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Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 6

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Von binomialen Gleichungen zu Exponentengleichungen

Es seien Variablen und eine Familie von binomialen Gleichungen

zu gegeben. Zum Ideal

gehören neben anderen Polynomen auch noch viele weitere binomiale Polynome und im Restklassenring, also dem affinen Koordinatenring der durch die binomialen Gleichungen definierten affin-algebraischen Menge gelten noch weitere binomiale Identitäten. Wenn beispielsweise zur definierenden Familie gehört, so gilt auch

und wenn auch noch dazu gehört, so gilt im Restklassenring auch

Diese Gleichungen haben nichts mit dem gewählten Grundkörper oder Grundring zu tun, sie beruhen vielmehr auf Identitäten in den Exponententupeln . Die Gleichheit

die im Restklassenring gilt, kann man so verstehen, dass auf der Exponentenebene die Gleichung

gelten soll. Da die Gleichheit im Restklassenring auch die Gleichheit für alle Exponententupel erzwingt, sollte auf der Ebene der Exponenten die Gleichheit

gelten. Man beachte, dass man diese Gleichheit additiv schreiben muss, da eine Addition der Exponenten der Multiplikation der Monome entspricht. Wir fragen uns, was das richtige Konzept für eine Exponentenmenge ist, und wie man aus ihr bei gegebenem Grundring eine Algebra konstruieren kann, in der dann genau die durch die in der Exponentenmenge codierten Gleichungen für die Monome gelten.

Diese Fragestellung führt zu Monoidringen. Da auf der Algebraseite eine Restklassenbildung (modulo dem binomialen Ideal) vorliegt, kann man sich fragen, wie auf der Exponentenseite eine entsprechende Konstruktion aussehen muss. Zwar ist keine Gruppe, es ist aber dennoch einfach, ein passendes Konzept zu entwickeln.


Man sagt, dass eine Äquivalenzrelation auf einem kommutativen Monoid mit der Verknüpfung verträglich ist, wenn aus und stets für alle gilt.

Es lässt sich direkt zeigen, dass auf der Quotientenmenge zu einer mit der Verknüpfung verträglichen Äquivalenzrelation eine eindeutig bestimmte Monoidstruktur derart existiert, dass die kanonische Abbildung ein Monoidhomomorphismus ist, siehe Aufgabe 6.5.



Monoidringe

Es sei ein kommutatives (additiv geschriebenes) Monoid und ein kommutativer Ring. Dann wird der Monoidring wie folgt konstruiert. Als - Modul ist

d.h. ist der freie Modul mit Basis , . Die Multiplikation wird auf den Basiselementen durch

definiert und auf ganz distributiv fortgesetzt. Dabei definiert das neutrale Element das neutrale Element der Multiplikation.

Ein Element in einem Monoidring lässt sich eindeutig als

schreiben, wobei eine endliche Teilmenge ist und . Addiert wird komponentenweise und die Multiplikation ist explizit durch

gegeben. Dies ist mit distributiver Fortsetzung gemeint. Die Menge der , über die hier summiert wird, ist endlich, und auch die inneren Summen sind jeweils endlich.

Es ist üblich, statt suggestiver zu schreiben, wobei ein Symbol ist, das an eine Variable erinnern soll. Die Multiplikationsregel erinnert dann an die entsprechende Regel für Polynomringe. In der Tat sind Polynomringe Spezialfälle von Monoidringen, und diese Notation stammt von dort. Auch ein exakter Beweis, dass in der Tat ein Ring mit assoziativer und distributiver Multiplikation vorliegt, funktioniert wie im Fall von Polynomringen. Meistens schreibt man ein Element einfach als , wobei fast alle sind. Elemente der Form nennt man Monome. Die Abbildung , , ist ein Monoidhomomorphismus, wobei rechts die multiplikative Monoidstruktur des Monoidringes genommen wird.

Ein Monoidring ist in natürlicher Weise eine - Algebra, und zwar sind die Elemente aus aufgefasst in gleich

Man nennt daher auch den Grundring des Monoidringes. Monoidringe sind bereits für Grundkörper interessant.



