- Parameterabhängige Integrale
Wie diskutieren nun, wie Integrale von einem Parameter abhängen, der sich in einem metrischen Raum bewegt. Dazu muss man in erster Linie das Verhalten bezüglich einer Folge verstehen, so dass man die Ergebnisse der letzten Vorlesung anwenden kann. Der folgende Stetigkeitssatz ist eine weitreichende Verallgemeinerung von
Satz Anhang C.2.
Es sei
ein
Maßraum,
ein metrischer Raum und
-
eine
Funktion. Dann gibt es einerseits zu jedem
die Funktion
-
die man auf Stetigkeit untersuchen kann, und andererseits für jeden
„Parameter“
die Funktion
-
und dazu
(im Falle der
Integrierbarkeit)
das
Integral
. Wir interessieren uns für die Abhängigkeit von diesem Integral vom Parameter
.
Um deutlich zu machen, dass über
(nicht über
)
integriert wird, schreiben wir manchmal
oder
, wobei
die Variable zu
bezeichnet.
Es sei
ein
-
endlicher
Maßraum,
ein
metrischer Raum,
und
-
eine
Funktion,
die die folgenden Eigenschaften erfülle.
- Für alle
ist die Funktion
messbar.
- Für alle
ist die Funktion
stetig
in
.
- Es gibt eine
nichtnegative messbare integrierbare Funktion
-
mit
-
![{\displaystyle {}\vert {f(t,x)}\vert \leq h(x)\,}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/42d3dcfc4da876aa90447fa903cec4b70f253488)
für alle
und alle
.
Dann ist die Funktion
-
wohldefiniert und stetig in
.
Die Integrierbarkeit der einzelnen Funktionen
folgt aus
Lemma 69.5.
Wir müssen die Stetigkeit der Funktion
in
zeigen. Wir wenden
das Folgenkriterium für die Stetigkeit
an, sei also
eine Folge in
, die gegen
konvergiert. Wir setzen
.
Aufgrund der zweiten Voraussetzung
konvergiert
die Folge
für jedes
gegen
. Daher
konvergiert
die Funktionenfolge
punktweise gegen
. Wegen der dritten Bedingung kann man
den Satz von der majorisierten Konvergenz
anwenden und erhält
-
![{\displaystyle {}\lim _{n\rightarrow \infty }\varphi (s_{n})=\lim _{n\rightarrow \infty }\int _{M}f_{n}(x)\,d\mu (x)=\int _{M}f(t_{0},x)\,d\mu (x)=\varphi (t_{0})\,.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/6a6ee69d662caf2183b2f2e89212ca9e1cedc8df)
![{\displaystyle \Box }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/029b77f09ebeaf7528fc831fe57848be51f2240b)
Es sei
ein
-
endlicher
Maßraum,
ein nichtleeres
offenes Intervall
und
-
eine
Funktion,
die die folgenden Eigenschaften erfülle.
- Für alle
ist die Funktion
integrierbar.
- Für alle
ist die Funktion
(stetig)
differenzierbar.
- Es gibt eine
nichtnegative
messbare integrierbare Funktion
-
mit
-
![{\displaystyle {}\vert {f'(t,x)}\vert \leq h(x)\,}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/4916e67025ae87ad3ed5d4a64fbc5a8a3065105f)
für alle
und alle
.
