits multiplizieren wir die obige Gleichung mit und erhalten

Die so entstandenen Gleichungen zieht man voneinander ab und erhält

Aus der Induktionsvoraussetzung folgt, dass alle Koeffizienten , , sein müssen. Wegen folgt  für und wegen ist dann auch .



Es sei ein Körper und es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum. Es sei

eine lineare Abbildung.

Dann gibt es maximal viele Eigenwerte zu .

Beweis

Siehe Aufgabe 22.3.

Insbesondere besitzt ein Endomorphismus auf einem endlichdimensionalen Vektorraum nur endlich viele Eigenwerte.



Geometrische Vielfachheit

Die Einschränkung einer linearen Abbildung auf einen Eigenraum ist die Streckung um den zugehörigen Eigenwert, also eine besonders einfache lineare Abbildung. Bezüglich einer Diagonalmatrix

besitzt die Standardbasis die Eigenschaft, dass jeder Basisvektor ein Eigenvektor zu der durch die Matrix gegebenen Abbildung ist. Bei einer Diagonalmatrix kann man sofort die Eigenräume angeben, siehe Beispiel 21.4, und zwar besteht der Eigenraum zu aus allen Linearkombinationen der Standardvektoren , für die gleich ist. Insbesondere ist die Dimension des Eigenraums gleich der Anzahl, wie oft als Diagonalelement auftritt. Generell sind die Dimensionen der Eigenräume wichtige Invarianten zu einem Endomorphismus.


Es sei ein Körper, ein - Vektorraum und

eine lineare Abbildung. Zu nennt man

die geometrische Vielfachheit von .

Ein ist insbesondere genau dann ein Eigenwert von , wenn seine geometrische Vielfachheit mindestens ist. Es ist einfach, Beispiele anzugeben, wo die geometrische Vielfachheit eines Eigenwertes jeden Wert zwischen und der Dimension des Raumes annimmt.



Es sei ein Körper und es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum. Es sei

eine lineare Abbildung.

Dann ist die Summe der Eigenräume direkt und es ist

Dies folgt direkt aus Lemma 22.3.



Diagonalisierbarkeit

Es sei ein Körper, ein - Vektorraum und

eine lineare Abbildung. Dann heißt diagonalisierbar, wenn eine Basis aus Eigenvektoren zu besitzt.



Es sei ein Körper und es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum. Es sei

eine lineare Abbildung. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist diagonalisierbar.
  2. Es gibt eine Basis von derart, dass die beschreibende Matrix eine Diagonalmatrix ist.
  3. Für jede beschreibende Matrix bezüglich einer Basis gibt es eine invertierbare Matrix derart, dass

    eine Diagonalmatrix ist.

Die Äquivalenz von (1) und (2) folgt aus der Definition, aus Beispiel 21.4 und der Korrespondenz zwischen linearen Abbildungen und Matrizen. Die Äquivalenz von (2) und (3) folgt aus Korollar 11.12.

Wenn diagonalisierbar ist und die Eigenwerte mit ihren geometrischen Vielfachheiten bekannt sind, so kann man einfach eine zugehörige Diagonalmatrix aufstellen: Man erstellt die Diagonalmatrix, in deren Diagonalen die Eigenwerte so oft auftreten, wie die geometrischen Vielfachheiten angeben. Insbesondere ist die zugehörige Diagonalmatrix einer diagonalisierbaren Abbildung bis auf die Reihenfolge der Diagonalelemente eindeutig bestimmt.


Wir schließen an Beispiel 21.5 an. Es gibt die beiden Eigenvektoren und zu den verschiedenen Eigenwerten und , sodass die Abbildung nach Korollar 22.10 diagonalisierbar ist. Bezüglich der Basis aus diesen Eigenvektoren wird die lineare Abbildung durch die Diagonalmatrix

beschrieben.

Die Übergangsmatrix von der Basis zur durch und gegebenen Standardbasis ist einfach

Die inverse Matrix dazu ist

Gemäß Korollar 11.12 besteht die Beziehung




Es sei ein Körper und es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum. Es sei

eine lineare Abbildung, die verschiedene Eigenwerte besitze.

Dann ist diagonalisierbar.

Aufgrund von Lemma 22.3 gibt es linear unabhängige Eigenvektoren. Diese bilden nach Korollar 8.11 eine Basis.



Es sei ein Körper und es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum. Es sei

eine lineare Abbildung.

Dann ist genau dann diagonalisierbar, wenn die direkte Summe der Eigenräume ist.

Wenn diagonalisierbar ist, so gibt es eine Basis von aus Eigenvektoren. Es ist dann

Daher ist

wobei die Direktheit sich aus Lemma 22.2 ergibt. Wenn umgekehrt

vorliegt, so kann man in jedem der Eigenräume eine Basis wählen. Diese Basen bestehen aus Eigenvektoren und ergeben zusammen eine Basis von .



Wir betrachten -Scherungsmatrizen

mit . Die Eigenwertbedingung für ein bedeutet

was zu den beiden Gleichungen

führt. Bei folgt und dann auch , d.h. es kann nur ein Eigenwert sein. In diesem Fall ist die zweite Gleichung erfüllt und die erste Gleichung wird zu

Bei muss also sein und dann ist der Eigenraum zum Eigenwert , und ist ein Eigenvektor, der den Eigenraum aufspannt. Bei liegt die Einheitsmatrix vor, und der Eigenraum zum Eigenwert ist die gesamte Ebene. Bei gibt es also nur einen eindimensionalen Eigenraum und die Abbildung ist nicht diagonalisierbar.


Das Produkt von zwei Diagonalmatrizen ist natürlich wieder eine Diagonalmatrix. Das folgende Beispiel zeigt, dass das Produkt von diagonalisierbaren Matrizen nicht diagonalisierbar sein muss.


Es seien und zwei Geraden im durch den Nullpunkt und es seien und die Achsenspiegelungen an diesen Achsen. Eine Achsenspiegelung ist stets diagonalisierbar, und zwar sind die Spiegelungsachse und die dazu senkrechte Gerade Eigengeraden (zu den Eigenwerten und ). Die Hintereinanderschaltung

dieser Spiegelungen ist eine Drehung, und zwar ist der Drehwinkel das Doppelte des Winkels zwischen den beiden Achsen. Eine Drehung ist aber nur dann diagonalisierbar, wenn der Drehwinkel oder Grad beträgt. Wenn der Winkel zwischen den Achsen von Grad verschieden ist, so besitzt keinen Eigenvektor.



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