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Kurs:Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)/Vorlesung 18

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Torsionsuntergruppen einer elliptischen Kurve

Zu einem Gitter ist die zugehörige elliptische Kurve eine Gruppe, die als topologische Gruppe isomorph zu . Auf dieser Ebene sind also alle elliptischen Kurven über untereinander gleich. Die Gruppenstruktur kann man insbesondere dadurch verstehen, dass man

versteht. Eine reelle Zahl definiert in genau dann das Nullelement, wenn ist. Eine reelle Zahl definiert in genau dann ein Torsionselement, wenn ist. Wenn eine gekürzte Darstellung ist, dann ist die Ordnung von in . Wenn die Darstellung nicht notwendigerweise gekürzt ist, so ist ein Vielfaches der Ordnung. Insbesondere sind zu gegebenem die verschiedenen Elemente diejenigen Elemente, deren Ordnung ein Vielfaches von ist. Diese bilden eine Untergruppe der Kreisgruppe, die aus Elementen besteht, und isomorph zur zyklischen Gruppe ist.



Es sei ein Gitter.

Dann ist die Torsionsuntergruppe zur Ordnung des komplexen Torus isomorph zu und besteht aus Elementen.

Dies folgt direkt aus .


Bei kann man die Torsionsuntergruppe explizit als , , angeben.

Wenn eine elliptische Kurve über einem beliebigen Körper definiert ist, so ist die Menge der -Punkte eine kommutative Gruppe. Wenn ein Erweiterungskörper ist, so ist auch die Menge der -Punkte der Kurve eine kommutative Gruppe, die typischerweise aus mehr Elementen besteht, also

Es gibt im Allgemeinen auch mehr Torsionselement über als über .



Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper der Charakteristik mit der affinen Gleichung mit einem kubischen Polynom ohne mehrfache Nullstelle.

Dann sind die Punkte der Ordnung die Punkte , wobei die Nullstellen von durchläuft. Insbesondere ist

Bei algebraisch abgeschlossen ist .

Die Bedingung

bedeutet, dass die Tangente durch durch verläuft. Die Geraden durch sind neben der unendlich fernen Geraden durch die affinen Gleichungen mit einem gegeben. Die (Richtung der) Tangente zu ist nach Bemerkung 2.4 als Kern von gegeben, also durch die Gleichung . Übereinstimmung gibt es bei , was wegen der Kurvengleichung erfordert, dass eine Nullstelle von ist.



Es sei eine elliptische Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper . Es sei teilerfremd zur Charakteristik von .

Dann gilt für die Torsionsuntergruppen zur Ordnung die Isomorphie

Ohne die Voraussetzung der Teilerfremdheit gilt

Die Abbildung

ist eine Isogenie und besitzt nach Satz 14.2 den Grad . Daher besteht ihr Kern als eine Faser maximal aus Elementen. Unter der numerischen Bedingung ist die Isogenie nach Korollar 16.10 separabel und daher besteht ihr Kern nach Korollar 15.11 aus Elementen. Da der Kern eine kommutative -Torsionsgruppe ist, muss es sich nach Aufgabe 18.6 um handeln.



Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper .

Dann gilt für die Torsionsuntergruppen zur Ordnung die Abschätzung

Dies folgt aus Satz 18.3, indem man die elliptische Kurve über betrachtet.


Wenn über einem Körper definiert, so muss man zwischen den über und den über definierten Torsionspunkten unterscheiden. Wir bezeichnen die in einem algebraischen Abschluss von gewonnenen -Torsionspunkte mit , also


Das reelle Bild der Kurve .

Auf der durch gegebenen elliptischen Kurve gibt es über nur die vier Punkte , die Torsionspunkte sind. Wenn man die Gleichung über dem Erweiterungskörper betrachtet, erhält man neue Punkte. So ist ein weiterer Punkt, es ist ja

Ferner ergibt sich der Punkt , und zwei weitere Punkte, da man durch ersetzen kann.



Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper . Dann nennt man den Rang der kommutativen Gruppe den Rang von .


Auf der durch gegebenen elliptischen Kurve gibt es über die beiden Torsionspunkte . Daneben gibt es noch den Punkt , dieser ist kein Torsionspunkt.


Die beiden folgenden elliptische Kurven über besitzen eine vergleichsweise große Torsionsgruppe.


Auf der durch gegebenen elliptischen Kurve gibt es über die sechs Torsionspunkte . Dabei hat nach Lemma 18.2 die Ordnung und es gibt (über und über ) keinen weiteren Punkt mit Ordnung . In Aufgabe 6.3 haben wir gesehen, dass und zueinander negative Elemente der Ordnung sind. In Beispiel 6.6 haben wir berechnet. Also ist

und daher besitzen und die Ordnung .



Auf der durch gegebenen elliptischen Kurve gibt es über die vier Torsionspunkte . Dabei besitzt nach Lemma 18.2 die Ordnung und sonst über (und ) keinen weiteren Punkt der Ordnung . Die Punkte und haben nach Aufgabe 6.5 die Ordung .




Der Tate-Modul

Da man bei einer elliptischen Kurve zwischen den -Torsionspunkten von und denen von unterscheiden muss, setzen wir

Da wir die folgende Konstruktion insbesondere auf , setzen wir für eine kommutative Gruppe bereits

Es sei eine kommutative Gruppe und eine Primzahl. Die Torsionsuntergruppen zur Ordnung stehen zueinander in der Beziehung

da ja aus

folgt, dass ein Element der Ordnung unter Multiplikation mit auf ein Element der Ordnung abgebildet wird. Es liegt somit ein gerichtetes System

vor. Über dieses System kann man den projektiven Limes bilden. Er besteht aus Folgen mit und mit . Diese Konstruktion ergibt eigentlich nur dann Sinn, wenn es zu jedem auch Torsionselemente gibt.