Dann ist die Funktion
-
(stetig)
differenzierbar
in
, die Zuordnung
ist
integrierbar
und es gilt die Formel
-
![{\displaystyle {}\varphi '(t)=\int _{M}f'(t,x)\,d\mu (x)\,.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/9fe999cc2fb35728f476f620da69645e08245805)
Der
Differenzenquotient
für
in einem Punkt
und
ist
-
![{\displaystyle {}{\frac {\varphi (s)-\varphi (t)}{s-t}}={\frac {\int _{M}f(s,x)\,d\mu (x)-\int _{M}f(t,x)\,d\mu (x)}{s-t}}\,.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/1424b96f664b445116d8609ccb2774ee940f66cf)
Wir müssen für jede Folge
in
mit
,
die gegen
konvergiert,
zeigen, dass die zugehörige Folge der Differenzenquotienten konvergiert. Nach
dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung
gibt es
(für jedes
und jedes
)
ein
mit
-
![{\displaystyle {}\vert {\frac {f(s_{n},x)-f(t,x)}{s_{n}-t}}\vert =\vert {f'(c,x)}\vert \leq h(x)\,.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/87b23574f858b7cd1c04edd81f674e45bed8bdae)
Da
integrierbar ist, ist auch für jedes
der Differenzenquotient als Funktion in
nach
Lemma 69.5
integrierbar. Dann ist unter Verwendung
der Linearität des Integrals
und
des Satzes von der majorisierten Konvergenz
![{\displaystyle {}{\begin{aligned}\varphi '(t)&=\lim _{n\rightarrow \infty }{\frac {\varphi (s_{n})-\varphi (t)}{s_{n}-t}}\\&=\lim _{n\rightarrow \infty }{\frac {\int _{M}f(s_{n},x)\,d\mu (x)-\int _{M}f(t,x)\,d\mu (x)}{s_{n}-t}}\\&=\lim _{n\rightarrow \infty }\int _{M}{\frac {f(s_{n},x)-f(t,x)}{s_{n}-t}}\,d\mu (x)\\&=\int _{M}{\left(\lim _{n\rightarrow \infty }{\frac {f(s_{n},x)-f(t,x)}{s_{n}-t}}\right)}\,d\mu (x)\\&=\int _{M}f'(t,x)\,d\mu (x).\end{aligned}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/8b1b7da1d7e7690698e8826a4fe0391e1aceec0c)
Die stetige Differenzierbarkeit folgt aus
Satz 71.1.
![{\displaystyle \Box }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/029b77f09ebeaf7528fc831fe57848be51f2240b)
Es sei
ein
-
endlicher
Maßraum,
offen
und
-
eine
Funktion,
die die folgenden Eigenschaften erfülle.
- Für jedes
ist die Funktion
-
integrierbar.
- Für jedes
ist die Funktion
-
stetig differenzierbar.
- Es gibt eine
nichtnegative
integrierbare Funktion
-
mit
-
![{\displaystyle {}\Vert {{\frac {\partial f}{\partial z_{i}}}(z,x)}\Vert \leq h(x)\,}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/78c3a8d2c896d8c54203334f78fdebff7ae1bfc0)
für alle
,
alle
und alle
.
Dann ist die Funktion
-
stetig differenzierbar
und es gilt für jedes
die Formel
-
![{\displaystyle {}{\frac {\partial \varphi }{\partial z_{i}}}(z)=\int _{M}{\frac {\partial f}{\partial z_{i}}}(z,x)\,d\mu (x)\,.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e5a1b2682d692c76a30a9cee11864867f48def03)
Dies folgt aus
Satz 71.2,
indem man zu
und
die lineare Kurve
-
vorschaltet und
betrachtet.
![{\displaystyle \Box }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/029b77f09ebeaf7528fc831fe57848be51f2240b)
- Das Cavalieri-Prinzip
Es seien
und
-
endliche Maßräume und
eine messbare Teilmenge. Für jeden Punkt
ist
-
![{\displaystyle {}T(x)={\left\{y\in N\mid (x,y)\in T\right\}}\,.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e1a0f2ddab0fb35bc03a24b542fdbcac84f455ff)
Wir erinnern an
Lemma 64.10,
nachdem diese Mengen messbar sind. In welcher Beziehung steht
zur Funktion
-
Bei
und wenn
der Subgraph zu einer nichtnegativen messbaren Funktion
ist, so ist
und nach der Definition des
Integrals gilt
-
![{\displaystyle {}(\mu \otimes \lambda ^{1})(T)=\int _{M}f(x)\,d\mu =\int _{M}\lambda ^{1}(T(x))\,d\mu \,.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/d537d4c6a9d28e96d5fac61649cafcf291c6e64b)
Der Satz von Cavalieri besagt, dass die Gleichheit zwischen links und rechts für beliebige messbare Teilmengen
gilt. Um diesen Satz überhaupt formulieren zu können, müssen wir zunächst sicherstellen, dass die Funktion
messbar ist.
Es seien
und
-
endliche Maßräume und sei
eine
messbare Teilmenge.
Dann sind die Funktionen
-
und -
messbar.
