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Kurs:Mathematik für Anwender/Teil II/15/Klausur mit Lösungen

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Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Punkte 3 3 5 4 5 5 3 9 6 5 4 5 7 64




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Ein Anfangswertproblem auf einer offenen Teilmenge zu einer Funktion
  2. Der Grenzwert einer Abbildung

    in , wobei metrische Räume sind, eine Teilmenge und ein Berührpunkt von ist.

  3. Das Wegintegral zu einem stetigen Vektorfeld längs eines stetig differenzierbaren Weges .
  4. Eine Bilinearform auf einem - Vektorraum .
  5. Die partielle Differenzierbarkeit einer Funktion .
  6. Ein regulärer Punkt einer differenzierbaren Abbildung

    zwischen endlichdimensionalen reellen Vektorräumen.


Lösung

  1. Man nennt

    das Anfangswertproblem zur gewöhnlichen Differentialgleichung mit der Anfangsbedingung .

  2. Das Element heißt Grenzwert von in , wenn es für jedes ein gibt mit der folgenden Eigenschaft: Für jedes ist .
  3. Das Wegintegral ist
  4. Eine Abbildung

    heißt Bilinearform, wenn für alle die induzierten Abbildungen

    und für alle die induzierten Abbildungen

    - linear sind.

  5. Die Funktion heißt partiell differenzierbar, wenn sie in jedem Punkt partiell differenzierbar ist.
  6. Der Punkt heißt regulär, wenn

    ist.


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Das Lösungsverfahren für eine inhomogene lineare Differentialgleichung in oberer Dreiecksgestalt.
  2. Der Trägheitssatz von Sylvester.
  3. Das Cavalieri-Prinzip.


Lösung

  1. Es sei ein offenes Intervall und es liege eine inhomogene lineare gewöhnliche Differentialgleichung der Form

    mit stetigen Funktionen und und den Anfangsbedingungen

    vor. Dann lässt sich diese Gleichung lösen, indem man sukzessive unter Verwendung der zuvor gefundenen Lösungen die inhomogenen linearen gewöhnlichen Differentialgleichungen in einer Variablen, nämlich

    löst.
  2. Es sei ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum mit einer symmetrischen Bilinearform vom Typ . Dann ist die Gramsche Matrix von bezüglich einer jeden Orthogonalbasis eine Diagonalmatrix mit positiven und negativen Einträgen.
  3. Es sei eine kompakte Teilmenge und es sei vorausgesetzt, dass die Funktion

    stetig ist. Dann ist


Aufgabe (5 Punkte)

Beweise den Satz über das Lösungsverfahren für homogene lineare gewöhnliche Differentialgleichungen.


Lösung

Zunächst gibt es eine Stammfunktion von aufgrund von Korollar 19.5 (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)), sodass die angegebenen Funktionen existieren.
Durch Ableiten bestätigt man direkt, dass diese Funktionen wirklich Lösungen sind.
Es sei eine beliebige Lösungsfunktion. Wir betrachten den Quotienten

sodass aufgrund von Lemma 19.6 (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)) der Quotient konstant sein muss, woraus die Behauptung folgt.
Die Bedingung legt den Skalar eindeutig fest.


Aufgabe (4 (1+1+1+1) Punkte)

Es seien und zwei Punkte im . Bestimme den Abstand zwischen diesen beiden Punkten in

a) der euklidischen Metrik,

b) der Summenmetrik,

c) der Maximumsmetrik.

d) Vergleiche diese verschiedenen Abstände der Größe nach.


Lösung

Die Abstände der einzelnen Koordinaten sind

und

a) Der euklidische Abstand ist somit

b) In der Summenmetrik ist der Abstand

c) Es ist

daher ist der Abstand in der Maximumsmetrik gleich .

d) Wir behaupten, dass der Maximumsabstand kleiner dem euklidischen Abstand und dass dieser kleiner dem Summenabstand ist. Um dies zu sehen bringt man die drei Zahlen auf den Hauptnenner und muss dann für die Zähler

zeigen. Wegen und ist das klar.


Aufgabe (5 Punkte)

Beweise die Mittelwertabschätzung für differenzierbare Kurven.


Lösung

Wenn ist, so ist die Aussage trivialerweise richtig. Es sei also . Dann ist nach dem Schmidtschen Orthonormalisierungsverfahren Teil einer Orthonormalbasis von . Es seien die Komponentenfunktionen von bezüglich dieser Basis. Wir wenden den Mittelwertsatz für eine Variable auf die erste Komponentenfunktion an. Es gibt also ein mit der Eigenschaft

und damit auch

Da man die Längenmessung mit jeder Orthonormalbasis durchführen kann, gilt


Aufgabe (5 Punkte)

Es sei

ein lineares Differentialgleichungssystem auf ( ein reelles Intervall) mit einer Funktionenmatrix

wobei das zugrunde liegende Vektorfeld zugleich ein Zentralfeld sei. Zeige, dass die Matrix die Gestalt

mit einer geeigneten Funktion

besitzt.


