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Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2017-2018)/Teil I/Vorlesung 26/kontrolle

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„Durch starkes Denken kann man ein Kamel zu Fall bringen.“

Für die weitere Untersuchung von linearen Abbildungen und speziell trigonalisierbaren Abbildungen müssen wir noch eine wichtige Gesetzmäßigkeit im Polynomring über einem Körper besprechen, das Lemma von Bezout.



Das Lemma von Bezout

Wir erinnern daran, dass ein Polynom ein Polynom teilt, wenn es ein Polynom mit

gibt. Dies entspricht der Teilbarkeitsbeziehung von ganzen Zahlen. Von dort ist auch das Konzept von einem größten gemeinsamen Teiler bekannt.


Es seien Polynome über einem Körper . Man sagt, dass ein Polynom ein gemeinsamer Teiler der gegebenen Polynome ist, wenn jedes teilt.


Es seien Polynome über einem Körper . Man sagt, dass ein Polynom ein größter gemeinsamer Teiler der gegebenen Polynome ist, wenn ein gemeinsamer Teiler der ist und wenn unter allen gemeinsamen Teilern der maximalen Grad besitzt.

Ein größter gemeinsamer Teiler ist nicht eindeutig bestimmt, da mit auch für eine Konstante ein größter gemeinsamer Teiler ist. Wenn man sich allerdings auf normierte Polynome beschränkt, so ist der größter gemeinsame Teiler eindeutig bestimmt.


Polynome über einem Körper heißen teilerfremd, wenn sie außer den Konstanten keine gemeinsamen Teiler besitzen.



Satz  Satz 26.4 ändern

Es sei ein Körper und seien Polynome über . Es sei ein größter gemeinsamer Teiler der .

Dann gibt es eine Darstellung

mit .

Wir betrachten die Menge aller Linearkombinationen

Dies ist ein Ideal von , wie man direkt überprüft. Nach Satz 20.10 ist dieses Ideal ein Hauptideal, also

mit einem gewissen Polynom . Es ist ein gemeinsamer Teiler der . Wegen ist nämlich

d.h. ist ein Teiler von jedem . Aufgrund einer ähnlichen Überlegung ist

für alle und damit auch

Also ist

Da nach Voraussetzung den maximalen Grad unter allen gemeinsamen Teilern besitzt, muss eine Konstante sein. Also ist

und insbesondere . Also ist eine Linearkombination der .



Es sei ein Körper und seien teilerfremde Polynome über .

Dann gibt es eine Darstellung

mit .

Dies folgt direkt aus Satz 26.4.


Zu gegebenen Polynomen lässt sich sowohl der größte gemeinsame Teiler bestimmen als auch eine Darstellung

wie in Satz 26.4 explizit angegeben. Dazu kann man sich auf beschränken. Es sei der Grad von mindestens so groß wie der Grad von . Die Division mit Rest liefert

mit einem Restpolynom, dessen Grad kleiner als der Grad von ist bzw. das ist. Entscheidend ist, dass die Ideale

und damit der größte gemeinsame Teiler von und und von und übereinstimmen. Nun führt man die Division mit Rest durch, bei der durch mit dem Rest geteilt wird, wobei wiederum das Ideal mit dem Ausgangsideal übereinstimmt. So erhält man eine Folge von Restpolynomen

wobei zwei benachbarte Reste das gleiche Ideal erzeugen. Es ist dann (also der letzte von verschiedene Rest) der größte gemeinsame Teiler von und . Eine Darstellung von als Linearkombination der erhält man, indem man die Gleichungen, die die Division mit Rest beschreiben, von unten nach oben zurückarbeitet.


Das in der vorstehenden Bemerkung beschriebene Verfahren heißt euklidischer Algorithmus. Es gilt entsprechend auch für ganze Zahlen.


Beispiel  Beispiel 26.7 ändern

Wir möchten den größten gemeinsamen Teiler für die beiden Polynome und aus berechnen. Dazu führt man die Division mit Rest durch und erhält

Daher sind die beiden Polynome teilerfremd. Eine Darstellung der ist


Wir erwähnen noch das Lemma von Bezout für die ganzen Zahlen.


Jede Menge von ganzen Zahlen

besitzt einen größten gemeinsamen Teiler , und dieser lässt sich als Linearkombination der darstellen, d.h. es gibt ganze Zahlen mit

Insbesondere gibt es zu teilerfremden ganzen Zahlen eine Darstellung der .

Beweis

Siehe Aufgabe 26.10.




Haupträume

Wir wollen weiterhin untersuchen, inwiefern man trigonalisierbare Abbildungen durch Matrizen beschreiben kann, die nicht nur obere Dreiecksgestalt haben, sondern darüber hinaus noch weitere einfache Eigenschaften erfüllen. Dafür gehen wir zwei Schritte. In dieser Vorlesung werden wir eine trigonalisierbare Abbildung als direkte Summe von Abbildungen auf Haupträumen darstellen. In den nächsten beiden Vorlesungen werden wir die Endomorphismen auf den Haupträume selbst studieren.


