Kurs:Maß- und Integrationstheorie/3/Klausur mit Lösungen

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Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Punkte 3 3 7 1 9 5 7 4 8 4 4 0 4 3 62




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Eine Topologie auf einer Menge .
  2. Ein Maß auf einem Messraum .
  3. Ein translationsinvariantes Maß auf .
  4. Der Limes inferior zu einer reellen Folge .
  5. Ein Banachraum.
  6. Die (komplexen) Fourierkoeffizienten zu einer -periodischen Funktion .


Lösung

  1. Eine Familie von Teilmengen von heißt Topologie auf , wenn die folgenden Axiome erfüllt sind:
    1. Es ist und .
    2. Sind und , so ist auch .
    3. Ist eine Indexmenge und für alle , so ist auch .
  2. Ein Prämaß auf nennt man ein Maß.
  3. Ein Maß auf heißt translationsinvariant, wenn für alle messbaren Teilmengen und alle Vektoren die Gleichheit

    gilt.

  4. Es sei die Menge der Häufungspunkte der Folge . Dann nennt man

    (eventuell ) den Limes inferior der Folge.

  5. Ein normierter - Vektorraum, der mit der zugehörigen Metrik ein vollständiger metrischer Raum ist, heißt Banachraum.
  6. Man nennt

    den -ten (komplexen) Fourierkoeffizienten.


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Der Eindeutigkeitssatz für Maße.
  2. Die Transformationsformel für Integrale zu einem -Diffeomorphismus

    wobei und

    offene Teilmengen des sind.
  3. Das Dichtheitskriterium für eine Teilmenge in einem - Hilbertraum .


Lösung

  1. Es sei ein Messraum und es sei ein durchschnittsstabiles Erzeugendensystem für . Es seien und zwei Maße auf , die auf übereinstimmen. Es gebe eine Ausschöpfung mit und mit . Dann ist
  2. Für eine messbare Funktion

    ist genau dann integrierbar auf , wenn die Hintereinanderschaltung auf integrierbar ist. In diesem Fall gilt

    wobei die Determinante des totalen Differentials bezeichnet.
  3. Es sei ein - Hilbertraum und eine Teilmenge. Dann erzeugt genau dann einen dichten Untervektorraum in , wenn die Eigenschaft

    für alle nur für

    gilt.


Aufgabe (7 (3+4) Punkte)

Der Flächeninhalt eines Quadrates mit Seitenlänge (das Einheitsquadrat) wird als festgelegt.

  1. Begründe, dass ein Rechteck, dessen Seitenlängen sind, den Flächeninhalt besitzt. Welche naheliegenden Gesetzmäßigkeiten für den Flächeninhalt werden dabei verwendet?
  2. Begründe, dass ein Rechteck, dessen Seitenlängen sind, den Flächeninhalt besitzt.


Lösung

  1. Wir betrachten Quadrate mit Seitenlänge . Wir legen -mal jeweils Quadrate in eine Reihe hintereinander und erhalten dadurch Rechtecke, die jeweils die Seitenlängen und haben und aus Quadraten bestehen. Diese Rechtecke setzt man derart zusammen, dass die -Seiten der Rechtecke aneinander liegen. Dadurch entsteht insgesamt ein Rechteck mit den Seitenlängen und . Da alle Quadrate verbraucht sind, ist der Flächeninhalt gleich . Man verwendet dabei, dass der Flächeninhalt der Quadrate sich nicht ändert, wenn sie ihre Lage in der Ebene ändern, und dass die Überschneidung der Kanten, die beim Zusammenlegen auftritt, für den Flächeninhalt unerheblich ist.
  2. Es sei unter Verwendung eines Hauptnenners und . Es ist

    Wie in Teil 1 können wir das Rechteck mit den Seitenlängen und mit Quadraten der Seitenlänge zusammensetzen. Daher ist der Flächeninhalt des Rechtecks das -Vielfache des Flächeninhaltes des Quadrates mit der Seitenlänge . Wenn wir solche Quadrate haben, so können wir diese zum Einheitsquadrat zusammen setzen. Daher muss wiederum der Flächeninhalt des Quadrates mit der Seitenlänge gleich sein. Der Flächeninhalt des Ausgangsrechtecks ist also

    und stimmt mit dem Produkt der Seitenlängen überein.


Aufgabe (1 Punkt)

Es sei

die lineare Projektion auf die erste Komponente. Man skizziere drei messbare Teilmengen derart an, dass ihr Flächeninhalt gleich bzw. bzw. ist und deren Bild in die Länge besitzt.


Lösung Lineare Projektion/Maß des Bildes/Aufgabe/Lösung


Aufgabe (9 (2+4+3) Punkte)

Aus einem Blatt Papier mit den Seitenlängen und cm sollen kreisförmige Konfettiplättchen mit einem Durchmesser von cm herausgestanzt werden.

a) Zeige, dass man höchstens Konfettiplättchen aus einem Blatt erhalten kann.

b) Zeige, dass man mindestens Konfettiplättchen aus einem Blatt erhalten kann.

c) Der geniale Narr Karl-Heinz kommt auf die Idee, das Blatt insgesamt neunmal zu falten, wobei jeweils die längere Seite halbiert wird. Anschließend wird das entstandene Bündel gestanzt. Wie viele Plättchen kann man mit dieser Methode erhalten?