Es sei eine natürliche Zahl und das -fache direkte Produkt der natürlichen Zahlen. Ein Element ist also ein -Tupel mit . Dies kann man auch als

schreiben. Damit lässt sich das zugehörige Monom eindeutig als

schreiben, wobei wir für das Monom zum -ten Basiselement geschrieben haben. Das bedeutet aber, dass der Monoidring zum Monoid über genau der Polynomring in Variablen ist. Insbesondere ist . Der Monoidring zum trivialen Monoid ist der Grundring selbst.



Es sei eine natürliche Zahl und das -fache direkte Produkt der ganzen Zahlen. ist also die freie kommutative Gruppe vom Rang . Jedes Element ist ein -Tupel mit . Dies kann man auch als

schreiben und das zugehörige Monom kann man eindeutig als

mit schreiben, wobei wir wieder geschrieben haben. Für diesen Monoidring schreibt man auch

und dieser ist isomorph zur Nenneraufnahme des Polynomringes am Produkt der Variablen, also

Diesen Ring nennt man auch den Laurent-Ring in Variablen über .



Wie in Beispiel 5.1 (auf der Ebene der Nullstellenmengen) beschrieben gibt es einen - Algebraisomorphismus




Universelle Eigenschaft der Monoidringe



Es sei ein kommutativer Ring und sei ein kommutatives Monoid. Es sei eine kommutative -Algebra und

ein Monoidhomomorphismus (bezüglich der multiplikativen Struktur von ).

Dann gibt es einen eindeutig bestimmten - Algebrahomomorphismus

derart, dass das Diagramm

kommutiert.

Ein - Modulhomomorphismus ist festgelegt durch die Bilder der Basiselemente , . Das Diagramm kommutiert genau dann, wenn ist. Durch diese Bedingung ist die Abbildung also eindeutig festgelegt und ist bereits ein -Modulhomomorphismus. Es ist zu zeigen, dass dieser Homomorphismus auch die Multiplikation respektiert. Es ist . Ferner ist

Auf der Ebene der Monome respektiert die Abbildung also die Multiplikation. Daraus folgen für Elemente und die Identitäten

sodass die Abbildung ein Ringhomomorphismus ist.


Die folgende Aussage bedeutet, in Zusammenhang mit Aufgabe 6.18, dass bei fixiertem Grundring die Zuordnung, die einem Monoid den Monoidring zuordnet, ein Funktor ist.



Es sei ein kommutativer Ring. Es seien und kommutative Monoide und sei

ein Monoidhomomorphismus.

Dann induziert dies einen - Algebrahomomorphismus zwischen den zugehörigen Monoidringen

Dies folgt aus Satz 6.7 angewandt auf die -Algebra und den zusammengesetzten Monoidhomomorphismus .


Eine Familie von Elementen , , in einem Monoid ergibt einen Monoidhomomorphismus , indem das -te Basiselement auf geschickt wird. Dies ist insbesondere für endliche Indexmengen relevant. Der Monoidhomomorphismus induziert dann nach Korollar 6.8 einen - Algebrahomomorphismus von der Polynomalgebra in den Monoidring. Diese Abbildung ist der Einsetzungshomomorphismus, der durch gegeben ist.




Es sei ein von verschiedener kommutativer Ring. Es seien und kommutative Monoide und sei ein Monoidhomomorphismus.

Dann ist genau dann injektiv (surjektiv), wenn der zugehörige - Algebrahomomorphismus injektiv (surjektiv) ist.

Es sei injektiv, und angenommen, dass

Da die , alle verschieden sind, folgt daraus . Ist umgekehrt nicht injektiv, sagen wir , so ist auch , obwohl ist.

Ist surjektiv, so kann man für ein beliebiges Element aus sofort ein Urbild angeben, nämlich , wobei ein beliebiges Urbild von sei. Ist hingegen nicht surjektiv, so sei ein Element, das nicht zum Bild gehört. Dann ist das Monom von verschieden und kann nicht im Bild des Algebrahomomorphismus liegen.



