Kurs:Bündel, Garben und Kohomologie (Osnabrück 2019-2020)/Vorlesung 25
- Garbenkohomologie
Zu einer Garbe von kommutativen Gruppen auf einem topologischen Raum nennt man den rechtsabgeleiteten Funktor zum globalen Auswertungsfunktor die -te Garbenkohomologie von auf . Sie wird mit
bezeichnet.
Es sei ein topologischer Raum. Dann erfüllt die Garbenkohomologie folgende Eigenschaften.
- Die sind (für jedes ) additive Funktoren von der Kategorie der Garben von kommutativen Gruppen auf in die Kategorie der abelschen Gruppen.
- Es liegt ein natürlicher Isomorphismus vor.
- Zu einer kurzen exakten Garbensequenz
gibt es eine lange exakte Kohomologiesequenz
Dies ist ein Spezialfall von Satz 24.7.
Es ist im Allgemeinen schwierig, Kohomologiegruppen zu berechnen. Wir listen einige grundsätzliche Berechnungsmöglichkeiten auf.
- Verschwindungssätze: Man zeigt, dass für gewisse Räume, gewisse Garben und gewisse Indizes die Kohomologiegruppen sind. Wenn in der langen exakten Kohomologiesequenz an gewissen Stellen eine steht, so bedeutet dies, dass zuvor eine surjektive Abbildung und danach eine injektive Abbildung steht.
- Statt mit injektiven Garben kann man mit anderen azyklischen (beispielsweise welken) Garben arbeiten.
- Interpretation von als klassifizierende Gruppe für gewisse geometrische Objekte (Picardgruppe).
- Wenn die Garben Moduln auf einem beringten Raum sind, so besitzen auch die Kohomologiegruppen die Struktur von Moduln über dem globalen Schnittring (siehe Lemma 25.5). Wenn dieser ein Körper ist (was insbesondere für zusammenhängende projektive Varietäten der Fall ist), so sind die Kohomologiegruppen sogar Vektorräume. Im endlichdimensionalen Fall sind die Dimensionen wichtige Invarianten.
- Vergleich der Kohomologie auf mit der Kohomologie auf einer offenen Teilmenge.
- Vergleich mit anderen Kohomologietheorien: Čech-Kohomologie, singuläre Kohomologie, simpliziale Kohomologie.
Eine welke Garbe auf einem topologischen Raum
ist azyklisch, d.h. es ist für .
Nach Lemma 23.13 gibt es eine Einbettung von in eine injektive Garbe , wir betrachten die zugehörige kurze exakte Garbensequenz
Nach Lemma 23.16 ist eine welke Garbe. Dann ist nach Lemma 23.15 (2) auch die Quotientengarbe welk. Die lange exakte Kohomologiesequenz ergibt unter Verwendung von Satz 24.8 einerseits
und andererseits
für . Aus dem ersten Ausschnitt folgt wegen der Surjektivität (siehe Lemma 23.15 (1)) von
dass ist. Dies gilt für alle welke Garben. Daher gilt aufgrund des zweiten Ausschnittes, angewendet für , auch , u.s.w.
Es sei eine topologische Gruppe und ein topologischer Raum. Wir betrachten die Garbe der stetigen Abbildungen nach , also , mit
Es gibt eine natürliche Inklusion von Garben
und somit eine kurze exakte Garbensequenz
Hierbei ist die Abbildungsgarbe in der Mitte welk, da man ja jede Abbildung auf eine größere Menge fortsetzen kann. Daher ist
nach Lemma 25.3 und somit beginnt die lange exakte Kohomologiesequenz mit
Jede erste Kohomologieklasse zu wird also durch ein globales Element der Quotientengarbe repräsentiert, und zwei solche Repräsentanten definieren genau dann die gleiche Klasse, wenn ihre Differenz von einer Abbildung von nach herrührt. Wie bei jeder Quotientengarbe wird gemäß Lemma 5.9 (1) ein globales Element durch eine offene Überdeckung und Schnitte (also Abbildungen ) repräsentiert mit der Eigenschaft, dass die Differenzen von der Untergarbe herkommen, also stetige Funktionen auf sind. Ein solches Element rührt nach Lemma 5.9 (2) genau dann von links her (und geht auf die triviale Kohomologieklasse), wenn es eine Funktion mit der Eigenschaft gibt, dass die Differenzen für alle stetig sind. In diesem Fall ist auf
Wenn es umgekehrt eine solche Familie von stetigen Funktionen auf gibt, deren Differenzen mit den vorgegebenen Differenzen übereinstimmen, so kann man daraus über
auf , da dies eine verträgliche Bedingung ist, eine globale Funktion auf definieren. Die erste Kohomologiegruppe der Garbe der stetigen Funktionen ist somit genau dann trivial, wenn es zu jeder Familie mit stetig eine Familie mit stetigen Funktionen und den gleichen Differenzen gibt.
