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Kurs:Mathematik (Osnabrück 2009-2011)/Teil III/Vorlesung 79/kontrolle

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Abgeschlossene Untermannigfaltigkeiten

Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit der Dimension und eine abgeschlossene Teilmenge. Dann heißt eine abgeschlossene Untermannigfaltigkeit der Dimension von , wenn es zu jedem Punkt eine Karte[1]

gibt mit offen, offen und mit

Dies ist genau die Eigenschaft, die die Faser einer differenzierbaren Abbildung zwischen euklidischen Räumen in einem regulären Punkt aufgrund des Satzes über implizite Abbildungen besitzt. D.h. solche Fasern sind abgeschlossene Untermannigfaltigkeiten von .



Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit der Dimension und eine abgeschlossene Untermannigfaltigkeit der Dimension von .

Dann ist eine differenzierbare Mannigfaltigkeit derart, dass die Inklusion eine differenzierbare Abbildung ist.

Die differenzierbare Struktur auf ist durch die eingeschränkten Karten

gegeben. Dass sich die Diffeomorphismuseigenschaft der Kartenwechsel auf die Einschränkungen überträgt ergibt sich wie im Beweis zu Satz 77.2. Dass eine differenzierbare Abbildung vorliegt ergibt sich daraus, dass zu einem offenen Kartengebiet ein kommutatives Diagramm

gehört, wobei die vertikalen Pfeile offene und die horizontalen Pfeile abgeschlossene Einbettungen repräsentieren. Der obere Pfeil korrespondiert über die Kartenwechsel zu

also zur abgeschlossenen Einbettung eines Koordinatenunterraums, die natürlich differenzierbar ist.



Satz  Satz 79.3 ändern

Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit der Dimension und es sei eine abgeschlossene Untermannigfaltigkeit der Dimension .

Dann ist für jeden Punkt die Tangentialabbildung

injektiv.

D.h. der Tangentialraum ist ein Untervektorraum der Dimension von .

Es sei und ein Kartengebiet mit der Karte

und mit der eingeschränkten Karte

Nach Lemma 78.10  (2) haben wir ein kommutatives Diagramm

Die untere horizontale Abbildung ist dabei das totale Differential zur Inklusion , und diese ist die lineare Inklusion , also injektiv. Da die vertikalen Abbildungen bijektiv sind, ist auch die obere horizontale Abbildung injektiv.

Durch die letzte Aussage ergibt sich auch, dass der in einem regulären Punkt der Faser einer differenzierbaren Abbildung , offen, als Kern des totalen Differentials (als Untervektorraum von ) definierte Tangentialraum mit dem Tangentialraum an die Faser als einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit übereinstimmt.



Das Tangentialbündel

Zu jedem Punkt einer Mannigfaltigkeit gehört der Tangentialraum . Der Tangentialraum ist ein -dimensionaler Vektorraum, wobei die Dimension der Mannigfaltigkeit ist. Seine Elemente sind die Tangentenvektoren, das sind „infinitesimale Richtungen“ an diesem Punkt. Solche Tangenten-Richtungen an zwei verschiedenen Punkten haben zunächst einmal nichts miteinander zu tun, da ihre präzise Definition jeweils nur von beliebig kleinen offenen Umgebungen der Punkte abhängt, und da diese aufgrund der Hausdorff-Eigenschaft disjunkt gewählt werden können.

Dem steht radikal die Vorstellung gegenüber, die sich mit einer offenen Menge verbindet. Dort kann man für jeden Punkt den Tangentialraum mit dem umgebenden Vektorraum in natürlicher Weise identifizieren, indem man dem Vektor den Tangentenvektor zuordnet, der durch die lineare Kurve definiert wird. Da diese Identifizierung für jeden Punkt gilt, besteht zwischen den Tangentialräumen zu eine direkte Parallelität.

Da eine Mannigfaltigkeit durch offene Mengen überdeckt wird, die diffeomorph zu offenen Mengen in einem euklidischen Raum sind, liegt die Vermutung nahe, dass die verschiedenen Tangentialräume doch nicht völlig isoliert dastehen. Das Konzept des Tangentialbündels vereinigt alle Tangentialräume und ermöglicht es, die lokale Verbundenheit der Tangentialräume wiederzuspiegeln.

Zwei Visualisierungen des Tangentialbündels einer Kreislinie. Oben wird zu jedem Punkt des Kreises der Tangentialraum an den Kreis „tangential“ angelegt und als eindimensionaler affiner Unterraum im umgebenden realisiert. Diese Einbettung führt zu Überschneidungen, die es im Tangentialbündel aber nicht gibt, da der Basispunkt mitbedacht werden muss. Unten werden zu jedem Punkt des Kreises die Tangentialräume parallel angeordnet und es ergibt sich ein Zylinder.



Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit. Dann nennt man die Menge

versehen mit der Projektionsabbildung

das Tangentialbündel von .