Lösung

Es sei ein Zeitpunkt fixiert. Das Vektorfeld wird zu diesem Zeitpunkt durch die Matrix

beschrieben. Da es sich um ein Zentralfeld handelt, ist für jeden Vektor der Vektor linear abhängig zu . Dies bedeutet, dass jeder Vektor ein Eigenvektor zur Matrix ist. Dies kann aber nur sein, wenn überhaupt nur ein Eigenwert vorkommt. Es ist also und man kann durch

definieren.


Aufgabe (3 Punkte)

Der sei mit der Standard-Minkowski-Form versehen. Zeige, dass zu jedem Beobachtervektor die Raumkomponente des Beobachters die Spiegelung seiner Zeitkomponente an der Hauptdiagonalen ist.


Lösung

Die Raumkomponente des Beobachters mit der Bewegungsgeraden ist und seine Zeitkomponente ist . Dazu Senkrecht zu bezüglich der Minkowski-Form ist , da ja

gilt. Beim Übergang von zu werden die Komponenten vertauscht, und genau dies passiert auch bei der Achsenspiegelung an der Hauptdiagonalen.


Aufgabe (9 (4+5) Punkte)

Es sei

  1. Bestimme die kritischen Punkte und Extrema von .
  2. Bestimme für jeden kritischen Punkt von und jede Gerade durch , ob längs dieser Geraden in lokale Extrema besitzt.


Lösung

  1. Es ist

    Um die kritischen Punkte zu finden setzt man diese beiden Funktionen gleich . Das bedeutet

    und

    Es ist also

    und daher gibt es die beiden kritischen Punkte

    Die Hesse-Matrix ist

    In ist dies

    wobei der erste Minor und die Determinante ist. Also liegt nach [[Zweimal stetig differenzierbare Funktion/Definitheit der Hesse-Form/Extrema/Fakt|Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)/Zweimal stetig differenzierbare Funktion/Definitheit der Hesse-Form/Extrema/Fakt/Faktreferenznummer (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024))]] kein lokales Extremum vor. In ist die Hesse-Matrix

    die Minoren sind und daher ist die Matrix positiv definit und es liegt ein lokales Minimum vor, das auch ein globales Minimum ist.

  2. Da in ein globales Minimum vorliegt, gilt dies auch für die Einschränkung der Funktion auf jede Gerade durch diesen Punkt. Betrachten wir also den Nullpunkt . Eine Gerade durch diesen Punkt wird durch

    mit , , beschrieben. Die eingeschränkte Funktion auf eine solche Gerade ist durch

    gegeben. Die Ableitungen davon sind

    und

    Im Nullpunkt ist dabei

    und

    Bei und liegt längs dieser Geraden ein lokales Minimum vor. Ebenso bei und . Bei und und bei und liegt ein lokales Maximum vor. Bei ist , die beiden ersten Ableitungen sind und die dritte nicht, daher liegt nach Satz 17.4 (Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)) kein lokales Extremum vor. Bei und liegt aus dem gleichen Grund kein lokales Extremum vor.


Aufgabe (6 (1+1+1+3) Punkte)

Wir betrachten die Abbildung

  1. Bestimme die Jacobi-Matrix zu in einem Punkt .
  2. Berechne die Jacobi-Determinante von in einem Punkt .
  3. Begründe, dass in einer offenen Umgebung des Punktes einen Diffeomorphismus beschreibt.
  4. Bestimme die Jacobi-Matrix der Umkehrabbildung im Punkt .


Lösung

Wir betrachten die Abbildung

  1. Die Jacobi-Matrix zu in ist
  2. Die Jacobi-Determinante von in ist
  3. Die Jacobi-Determinante von in ist . Daher ist das totale Differential in diesem Punkt invertierbar und nach dem Satz über die Umkehrabbildung gibt es eine offene Umgebung von , worauf ein Diffeomorphismus vorliegt.
  4. Die Jacobi-Matrix von in ist

    Die Jacobi-Matrix der Umkehrabbildung in ist die inverse Matrix dazu. Das Invertierungsverfahren ergibt


    Die Jacobi-Matrix der Umkehrabbildung ist somit


Aufgabe (5 Punkte)

Es sei

Begründe, ob die Abbildung

injektiv ist oder nicht.


Lösung

Die Abbildung ist nicht injektiv. Um dies zu zeigen, weisen wir nach, dass es verschiedene Zahlen mit

gibt. Für ein solches Paar ist dann

Die Bedingung bedeutet

und ist wegen der Injektivität der Exponentialfunktion äquivalent zu

was wiederum auf

führt. Die Abbildung

ist stetig und hat in eine Nullstelle, ist für positiv und konvergiert für gegen . Somit nimmt die Funktion in einem Punkt ihr Maximum an (übrigens ist ). Für jedes gibt es dann nach dem Zwischenwertsatz ein mit

und ein mit

Da es unendlich viele gibt, kann man auch sichern.


