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Kurs:Mathematik (Osnabrück 2009-2011)/Teil III/Vorlesung 73

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Es sei ein - endlicher Maßraum und

eine messbare Abbildung.

Dann ist die Abbildung

bijektiv und maßtreu.

Die Abbildung ist messbar nach Lemma 65.11 und nach Lemma 69.3. Sie ist ferner bijektiv, die Umkehrabbildung ist . Sei messbar. Wir müssen

zeigen. Für ist

Aufgrund der Translationsinvarianz des Borel-Lebesgue-Maßes besitzt diese Menge das gleiche Maß wie

Aufgrund der Integrationsversion des Cavalieri-Prinzips gilt also




Einige Volumina

Zu einer Teilmenge nennt man

die zugehörige Rotationsmenge (um die -Achse).



Es sei

eine nichtnegative messbare Funktion und sei der Rotationskörper zum Subgraphen von um die -Achse.

Dann besitzt das Volumen

wobei für die zweite Formel als stetig vorausgesetzt sei.

Nach dem Cavalieri-Prinzip und nach der Formel für den Flächeninhalt des Kreises ist

Für stetiges ist dies nach Satz 71.5 gleich


Den Oberflächeninhalt eines Rotationskörpers zu einer (differenzierbaren) Funktion werden wir in Satz 86.4 berechnen.


Wir wollen das Volumen einer -dimensionalen abgeschlossenen Kugel vom Radius berechnen, also von

Wegen Satz 68.2 gilt dabei , d.h. es geht im Wesentlichen darum, das Volumen der Einheitskugel auszurechnen.

Ihr Volumen bezeichnen wir mit . Zur Berechnung gehen wir induktiv vor (es ist ). Wir betrachten

Für jedes fixierte , , kann man den Querschnitt als

schreiben, d.h. als eine -dimensionale Kugel vom Radius . Aufgrund des Cavalieri-Prinzips ist daher

Dabei können wir das Integral rechts wegen Satz 71.5 und Korollar 32.7 über Stammfunktionen ausrechnen. Die Substitution

liefert

Im Beweis zu Korollar 33.4 wurden diese Integrale berechnet; mit gilt

Mit diesen Formeln und der Rekursionsvorschrift kann man schließlich mit Hilfe der Fakultätsfunktion das Kugelvolumen als

schreiben. Diese Formel ergibt sich durch Induktion aus Satz 37.6, siehe Aufgabe *****.


Speziell ergibt sich für die Fläche des Einheitskreises der Wert und für das Volumen der Einheitskugel der Wert .


Es sei und ein Punkt. Dann nennt man die Menge

den Kegel zur Basis mit der Spitze .



Es sei messbar, ein Punkt und der zugehörige Kegel. Es sei die letzte Koordinate von .

Dann ist ebenfalls messbar, und es gilt

Bei liegt der gesamte Kegel in und sein -Maß ist nach Lemma 67.11, sei also . Der Durchschnitt von mit der durch , zwischen und , gegebenen Hyperebene ist

Wegen der Translationsinvarianz und Korollar 68.3 ist dessen Volumen gleich . Nach dem Cavalieri-Prinzip ist also (mit )



Wir stellen eine falsche Berechnung der Kugeloberfläche an, die auf einem falsch interpretierten Cavalieri-Prinzip beruht. Wir betrachten die obere Einheitshalbkugel. Zu jeder Höhe ist der Querschnitt der Kugeloberfläche mit der durch definierten Ebene eine Kreislinie mit dem Radius . Der Kreisumfang eines solchen Kreises ist . Wir wollen die Oberfläche der oberen Halbkugel berechnen, indem wir diese Umfänge über die Höhe aufintegrieren. Für die Kugeloberfläche würde sich dann (mit der Substitution )

Der wahre Wert ist aber mit deutlich größer.




Der Satz von Fubini

Es seien und - endliche Maßräume und sei

eine messbare Funktion. Der Satz von Fubini bringt das Integral mit dem Integral über der Funktion

in Verbindung. Er erlaubt es, Integrale über einem höherdimensionalen Bereich auf eindimensionale Integrale zurückzuführen. Sein Beweis beruht auf dem Cavalieri-Prinzip, angewendet auf den Produktraum , und ist prinzipiell nicht schwierig. Allerdings muss man bei einigen Details (Nichtnegativität, Undefiniertheitsstellen, Nullmengen) doch präzise sein, so dass wir einige vorbereitende Lemmata anführen.

Eine Teilmenge eines Maßraumes heißt Nullmenge, wenn ist. Beispielsweise ist jede abzählbare Menge in eine Nullmenge. Manchmal verwendet man diesen Begriff auch für nicht notwendigerweise messbare Teilmengen , für die es eine messbare Menge gibt mit . Für eine Eigenschaft , die für die Punkte eines Maßraumes erklärt ist, sagt man, dass die Eigenschaft fast überall gilt, wenn die Ausnahmemenge

eine Nullmenge ist. Insbesondere spricht man von fast überall definierten Funktionen. Da es bei Integralen nicht auf Nullmengen des Definitionsbereiches ankommt, kann man häufig solche „kleinen“ Undefiniertheitsstellen ignorieren.



Es seien und - endliche Maßräume und sei

eine nichtnegative messbare Funktion. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Für jedes ist die Funktion

    und für jedes ist die Funktion

    messbar.

  2. Die Funktion
    und die Funktion

    sind messbar.

  3. Es gilt

(1) folgt direkt aus der Messbarkeit der Inklusionen

für jedes .
(2) folgt aus Lemma 72.4 angewendet auf

da der Subgraph von und ist.
(3). Nach Satz 72.5, angewendet auf das Produkt , ist

Da man die Rollen von und vertauschen kann, ergibt sich auch die andere Darstellung.



Es seien und - endliche Maßräume und sei

eine messbare Funktion.

Dann ist genau dann integrierbar, wenn

endlich ist.

Die Integrierbarkeit von ist nach Lemma 70.5 äquivalent zur Integrierbarkeit der Betragsfunktion, was die Endlichkeit von bedeutet. Die Aussage folgt daher aus Lemma 73.8.


Wir kommen nun zum Satz von Fubini.


Es seien und - endliche Maßräume und sei

eine integrierbare Funktion.

Dann sind die beiden Funktionen

und

fast überall reellwertig und fast überall integrierbar, und es gilt

Nach Voraussetzung und nach Lemma 73.9 ist die Funktion integrierbar. Dies bedeutet insbesondere, dass das Integral fast überall einen endlichen Wert hat, dass es also eine Nullmenge gibt mit für . Daher sind nach Lemma 70.5 für die Integrale definiert und endlich, und dies gilt ebenso für die positiven und negativen Teile und .

Da sich Integrale nicht ändern, wenn man im Integrationsgebiet eine Nullmenge weglässt, und da eine Nullmenge in der Produktmenge ist, kann man durch ersetzen. Wir schreiben

und wenden auf die beiden Summanden Lemma 73.8 an, sodass dies gleich

ist.



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