Es sei ein von verschiedener kommutativer Ring. Es sei ein kommutatives Monoid und , eine Familie von Elementen aus .

Dann bilden die genau dann ein Monoid-Erzeugendensystem für , wenn die , ein -Algebra-Erzeugendensystem für den Monoidring bilden.

Die , bilden genau dann ein Monoid-Erzeugendensystem für , wenn der Monoidhomomorphismus surjektiv ist. Dies ist nach Lemma 6.10 genau dann der Fall, wenn der zugehörige Homomorphismus

surjektiv ist. Dies ist aber genau dann der Fall, wenn die ein -Algebra-Erzeugendensystem bilden.




Monoidring und binomiales Ideal



Es sei ein endlich erzeugtes kommutatives Monoid mit einer Darstellung und es sei ein kommutativer Ring.

Dann ist

Ein Monoidring besitzt also eine Darstellung als Restklassenring zu einem von binomialen Polynomen erzeugten Ideal.

Der surjektive Monoidhomomorphismus

induziert nach Korollar 6.8 und Lemma 6.10 einen surjektiven - Algebrahomomorphismus

Wir müssen zeigen, dass der Kern dieser Abbildung gleich dem von den binomialen Polynomen zu in erzeugten Ideal ist. Diese werden auf abgebildet und gehören somit zum Kern.

Die andere Inklusion beweisen wir mittels einer Wohlordnung auf , z.B. der gradlexikographischen Ordnung. Zunächst besitzt jedes Element aus einen eindeutig bestimmten minimalem Repräsentanten aus . Wir beweisen die Inklusion

durch Induktion über die Wohlordnung, bezogen auf das Leitmonom zu einem Polynom . Der Induktionsanfang ist klar, da Monome und erst recht einzelne Variablen im Monoidring nicht sind. Sei

Wenn der kleinste Vertreter in seiner Äquivalenzklasse wäre, so könnte sich nicht mit anderen Termen in wegheben. Also ist mit einem kleineren Monom und somit kann man

schreiben. Der linke Summand gehört zum binomialen Ideal, der rechte Summand gehört zum Kern und gehört somit aufgrund der Induktionsvoraussetzung ebenfalls zum binomialen Ideal.


Die folgende Aussage knüpft an Lemma 5.3 an.


Es sei ein Körper, seien teilerfremde Zahlen und sei das zugehörige binomiale Polynom. Es sei das von und erzeugte Untermonoid.

Dann ist

Wir gehen vom Monoidhomomorphismus mit und aus. Das Bild ist das von und erzeugte Untermonoid von . Unter dieser Abbildung werden und auf das gleiche Element abgebildet. Wenn unter die beiden Paare und auf das gleiche Element abgebildet werden, so gilt und somit , wobei wir annehmen dürfen, dass die beiden Differenzen nichtnegativ sind. Wegen der Teilerfremdheit muss ein Vielfaches von und entsprechend sein. Doch dann ist

bzw.

Das bedeutet, dass die Äquivalenzrelation auf , die zu gehört, allein durch die eine Bedingung erzwungen wird. Es ist also

Das zugehörige binomiale Ideal ist und nach Lemma 6.12 ist




Das -Spektrum eines Monoidringes

Zu einem kommutativen Monoid und einem kommutativen Ring nennt man einen Monoidhomomorphismus

auch einen -wertigen Punkt von .

Ein -wertiger Punkt ist nach Satz 6.7 äquivalent zu einem - Algebrahomomorphismus von nach . Diese Sprechweise ist insbesondere im Fall eines Grundkörpers üblich. Dann haben wir also

Das bedeutet, dass hier das -Spektrum bereits auf der Ebene des Monoids eine einfache Beschreibung besitzt, die rein multiplikativ ist. Das impliziert, wie wir sehen werden, dass es für die -Spektren der Monoidringe im Allgemeinen eine viel übersichtlichere Beschreibung gibt als sonst. Man beachte allerdings, dass zur Definition der Zariski-Topologie und der Garbe der algebraischen Funktionen auf der Monoidring unverzichtbar ist.




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