Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)/Vorlesung 13/kontrolle
Wir interessieren uns für die Frage, wann eine endliche Körpererweiterung einfach ist, also in der Form mit einem Element geschrieben werden kann. Antwort gibt der Satz vom primitiven Element (d.h. erzeugenden Element), der besagt, dass dies unter der recht schwachen Voraussetzung der Separabilität der Fall ist.
- Separable Körpererweiterungen
Es sei ein Körper. Ein Polynom heißt separabel, wenn es über keinem Erweiterungskörper mehrfache Nullstellen besitzt.
Es sei ein Körper und sei ein Polynom. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent.
- ist separabel.
- Es gibt eine Körpererweiterung derart, dass über in einfache Linearfaktoren zerfällt.
- und die Ableitung sind teilerfremd.
- und die Ableitung erzeugen das Einheitsideal.
. Dies folgt aus
Lemma 11.1.
. Nehmen wir an, dass
und
einen gemeinsamen nichttrivialen Teiler in besitzen. Dies ist dann auch in der Fall. Dies bedeutet wiederum, dass ein Linearfaktor von auch ein Teiler von ist. Daher besitzen
und
eine gemeinsame Nullstelle und somit besitzt eine mehrfache Nullstelle im Widerspruch zur Voraussetzung.
. Dies folgt aus
Lemma 3.16.
. Es sei
eine Körpererweiterung derart, dass
in Linearfaktoren zerfällt. Nach Voraussetzung kann man in als Linearkombination von
und
darstellen. Diese Eigenschaft überträgt sich direkt auf . Wenn in eine mehrfache Nullstelle hätte, so wäre diese Nullstelle auch eine Nullstelle der Ableitung. Das kann aber wegen der Darstellbarkeit der nicht sein.
Eine endliche Körpererweiterung heißt separabel, wenn für jedes Element das Minimalpolynom separabel ist.
In Charakteristik ist ein irreduzibles Polynom stets separabel, da seine formale Ableitung nicht ist und somit teilerfremd zu ist. Da das Minimalpolynom zu einem Element nach Lemma 7.12 irreduzibel ist, ergibt sich, dass eine endliche Körpererweiterung in Charakteristik separabel ist.
Es sei eine endliche separable Körpererweiterung und , , ein Zwischenkörper.
Dann ist auch eine separable Körpererweiterung.
Beweis
Unser erstes wichtiges Ziel ist es, zu zeigen, dass eine endliche Körpererweiterung bereits dann separabel ist, wenn die Minimalpolynome zu einem Erzeugendensystem separabel sind.
Es sei eine endliche einfache Körpererweiterung vom Grad . Es sei eine Körpererweiterung, unter der das Minimalpolynom von in Linearfaktoren zerfällt.
Dann ist genau dann ein separables Polynom, wenn es verschiedene - Einbettungen von in gibt.
Es sei also
vom Grad mit dem
Minimalpolynom
gegeben. Dieses Polynom ist genau dann separabel, wenn es in genau Nullstellen besitzt. Diese Nullstellen stehen gemäß
Satz 6.4
in Bijektion zu den
-
Algebrahomomorphismen
von
nach .
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad mit der Eigenschaft, dass die Minimalpolynome zu den separabel sind. Es sei eine Körpererweiterung, unter der die in Linearfaktoren zerfallen.
Dann gibt es verschiedene - Einbettungen von in .
Wir führen Induktion über , bei ist der Grad der Körpererweiterung gleich und es gibt auch nur die -Einbettung . Es sei die Aussage für bewiesen. Wir betrachten die Körperkette
Wir wissen also, dass es verschiedene -Einbettungen von nach gibt. Aufgrund der Gradformel genügt es zu zeigen, dass es für so viele -Einbettungen von in gibt, wie es der Körpergrad vorgibt. Es genügt also, den Fall zu beweisen, und dieser folgt aus Lemma 13.6.
Wir betonen die folgenden Korollare.
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad . Dann gibt es genau Einbettungen von in die komplexen Zahlen .
Dies folgt unmittelbar aus Lemma 13.7 und Bemerkung 13.4.
Es sei eine endliche Körpererweiterung und ein Element. Es seien
die verschiedenen komplexen Einbettungen und es sei die Menge der verschiedenen Werte . Dann gilt in für das Minimalpolynom von die Gleichung
Beweis
Es sei eine endliche Körpererweiterung vom Grad und seien die verschiedenen komplexen Einbettungen. Es sei und , . Dann ist
Beweis
Es sei eine endliche Körpererweiterung. Es sei vorausgesetzt, dass die Minimalpolynome der separabel sind.
