Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2017-2018)/Teil II/Vorlesung 33
- Das Kreuzprodukt
Eine Besonderheit im ist das sogenannte Kreuzprodukt, das zu zwei gegebenen Vektoren einen dazu senkrechten Vektor berechnet.
Statt Kreuzprodukt sagt man auch Vektorprodukt. Als Merkregel kann man
verwenden, wobei die Standardvektoren sind und formal nach der ersten Spalte zu entwickeln ist. So wie es dasteht, ist das Kreuzprodukt unter Bezug auf die Standardbasis definiert.
Das Kreuzprodukt der beiden Vektoren ist
Das Kreuzprodukt auf dem erfüllt die folgenden Eigenschaften (dabei sind und ).
- Es ist
- Es ist
und
- Es ist
genau dann, wenn und linear abhängig sind.
- Es ist
- Es ist
wobei hier mit die formale Auswertung[1] im Sinne des Standardskalarproduktes gemeint ist.
- Es ist
wobei hier mit die formale Auswertung im Sinne des Standardskalarproduktes gemeint ist.
(1) ist klar von der Definition her.
(2). Es ist
Die zweite Gleichung folgt daraus und aus (1).
(3). Wenn und linear abhängig sind, so kann man (oder umgekehrt) schreiben. Dann ist
Wenn umgekehrt das Kreuzprodukt ist, so sind alle Einträge des Vektors gleich . Es sei beispielsweise . Wenn , so folgt direkt
und wäre der Nullvektor. Es sei also . Dann ist und und somit ist
(4). Siehe Aufgabe 33.6.
(5). Es ist
was mit der Determinante wegen der Regel von Sarrus übereinstimmt.
(6) folgt aus (5).
Der uns in (5) begegnende Ausdruck , also die Determinante der drei Vektoren, wenn man diese als Spaltenvektoren auffasst, heißt auch Spatprodukt.
Es sei eine Orthonormalbasis des mit[2]
Dann kann man das Kreuzprodukt mit den Koordinaten von und zu dieser Basis (und den Formeln aus Definition 33.1) ausrechnen.
Es sei
und
Nach Lemma 33.3 (2) ist
Nach Lemma 33.3 (3) ist
und nach Lemma 33.3 (1) ist
Nach Lemma 33.3 (6) steht senkrecht auf und , daher ist
mit einem , da diese Orthogonalitätsbedingung eine Gerade definiert. Wegen Lemma 33.3 (5) und der Voraussetzung ergibt sich
also ist
Ebenso ergibt sich, unter Verwendung von Lemma 17.2 (3), und . Somit ist insgesamt
und dies ist die Behauptung.
- Isometrien
Es seien Vektorräume über mit Skalarprodukten und
eine lineare Abbildung. Dann heißt eine Isometrie, wenn für alle gilt:
Eine Isometrie ist stets injektiv. Bei spricht man auch von unitären Abbildungen. In Abgrenzung zu affinen Isometrien, die wir später behandeln werden, spricht man auch von linearen Isometrien.
Es seien und Vektorräume über und eine lineare Abbildung. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.
- ist eine Isometrie.
- Für alle ist .
- Für alle ist .
- Für alle mit ist auch .
Die Richtungen , und sind Einschränkungen. . Für den Nullvektor ist die Aussage klar, sei also . Dann besitzt die Norm und wegen
ist
folgt aus Lemma 31.10.
Eine Isomorphie ist also einfach eine abstandserhaltende
(lineare)
Abbildung. Die Menge der Vektoren mit Norm in einem euklidischen Vektorraum nennt man auch die
Sphäre.
Eine Isometrie lässt sich also dadurch charakterisieren, dass unter ihr die Sphäre in die Sphäre abgebildet wird.
Es seien und euklidische Vektorräume und sei
eine lineare Abbildung. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent.
- ist eine Isometrie.
- Für jede Orthonormalbasis , von ist , Teil einer Orthonormalbasis von .