Ein Punkt in einem Tangentialbündel besitzt also stets einen Basispunkt und ist ein Element im Tangentialraum . Man schreibt einen solchen Punkt zumeist als mit und . Für eine offene Menge ist , also ein Produktraum. Dies gilt im Allgemeinen nicht für eine beliebige Mannigfaltigkeit. Das Tangentialbündel bringt zunächst einmal nur die verschiedenen Tangentialräume disjunkt zusammen, ohne dass verschiedene Tangentialräume miteinander identifiziert würden; allerdings entsteht durch die Topologie, die wir auf dem Tangentialbündel gleich einführen werden, eine zusätzliche „Nachbarschaftsstruktur“ zwischen den Tangentialräumen.


Es seien und differenzierbare Mannigfaltigkeiten und

eine differenzierbare Abbildung. Es seien und die zugehörigen Tangentialbündel. Dann versteht man unter der Tangentialabbildung

die disjunkte Vereinigung der Tangentialabbildungen in den einzelnen Punkten, also


Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und

eine Karte mit offen. Dann induziert die Karte eine natürliche Bijektion

Dabei bewegt sich in einem reellen Intervall derart, dass ist (vergleiche Lemma 78.5). Da ein Produkt von topologischen Räumen ist, ist selbst ein topologischer Raum, und es liegt nahe, diese Topologie auf zu übertragen und daraus insgesamt eine Topologie auf dem Tangentialbündel zu konstruieren.



Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit der Dimension und

das Tangentialbündel, versehen mit der Projektionsabbildung

Das Tangentialbündel wird mit derjenigen Topologie versehen, bei der eine Teilmenge genau dann offen ist, wenn für jede Karte

die Menge offen in ist.

Insbesondere ist für jede offene Menge das Urbild offen, d.h. die Projektion ist stetig.



Es seien und differenzierbare Mannigfaltigkeiten und es sei

eine differenzierbare Abbildung. Es sei

die zugehörige Tangentialabbildung. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Es gibt ein kommutatives Diagramm
  2. Für eine Karte

    zu offen und mit offen gibt es ein kommutatives Diagramm

  3. Wenn und offene Teilmengen sind und die Tangentialbündel mit bzw. identifiziert werden, so ist die Tangentialabbildung gleich
  4. Wenn eine weitere Mannigfaltigkeit und

    eine weitere differenzierbare Abbildung ist, so gilt

  5. Die Tangentialabbildung ist stetig.
  6. Wenn ein Diffeomorphismus ist, so ist ein Homöomorphismus.

(1) folgt unmittelbar aus der Definition der Tangentialabbildung.
(2) folgt aus (1) unter Verwendung der natürlichen Identifizierung für eine offene Menge im .
(3) folgt aus Lemma 78.10  (1).
(4) folgt aus Lemma 78.10  (4).
(5). Zu einer offenen Menge

ist offen und daher ist offen. Es genügt die Stetigkeit von

nachzuweisen. Dabei kann man als ein Kartengebiet ansetzen und durch Kartengebiete überdecken. Dann genügt es, die Stetigkeit

für Kartengebiete und zu zeigen. Es gibt dann ein kommutatives Diagramm

wobei die vertikalen Abbildungen Homöomorphismen sind. Für die untere horizontale Abbildung sind wir in der unter (3) beschriebenen Situation. Wir müssen also die Stetigkeit der Abbildung

beweisen, wobei wir nur die hintere Komponente, also , betrachten müssen. Die -te Komponente davon ist

und dies sind nach der - Differenzierbarkeits-Voraussetzung stetige Abbildungen.
(6) folgt aus (5).

Ein Vektorfeld auf einem Torus. Jedem Punkt des Torus wird eine tangentiale Richtung zugeordnet, dies wird durch die Pfeile angedeutet.

Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit. Eine Abbildung

mit der Eigenschaft, dass für jeden Punkt ist, heißt (zeitunabhängiges) Vektorfeld.

Ein Vektorfeld weist also jedem Punkt einen Richtungsvektor in diesem Punkt zu. Man sagt auch kurz, das ein Vektorfeld ein Schnitt im Tangentialbündel ist. Vektorfelder führen zu gewöhnlichen Differentialgleichungen auf Mannigfaltigkeiten.


Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit. Dann nennt man die Menge

versehen mit der Projektionsabbildung

und derjenigen Topologie, bei der eine Teilmenge genau dann offen ist, wenn für jede Karte

die Menge offen in ist, das Kotangentialbündel von .

Die Schnitte im Kotangentialbündel heißen -Differentialformen. Wir werden darauf ausführlich zurückkommen.



Fußnoten
  1. Hier ist mit Karte jede Karte gemeint, die mit dem vorgegebenen Atlas verträglich ist; sie muss nicht selbst zum Atlas gehören.


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