Es sei eine kommutative Gruppe und eine Primzahl. Unter dem -adischen Tate-Modul von versteht man die Gruppe

wobei die Torsionsuntergruppe der Ordnung bezeichnet.



Es seien und kommutative Gruppen und sei eine Primzahl. Dann gelten die folgenden Eigenschaften.

  1. Ein Gruppenhomomorphismus induziert einen Homomorphismus

    der zugehörigen -adischen Tate-Moduln.

  2. Dabei liegt insgesamt ein Gruppenhomomorphismus

    vor.

  3. Die Abbildung

    ist ein Ringhomomorphismus des Endomorphismenringes von in den Endomorphismenring des Tate-Moduls.

Zu jedem liegt ein Gruppenhomomorphismus

vor. Dabei liegt ein kommutatives Diagramm

vor. Daher setzen sich die Gruppenhomomorphismen zu einem Homomorphismus zwischen den projektiven Limiten zusammen.


Nach Aufgabe 18.22 ist der Tate-Modul ein Modul über der Komplettierung von und der Homomorphismus aus Lemma 18.11  (1) ist ein - Modulhomomorphismus.

Für eine elliptische Kurve über einem Körper betrachten wir stets den Tate-Modul zur elliptischen Kurve über dem algebraischen Abschluss von .


Zu einer elliptischen Kurve über einem Körper und einer Primzahl versteht man unter dem -adischen Tate-Modul den projektiven Limes

Man bezeichnet hier die Primzahl mit , da sie zumeist verschieden von der Charakteristik des Körpers gewählt wird. Wenn nicht die Charakteristik ist, so ist

nach Satz 18.3. Unter den natürlichen Abbildungen

wird ein Erzeugerpaar auf ein Erzeugerpaar abgebildet. Man kann also die gerichtete Familie identifizieren mit der zweifach genommenen Restklassenfamilie

wobei die Homomorphismen in der Restklassenfamilie einfach die Restklassenringhomomorphismen sind. Der zugehörige projektive Limes ist nach Definition die -adische Komplettierung des lokalen Ringes am maximalen Ideal . Diese wird mit bezeichnet. Daher gibt es eine nichtkanonische Isomorphie

Im Fall eines komplexen Torus zu einem komplexen Gitter gibt es aber eine kanonische Isomorphie

also zur Vervollständigung des Gitters bezüglich der Untergruppen , , siehe Aufgabe 18.12 und Aufgabe 18.25. Da das Gitter aufgrund von Satz 8.11 die Fundamentalgruppe und die erste Homologiegruppe des Torus ist, sollte man die Tate-Moduln als (-adische) Versionen der ersten Homologie der elliptischen Kurve ansehen.



Es seien und elliptische Kurven über einem Körper und sei eine Primzahl. Dann gelten folgende Eigenschaften.

  1. Eine Isogenie

    definiert einen Gruppenhomomorphismus

  2. Dabei liegt insgesamt ein Gruppenhomomorphismus

    vor.

  3. Die Abbildung

    ist ein Ringhomomorphismus des Endomorphismenringes einer elliptischen Kurve in den Endomorphismenring des Tate-Moduls.

Dies folgt direkt aus Lemma 18.11.

Die Multiplikation mit auf der elliptischen Kurve definiert die Multiplikation mit auf

Wenn ein Vielfaches von ist, so handelt es sich um die Nullabbildung. Für hinreichend groß ist dies aber ausgeschlossen und somit induziert die Multiplikation auf dem Tate-Modul die Multiplikation mit . Deren Determinante ist und stimmt mit dem Grad der Multiplikation überein. Dieser Sachverhalt gilt für sämtliche Isogenien, was wir ohne Beweis mitteilen. Für den Fall einer elliptischen Kurve über siehe Aufgabe 18.28.


Es sei eine elliptische Kurve über dem Körper , es sei

eine Isogenie und es sei eine von der Charakteristik von verschiedene Primzahl. Es sei

die induzierte -lineare Abbildung auf dem -adischen Tate-Modul. Dann gelten die folgenden Aussagen.

  1. Es ist
  2. Es ist
  3. Das charakteristische Polynom von ist

Es ist zu betonen, dass die Daten der linearen Algebra unabhängig von sind und dass sie in liegen.



Es sei ein Körper, ein algebraischer Abschluss von und eine elliptische Kurve über . Es sei die absolute Galoisgruppe von und sei eine Primzahl.

Dann gibt es einen natürlichen Gruppenhomomorphismus

Es sei ein Element der absoluten Galoisgruppe, also ein - Algebraautomorphismus. Dieser induziert einen Automorphismus

wobei einfach auf abgebildet wird. Dieser Automorphismus ist mit der Addition auf der elliptischen Kurve verträglich, da die Addition durch Polynome aus definiert ist, und somit induziert einen Gruppenautomorphismus auf . Dabei liegen kommutative Diagramme

vor und somit führt dies zu einem Automorphismus auf dem Tate-Modul. Die Gesamtzuordnung ist ein Gruppenhomomorphismus, da ja jeweils die Automorphismen hintereinandergeschaltet werden.



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