- Es gibt eine Orthonormalbasis , von derart, dass , Teil einer Orthonormalbasis von ist.
Beweis
Zu jedem euklidischen Vektorraum
gibt es eine bijektive Isometrie
wobei mit dem Standardskalarprodukt versehen sei.
Es sei eine Orthonormalbasis von und sei
die durch
festgelegte lineare Abbildung. Nach Lemma 33.7 (3) ist dies eine Isometrie.
- Isometrien auf einem euklidischen Vektorraum
Wir besprechen nun Isometrien von einem euklidischen Vektorraum in sich selbst. Diese sind stets bijektiv. Bezüglich einer jeden Orthonormalbasis von werden sie folgendermaßen beschrieben.
Es sei ein euklidischer Vektorraum und eine Orthonormalbasis von . Es sei
eine lineare Abbildung und die beschreibende Matrix zu bezüglich der gegebenen Basis.
Dann ist genau dann eine Isometrie, wenn
ist.
Es sei zunächst eine Isometrie. Dann ist eine Orthonormalbasis nach Lemma 33.7, und deren Koordinaten bezüglich bilden die Spalten der beschreibenden Matrix . Daher ist unter Verwendung von Aufgabe 32.13
Als Matrixgleichung bedeutet dies
Das Argument rückwärts gelesen ergibt die Umkehrung.
Die Menge der Isometrien auf einem euklidischen Vektorraum bildet eine Gruppe, und zwar eine Untergruppe der Gruppe aller bijektiven linearen Abbildungen. Wir erinnern kurz an die allgemeine und die spezielle lineare Gruppe.
Zu einem Körper und nennt man die Menge aller invertierbaren - Matrizen mit Einträgen in die allgemeine lineare Gruppe über . Sie wird mit bezeichnet.
Zu einem Körper und nennt man die Menge aller invertierbaren - Matrizen mit
die spezielle lineare Gruppe über . Sie wird mit bezeichnet.
Es sei ein Körper und die Einheitsmatrix der Länge . Eine Matrix mit
heißt orthogonale Matrix. Die Menge aller orthogonalen Matrizen heißt orthogonale Gruppe, sie wird mit
bezeichnet.
Eine Matrix mit
heißt unitäre Matrix. Die Menge aller unitären Matrizen heißt unitäre Gruppe, sie wird mit
bezeichnet.
- Eigenwerte bei Isometrien
Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum und sei
eine lineare Isometrie.
Dann besitzt jeder Eigenwert von den Betrag .
Bei sind nur die Eigenwerte und möglich.
Es sei mit , d.h. ist ein Eigenvektor zum Eigenwert . Wegen der Isometrieeigenschaft gilt
Wegen folgt daraus . Im Reellen bedeutet dies .
Im Allgemeinen muss eine Isometrie keine Eigenwerte besitzen, bei ungerader Dimension allerdings schon, siehe dazu die nächste Vorlesung.
Nach Lemma 33.9 ist
Somit folgt die Aussage aus dem Determinantenmultiplikationssatz und aus Satz 17.5.
- Eigentliche Isometrien
Eine Isometrie auf einem euklidischen Vektorraum heißt eigentlich, wenn ihre Determinante gleich ist.
Bei nichteigentlichen Isometrien, also solchen mit Determinante , spricht man von uneigentlichen Isometrien.
Es sei ein Körper und . Eine orthogonale - Matrix mit
heißt spezielle orthogonale Matrix. Die Menge aller speziellen orthogonalen Matrizen heißt spezielle orthogonale Gruppe, sie wird mit bezeichnet.
- Fußnoten
- ↑ Diese Formulierung ist gewählt, da es ein Skalarprodukt im Sinne der Definition nur über und gibt. Die Formel, die im reellen Fall das Standardskalarprodukt festlegt, gibt es aber über jedem Körper.
- ↑ Eine solche Basis nennt man auch eine die Standardorientierung repräsentierende Orthonormalbasis. Orientierungen werden wir später besprechen.
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