Dann ist die Erweiterung
Wir führen Induktion über den Grad der Körpererweiterung, wobei der Grad trivial ist. Es sei , , mit Minimalpolynom . Wir betrachten den zugehörigen Zwischenkörper
wobei die Grade mit , und mit bezeichnet seien. Es sei ein Körper, über dem und die in Linearfaktoren zerfallen. Wir betrachten die Abbildung
wobei einfach der Definitionsbereich eingeschränkt wird. Nach Lemma 13.7 gibt es verschiedene - Algebrahomomorphismen von nach . Nach Induktionsvoraussetzung ist eine separable Körpererweiterung vom Grad und daher gibt es nach Lemma 13.6 zu jedem fixierten -Algebrahomomorphismus von nach genau -Algebrahomomorphismen von nach , die diesen Homomorphismus fortsetzen. Die Anzahl der Elemente in den Fasern von ist also stets gleich und somit besitzt das Bild genau Elemente. Also gibt es -Algebrahomomorphismen von nach und somit ist , wiederum nach Lemma 13.6, ein separables Polynom.
- Der Satz vom primitiven Element
Es sei eine endliche einfache Körpererweiterung und ein Zwischenkörper. Es sei das Minimalpolynom von über .
Dann ist .
Wir gehen von der Inklusion aus. Die Körpererweiterung ist ebenfalls einfach mit dem Erzeuger , und ist irreduzibel, da es ja irreduzibel in ist. Somit ist nach Lemma 7.12 auch das Minimalpolynom von über . Daher ist und und insbesondere
Nach der Gradformel, angewendet auf , folgt .
Es sei eine endliche Körpererweiterung.
Dann ist genau dann eine einfache Körpererweiterung, wenn es nur endlich viele Zwischenkörper gibt.
Wenn ein endlicher Körper ist, so ist auch endlich und die Voraussetzung über die endlich vielen Zwischenkörper ist automatisch erfüllt. In diesem Fall ist aber auch nach Satz 9.6 die Körpererweiterung einfach. Wir können also annehmen, dass unendlich ist. Es sei zunächst vorausgesetzt, dass es in nur endlich viele Zwischenkörper gibt. Sei . Jeder von verschiedene Zwischenkörper , , ist ein maximal -dimensionaler - Untervektorraum von und daher gibt es eine von verschiedene - lineare Abbildung
mit . Zu gehört ein lineares Polynom (in Variablen)[1] mit der entsprechenden Eigenschaft. Das Polynom ist dann auf der Vereinigung aller Zwischenkörper gleich . Da unendlich ist, gibt es aber nach Aufgabe 13.26 auch Elemente mit . Der von einem solchen Element über erzeugte Körper muss gleich sein, da er nach Konstruktion in keinem anderen Zwischenkörper liegt.
Es sei nun
eine einfache Körpererweiterung mit dem
Minimalpolynom
. Für jeden Zwischenkörper
, ,
ist
und das Minimalpolynom von über ist in und insbesondere in ein Teiler von . Nach
Lemma 13.12
besteht die Beziehung
,
wobei die die Koeffizienten von sind. Da in nur endlich viele
(normierte)
Teiler besitzt, gibt es nur endlich viele Zwischenkörper.
Es sei eine endliche einfache Körpererweiterung und ein Zwischenkörper.
Dann ist auch eine einfache Körpererweiterung.
Dies folgt unmittelbar aus Satz 13.13, da ja unter der Voraussetzung auch nur endlich viele Zwischenkörper besitzt.
Der folgende Satz heißt Satz vom primitiven Element.
Sei eine endliche separable Körpererweiterung. Dann wird von einem Element erzeugt, d.h. es gibt ein mit
mit einem irreduziblen (Minimal-)Polynom .
Bei endlich folgt die Aussage sofort aus Satz 9.6, wir können also als unendlich annehmen. Es sei . Es genügt zu zeigen, dass man sukzessive zwei Erzeuger davon durch einen Erzeuger ersetzen kann. Dabei ist ebenfalls separabel. Es sei also gegeben und . Es sei eine Körpererweiterung, unter der die Minimalpolynome von und von in Linearfaktoren zerfallen. Es gibt gemäß Lemma 13.7 - Einbettungen
Wir betrachten das Polynom
das zu gehört. Dies ist nicht das Nullpolynom, da keiner der Linearfaktoren gleich ist. Daher besitzt nur endlich viele Nullstellen und somit gibt es, da unendlich ist, ein mit . Die Elemente sind alle verschieden. Aus für folgt nämlich , und wäre doch eine Nullstelle von . Es gibt also verschiedene Einbettungen von nach und insbesondere ist , also ist .
- Fußnoten
- ↑ Man fixiert hierzu eine -Basis von , die zugehörige Dualbasis entspricht dann den Variablen. Die folgende Tupelschreibweise bezieht sich ebenfalls auf die Basis.