Es sei ein beringter Raum und ein - Modul.
Dann sind die Garbenkohomologien in natürlicher Weise - Moduln.
Jedes Element definiert einen - Modulhomomorphismus
wobei auf jeder offenen Menge die Restriktion von auf durch Multiplikation als Skalar wirkt, also
Die Multiplikation mit ist insbesondere ein Homomorphismus von Garben von kommutativen Gruppen. Aufgrund der Funktorialität (siehe Korollar 25.2) der Garbenkohomologie induziert dies einen Gruppenhomomorphismus
Wir müssen zeigen, dass die Zuordnung
eine Modulstruktur auf festlegt. Da ein Gruppenhomomorphismus vorliegt, ist die Additivität im Modul gesichert. Wegen der Funktorialität geht die auf die Identität (zuerst als Garbenhomomorphismus und dann in der Kohomologie) und wegen der Verträglichkeit mit der Verknüpfung ist
Für globale Ringelemente ist die Skalarmultiplikation (auf der Ebene der Modulgarben) mit gleich der Summe der Skalarmultiplikationen zu und zu . Da die additive Funktoren sind, gilt daher auch
- Kohomologie auf Schemata
Wir betrachten nun die Kohomologie von Garben auf Schemata.
Es sei ein integres Schema mit dem Funktionenkörper , den wir als konstante Garbe auf auffassen.
Dann ist
Da insbesondere irreduzibel ist, ist die konstante Prägarbe zu eine Garbe. Wegen Lemma 11.16 gibt es einen injektiven Garbenhomomorphismus
und somit eine kurze exakte Garbensequenz
Die zugehörige lange exakte Kohomologiesequenz lautet
Als konstante Garbe ist welk und somit nach Lemma 25.3 azyklisch und insbesondere gilt
Also ist der Kokern der zuvor stehenden Abbildung.
Wir betrachten die kurze exakte Sequenz von - Moduln
und die zugehörige, nach Lemma 14.9 exakte Sequenz von quasikohärenten Garben
Insbesondere gilt
und ist die konstante Garbe zum Funktionenkörper. Die globale Auswertung dieseer Garbensequenz ergibt die Ausgangssequenz. Aus Lemma 25.6 folgt die Aussage.
Wir betrachten die punktierte affine Ebene
über einem Körper und wollen mit Hilfe von Lemma 25.7 verstehen. Der Funktionenkörper ist , wir bezeichnen die zugehörige konstante Garbe mit . Die lange exakte Kohomologiesequenz beginnt
Es ist . Wir betrachten Schnitte von der Form mit . Der Schnitt wird also auf durch die rationale Funktion und auf durch die rationale Funktion festgelegt. Da die Differenz, also einfach , zur Strukturgarbe auf dem Durchschnitt gehört, liegt in der Tat ein Schnitt der Quotientengarbe vor, vergleiche Lemma 5.9. Wir bestimmen, abhängig von und , ob dieser Schnitt im Bild liegt, was äquivalent zur Frage ist, ob dieser Schnitt ein triviales Element in der ersten Kohomologie definiert. Dass es von links herkommt bedeutet, dass es eine rationale Funktion gibt, das mit dem Schnitt übereinstimmt, und das bedeutet wiederum, dass die Differenz auf bzw. von der Strukturgarbe herkommt, es muss also gleichzeitig und sein. Die zweite Bedingung bedeutet
und die erste Bedingung bedeutet
Es geht also um die Frage, ob die Gleichung
eine Lösung (mit und besitzt). Wenn oder ist, so ist dies möglich. Wenn hingegen sind, so ist dies nicht möglich, da ja die rechte Seite gleich ist. Multiplikation mit zeigt die Unmöglichkeit, da das Ideal nur Monome enthält, die Vielfache der einzelnen Erzeuger sind.
Wir knüpfen an Beispiel 16.9 an, d.h. wir betrachten auf dem Polynomring mit und die kurze exakte Sequenz
Die Einschränkung der zugehörigen Garbensequenz auf den punktierten Raum ist
Die Auswertung dieser Garbensequenz auf ergibt
Da das Bild der Abbildung nach wir vor das maximale Ideal, ist diese Abbildung nicht surjektiv und es folgt, dass ist.
Es sei ein integres Schema mit dem Funktionenkörper . Es sei die Garbe der Einheiten auf und es sei die konstante Garbe zu .
Dann ist
Beweis
Wir erwähnen ohne Beweis die folgenden wichtigen Sätze.
Es sei ein noethersches Schema. Dann sind die folgenden Eigenschaften äquivalent.
- ist ein affines Schema.
- Für jede quasikohärente Garbe auf ist
- Für jede kohärente Idealgarbe auf ist .
Es sei ein noetherscher topologischer Raum der Dimension .
Dann ist für und jede Garbe von kommutativen Gruppen.
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