Wir zeigen die Messbarkeit der ersten Funktion
. Dabei reduzieren wir zuerst auf die Situation in der das Maß
auf
endlich
ist. Nach Voraussetzung gibt es eine
abzählbare
messbare
Ausschöpfung
mit
.
Wir setzen
.
Dann ist
und damit auch
für jedes
.
Wenn wir für jedes
die Messbarkeit von
gezeigt haben, so folgt sie wegen
Lemma 68.4
auch für
. Wir können also annehmen, dass
ist.
Wir wollen zeigen, dass für jedes
die Funktion
messbar ist. Wie setzen
-
![{\displaystyle {\mathcal {D}}={\left\{T\in {\mathcal {A}}\otimes {\mathcal {B}}\mid {\text{Die Funktion }}x\mapsto \nu (T(x)){\text{ ist messbar}}\right\}}\,}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/c7fbc6cddd7bef923b5e688600119278ef26b10f)
und müssen zeigen, dass dies die gesamte Produkt-
-Algebra ist. Zunächst gehören die messbaren Quader
zu
. Es ist ja
-
![{\displaystyle {}(A\times B)(x)={\begin{cases}B,{\text{ falls }}x\in A\\\emptyset {\text{ sonst}}\,,\end{cases}}\,}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/b623a0f7a0f9acec3fe29c56a6123c6e20cb94e8)
und damit ist
-
![{\displaystyle {}\nu (T(x))=\nu (B)\cdot e_{A}(x)\,}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a1144f75bb98887201e802239a1d95fadc2a5d0f)
messbar. Wir zeigen, dass
ein
Dynkin-System
ist. Es ist
.
Seien
Teilmengen, die zu
gehören. Dann ist
und
ist nach
Lemma 68.3
messbar. Für eine disjunkte abzählbare Vereinigung
ist
.
Wenn
für alle
ist, so ist die Funktion
nach
Korollar 68.8
wieder messbar.
Damit ist insgesamt
ein Dynkin-System, das das durchschnittsstabile Erzeugendensystem aller Quader für die
-
Algebra
enthält. Deshalb ist
nach
Lemma 61.11.
![{\displaystyle \Box }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/029b77f09ebeaf7528fc831fe57848be51f2240b)
Wir werden im Folgenden die Notation
verwenden, die betont, dass die Funktion
von
abhängt. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn es um einen Produktraum
geht und Verwechslungen möglich sind.
Es seien
und
-
endliche Maßräume.
Dann gilt für alle
messbaren Teilmengen
die Beziehung
-
![{\displaystyle {}(\mu \otimes \nu )(T)=\int _{M}\nu (T(x))\,d\mu (x)=\int _{N}\mu (T(y))\,d\nu (y)\,.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/fc8bd12416db9fc06cb92d5d0e8ef9c13a4c2128)
Wir zeigen zuerst, dass die Zuordnung
-
ein
Maß
auf der Produkt-
-
Algebra
ist. Es sei dazu
eine
abzählbare Zerlegung
in
paarweise disjunkte
messbare Teilmengen.
Nach
Aufgabe 70.8
ist
![{\displaystyle {}{\begin{aligned}\int _{M}\nu (T(x))\,d\mu &=\int _{M}\nu {\left({\left(\biguplus _{i\in I}T_{i}\right)}(x)\right)}\,d\mu \\&=\int _{M}\nu {\left(\biguplus _{i\in I}T_{i}(x)\right)}\,d\mu \\&=\int _{M}\sum _{i\in I}\nu (T_{i}(x))\,d\mu \\&=\sum _{i\in I}\int _{M}\nu (T_{i}(x))\,d\mu ,\end{aligned}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/96957ebf7aa28c2b9c478b1685cf89dd62820e95)
so dass die
-
Additivität
erfüllt ist.
Für einen Quader
ist
-
![{\displaystyle {}\int _{M}\nu ((A\times B)(x))\,d\mu =\int _{A}\nu (B)\,d\mu =\mu (A)\cdot \nu (B)\,.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/6965f02202b27c670632910b9997de359fd9f6c4)
Aufgrund des
Eindeutigkeitssatzes für das Produktmaß
muss daher das durch das Integral definierte Maß mit dem Produktmaß übereinstimmen.
![{\displaystyle \Box }](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/029b77f09ebeaf7528fc831fe57848be51f2240b)