Lösung

a) Die Fläche der Plättchen ist (alle Flächenangaben sind in Quadratzentimetern)

Dies liegt zwischen

Da das Blatt Quadratzentimetern Fläche besitzt, kann man aus Materialgründen maximal

also allerhöchstens Plättchen erhalten.

b) Wir ordnen auf dem Blatt die Kreise aneinanderliegend in Reihen an, wobei wir das Blatt im Hochformat nehmen. Die geraden Reihen werden um cm nach rechts verschoben, um die Zwischenräume besser aufzufüllen. Die Reihen erhalten dann abwechselnd bzw. Kreise. Der vertikale Abstand der Kreismittelpunkte zwischen zwei benachbarten Reihen ist

Dabei ist

und

Somit gibt es mindestens

also mindestens Reihen. Mit dieser Methode erhält man

Plättchen.

c) Bei den neun Halbierungen wird die längere Seite fünfmal und die kürzere Seite viermal halbiert. Die entstehenden Längen des Bündels ergeben sich aus

und aus

Nach der in b) beschriebenen Methode (wobei man das Bündel im Querformat nimmt) kann man wegen

zwei Reihen mit je zwei Kreisen platzieren ( kann man sicher nicht rausstanzen). Insgesamt ergeben sich so

Konfettiplättchen.


Aufgabe (5 Punkte)

Wir betrachten das von den beiden Vektoren und erzeugte Parallelogramm . Man gebe ein explizites achsenparalleles Quadrat (mit positivem Flächeninhalt) an, dass ganz in liegt.


Lösung

Die inverse Matrix zu ist . Somit ist

und

Wir betrachten den Mittelpunkt des Parallelogramms,

Wir setzen

Dann ist das achsenparallel Quadrat mit als Eckpunkt unten links und als Seitenlänge ganz in dem Parallelogramm enthalten. Es gilt nämlich für einen Punkt daraus

Wegen sind die Koeffizienten bezüglich der vorgegebenen Vektoren zwischen und .


Aufgabe (7 Punkte)

Es sei ein Messraum und es sei

() eine Folge von messbaren Funktionen, wobei die - Algebra der Borelmengen trägt. Es sei . Zeige, dass die Menge

eine messbare Teilmenge von ist.


Lösung

Die Folge besitzt genau dann als einen Häufungspunkt, wenn es zu jedem unendlich viele Folgenglieder in gibt. Dies ist äquivalent dazu, dass es zu jedem und jedem ein gibt mit

Wir definieren

Mit dieser Bezeichnung ist

Die Menge ist das Urbild des abgeschlossenen Intervalls unter der messbaren Abbildung , also messbar. Daher ist für jedes die abzählbare Vereinigung messbar. Somit sind auch die abzählbaren Durchschnitte und messbare Teilmengen.


Aufgabe (4 Punkte)

Beweise die allgemeine Transformationsformel für Integrale.


Lösung

Für nichtnegatives ergibt sich dies unter Verwendung von Aufgabe 5.6 (Maß- und Integrationstheorie (Osnabrück 2022-2023)) und Aufgabe 9.1 (Maß- und Integrationstheorie (Osnabrück 2022-2023)) aus

Daraus ergibt sich auch der allgemeine Fall.


Aufgabe (8 Punkte)

Beweise den Satz von der majorisierten Konvergenz.


Lösung

Die Majorante sichert nach Lemma 9.5 (Maß- und Integrationstheorie (Osnabrück 2022-2023)), dass die integrierbar sind; da diese Abschätzung auch für die Grenzfunktion gilt, ist diese ebenfalls integrierbar. Wir wenden das Lemma von Fatou auf die beiden nichtnegativen Funktionenfolgen und an und erhalten unter Verwendung der Linearität einerseits

und andererseits

Zusammenfassend ergibt sich

Daher stimmt der Limes inferior von mit dem Limes superior davon überein und somit ist dies nach Aufgabe 10.4 (Maß- und Integrationstheorie (Osnabrück 2022-2023)) gleich dem Limes von .


Aufgabe (4 Punkte)

Bestimme das Volumen des Rotationskörpers, der entsteht, wenn man den Graphen der Funktion

um die -Achse rotieren lässt.


Lösung

Das Volumen des Rotationskörpers ist gemäß der Formel gleich


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei eine reelle Zahl und ein Maßraum. Zeige, dass die Menge der - integrierbaren Funktionen ein - Vektorraum ist.


Lösung

Es ist

Daher ist

Wenn also und beide - integrierbar sind, so ist auch ihre Summe -integrierbar. Die skalare Verträglichkeit ist trivial.


Aufgabe (0 Punkte)


Lösung /Aufgabe/Lösung


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei und . Zeige, dass ein trigonometrisches Polynom höchstens Nullstellen in besitzt.


Lösung

Wir betrachten die Faktorisierung

mit

und der rationalen Funktion

Da eine Bijektion zwischen und stiftet, besitzt in dem Intervall genau dann eine Nullstelle, wenn auf dem Einheitskreis eine Nullstelle besitzt. Wir schreiben

Das Polynom im Zähler besitzt den Grad und die Nullstellen von hängen allein von diesem Polynom ab, die Aussage folgt somit aus Fakt *****.


Aufgabe (3 Punkte)

Bestimme ein lineares Polynom , das im Lebesgueraum senkrecht auf der Exponentialfunktion steht.


Lösung

Mit partieller Integration ist

Die Orthogonalitätsbedingung und die Normierung führt auf

ein orthogonales Polynom ist also .