Zu einer linearen Abbildung auf einem - Vektorraum und einem Eigenwert nennt man

den Hauptraum zu zu diesem Eigenwert.

Wenn endlichdimensional ist, so wird die Kette

stationär, d.h. es gibt ein mit

Haupträume sind nach Aufgabe 26.28 invariant unter der linearen Abbildung. Es gilt nach Definition

wobei für diagonalisierbares Gleichheit gilt, siehe Aufgabe 26.22. Trigonalisierbare Abbildungen werden wir über ihre Haupträume verstehen.



Lemma  Lemma 26.10 ändern

Es sei eine lineare Abbildung auf einem endlichdimensionalen - Vektorraum und sei

eine Faktorzerlegung des charakteristischen Polynoms in teilerfremde Polynome .

Dann gilt die direkte Summenzerlegung

wobei diese Räume - invariant sind. Die Einschränkung von auf den ist bijektiv.

Nach dem Lemma von Bezout gibt es Polynome mit

Es sei und . Es sei . Nach dem Satz von Cayley-Hamilton ist

und somit gehört das Bild von zum Kern von und umgekehrt. Aus

kann man ablesen, dass der linke Summand zu und der rechte Summand zu gehört. Es liegt also eine Summenzerlegung vor, die direkt ist, da aus sofort folgt. Für die - Invarianz der Räume siehe Aufgabe 26.28. Zu ist

d.h. es gilt und somit ist die Einschränkung von auf den Kern von surjektiv, also bijektiv.



Wir betrachten die Permutationsmatrix

über , das charakteristische Polynom ist

wobei die beiden Faktoren teilerfremd sind. Wir überprüfen Lemma 26.10 an diesem Beispiel. Es ist

mit

und

mit

Es ist

Ferner ist

und

woraus man ablesen kann, dass die Einschränkung von auf bijektiv ist. Die Darstellung der aus Beispiel 26.7 führt zur Matrixgleichung




Satz  Satz 26.12 ändern

Es sei

ein Endomorphismus auf dem endlichdimensionalen - Vektorraum und sei .

Dann ist die Dimension des Hauptraumes gleich der algebraischen Vielfachheit von .

Wir schreiben das charakteristische Polynom zu als

wobei in nicht als Linerarfaktor vorkommt, d.h. ist die algebraische Vielfachheit von . Dann sind und teilerfremd und nach Lemma 26.10 ist dann

und

ist eine Bijektion. Es ist ferner

wobei die Inklusion klar ist und die andere Inklusion sich daraus ergibt, dass höhere Potenzen von wegen der eben erwähnten Bijektivität auf keine weiteren Elemente annullieren. Für das charakteristische Polynom gilt wegen der direkten Summenzerlegung nach Lemma 23.7 die Beziehung

wobei das charakteristische Polynom zu und das charakteristische Polynom zu ist. Da auf die Nullabbildung ist, ist das Minimalpolynom zu und damit auch das charakteristische Polynom eine Potenz von , sagen wir

wobei

sei. Insbesondere ist somit , da ein Teiler von ist. Bei müsste eine Nullstelle von sein und wäre ein Eigenwert von . Dies ist aber ein Widerspruch dazu, dass auf diesem Raum eine Bijektion ist.



Zu einer linearen Abbildung auf einem endlichdimensionalen - Vektorraum und zwei Eigenwerten

haben die zugehörigen Haupträume den Durchschnitt , also

Das charakteristische Polynom von sei

wobei in weder noch eine Nullstelle sei. Nach Satz 26.12, angewendet auf , ist

Wegen folgt daraus sofort



Satz  Satz 26.14 ändern

Es sei

ein trigonalisierbarer - Endomorphismus auf dem endlichdimensionalen - Vektorraum .

Dann ist die direkte Summe der Haupträume, also

wobei die verschiedenen Eigenwerte zu durchläuft, und ist die direkte Summe der Einschränkungen

auf den Haupträumen.

Es sei

das charakteristische Polynom, das nach Satz 25.10 in Linearfaktoren zerfällt, wobei die verschieden seien. Wir führen Induktion über . Bei gibt es nur einen Eigenwert und nur einen Hauptraum. Nach Korollar 24.3 ist dann auch das Minimalpolynom von der Form und daher ist . Es sei die Aussage nun für kleineres bewiesen. Wir setzen und und sind damit in der Situation von Lemma 26.10 und Satz 26.12. Wir haben also eine direkte Summenzerlegung in - invariante Untervektorräume

Das charakteristische Polynom ist nach Lemma 23.7 das Produkt der charakteristischen Polynome der Einschränkungen auf die beiden Räume. Nach Satz 26.12 ist das charakteristische Polynom der Einschränkung auf den ersten Hauptraum, daher muss das charakteristische Polynom der Einschränkung auf sein. Das heißt insbesondere, dass diese Einschränkung ebenfalls trigonalisierbar ist. Nach der Induktionsvoraussetzung ist also die direkte Summe der Haupträume zu und daraus ergibt sich insgesamt die direkte Summenzerlegung für und für .