Aufgabe (4 (1+3) Punkte)

Wir betrachten das Vektorfeld

mit

Zeige auf zweifache Weise, dass kein Gradientenfeld ist.

  1. Mit der Integrabilitätsbedingung.
  2. Mit Wegintegralen.


Lösung

  1. Es ist

    und

    Daher ist die Integrabilitätsbedingung nicht erfüllt und es kann kein Gradientenfeld vorliegen.

  2. Wir betrachten Wegintegrale mit dem Anfangs- und Endpunkt , in einem Gradientenfeld ist für solche geschlossenen Wege das Wegintegral gleich . Wir betrachten den Weg

    Das Wegintegral dazu ist

    Der Integrand ist hier stets negativ und daher ist auch das Integral negativ und nicht . Also ist kein Gradientenfeld.


Aufgabe (5 Punkte)

Die rechteckige Grundseite (Unterseite) eines Bootes (unter Wasser) habe die Breite und die Länge , die (ebenfalls rechteckige) Deckseite (Oberseite) habe die Breite und die Länge , wobei die Seiten parallel zueinander seien und den Abstand besitzen. Die vier übrigen Seiten seien ebene Verbindungen zwischen Ober- und Unterseite. Das Boot wiegt mit Besatzung, aber ohne Ladung . Der Tiefgang des Bootes soll maximal betragen. Mit welcher Masse kann das Boot maximal beladen werden?


Lösung

Wir berechnen zuerst die Länge und die Breite der Querschnittsebene des Bootes zu einer Höhe über der Grundseite. Für die Länge gilt

da die Abhängigkeit von der Höhe linear ist. Für die Breite gilt

Daher ist der Flächeninhalt der Querschnittsfläche gleich

Nach dem Cavalieri-Prinzip ist daher das Volumen (in Kubikmetern) des Bootes von der Grundseite bis zur Höhe gleich

Für ergibt sich

in Kubikmetern. Der Auftrieb ist gleich dem Gewicht des verdrängten Wasservolumens. Also darf das Schiff maximal Tonnen wiegen, sodass es eine Ladung von Tonnen befördern kann.


Aufgabe (7 (3+4) Punkte)

Dr. Eisenbeis und Prof. Knopfloch haben einen runden Kuchen mit einem Durchmesser von cm gebacken und ihn in gleich große Kuchenstücke aufgeteilt. Am übernächsten Tag ist leider nur noch ein Stück übrig, das sie gerecht aufteilen möchten. Da Dr. Eisenbeis den Rand nicht mag, halbieren sie nicht den Winkel, sondern sie teilen so, dass die eine Hälfte ein gleichschenkliges Dreieck wird.

  1. Wie lang ist die Schnittkante?
  2. Liegt der Schwerpunkt des Kuchenstücks auf der Schnittkante? Falls nein, wer isst den Schwerpunkt?

Tipp: Bei einen gleichschenkligen Dreieck mit dem Winkel Grad ist das Verhältnis von Grundfläche zu Schenkellänge gleich . Vergleiche mit dem Schwerpunkt des gleichschenkligen Dreiecks, das entsteht, wenn man das Kuchenstück zu einem gleichschenkligen Dreieck auffüllen würde, also den runden Rand durch eine im Randmittelpunkt tangentiale gerade Strecke ersetzt. Bei einem Dreieck mit den Ecken liegt der Schwerpunkt in .


Lösung

  1. Die Grundfläche des Kuchenstücks ist . Deshalb soll der Inhalt des gleichschenkligen Dreiecks die Hälfte davon sein. Der Flächeninhalt des gleichschenkligen Dreiecks mit dem Winkel Grad und Schenkellänge (mit Höhe und Grundseite ) ist
    Die Bedingung

    führt auf

    Für die Länge der Schnittkante ergibt sich

  2. Wir behaupten, dass sogar der Schwerpunkt des gleichschenkligen Dreiecks, das entsteht, wenn man das Kuchenstück auffüllt, auf der Eisenbeishälfte liegt. Dies gilt dann erst recht für den Schwerpunkt des Kuchenstücks. Die Kuchenspitze liege im Nullpunkt und die Höhe des gleichschenkligen Dreiecks sei die -Achse. Die Höhe der Schnittkante liegt nach Teil (1) auf

    Die Höhe des Schwerpunktes des aufgefüllten Dreiecks ist (wie bei jedem Dreieck, vergleiche [[Dreieck/Seitenhalbierende/Schnittpunkt/Fakt|Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)/Dreieck/Seitenhalbierende/Schnittpunkt/Fakt/Faktreferenznummer (Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025))]]) gleich . Wir behaupten

    was zu

    bzw. zu

    bzw. zu

    äquivalent ist. Wegen und gilt in der Tat