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Kurs:Einführung in die Algebra (Osnabrück 2009)/Vorlesung 14

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Restklassenbildung

Nach Satz 13.6 ist der Kern eines Ringhomomorphismus ein Ideal. Man kann umgekehrt zu jedem Ideal in einem (kommutativen) Ring einen Ring konstruieren, und zwar zusammen mit einem surjektiven Ringhomomorphismus

dessen Kern gerade das vorgegebene Ideal ist. Ideale und Kerne von Ringhomomorphismen sind also im Wesentlichen äquivalente Objekte, so wie das bei Gruppen für Kerne von Gruppenhomomorphismen und Normalteilern gilt. In der Tat gelten die entsprechenden Homomorphiesätze hier wieder, und können weitgehend auf die Gruppensituation zurückgeführt werden. Wir werden uns bei den Beweisen also kurz fassen können.


Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal in . Zu heißt die Teilmenge

die Nebenklasse von zum Ideal . Jede Teilmenge von dieser Form heißt Nebenklasse zu .

Diese Nebenklassen sind gerade die Nebenklassen zur Untergruppe , die wegen der Kommutativität ein Normalteiler ist. Zwei Elemente definieren genau dann die gleiche Nebenklasse, also , wenn ihre Differenz zum Ideal gehört. Man sagt dann auch, dass und dieselbe Nebenklasse repräsentieren.


Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal in . Dann ist der Restklassenring (sprich „R modulo I“) ein kommutativer Ring, der durch folgende Daten festgelegt ist.

  1. Als Menge ist die Menge der Nebenklassen zu .
  2. Durch

    wird eine Addition von Nebenklassen definiert.

  3. Durch

    wird eine Multiplikation von Nebenklassen definiert.

  4. definiert das neutrale Element für die Addition (die Nullklasse).
  5. definiert das neutrale Element für die Multiplikation (die Einsklasse).

Man muss dabei zeigen, dass diese Abbildungen (also Addition und Multiplikation) wohldefiniert sind, d.h. unabhängig vom Repräsentanten, und dass die Ringaxiome erfüllt sind. Da insbesondere eine Untergruppe der kommutativen Gruppe ist, liegt ein Normalteiler vor, sodass eine Gruppe ist und die Restklassenabbildung

ein Gruppenhomomorphismus ist. Das einzig Neue gegenüber der Gruppensituation ist also die Anwesenheit einer Multiplikation. Die Wohldefiniertheit der Multiplikation ergibt sich so: Seien zwei Restklassen gegeben mit unterschiedlichen Repräsentanten, also und . Dann ist und bzw. und mit . Daraus ergibt sich

Die drei hinteren Summanden gehören zum Ideal, sodass die Differenz ist.

Aus der Wohldefiniertheit folgen die anderen Eigenschaften und insbesondere, dass ein Ringhomomorphismus in den Restklassenring vorliegt. Diesen nennt man wieder die Restklassenabbildung oder den Restklassenhomomorphismus. Das Bild von in wird häufig mit , oder einfach mit selbst bezeichnet und heißt die Restklasse von . Bei dieser Abbildung gehen genau die Elemente aus dem Ideal auf , d.h. der Kern dieser Restklassenabbildung ist das vorgegebene Ideal.

Das einfachste Beispiel für diesen Prozess ist die Abbildung, die einer ganzen Zahl den Rest bei Division durch eine fixierte Zahl zuordnet. Jeder Rest wird dann repräsentiert durch eine der Zahlen . Im Allgemeinen gibt es nicht immer ein solch übersichtliches Repräsentantensystem.



Die Homomorphiesätze für Ringe

Für Ringe, ihre Ideale und Ringhomomorphismen gelten die analogen Homomorphiesätze wie für Gruppen, ihre Normalteiler und Gruppenhomomorphismen, siehe die achte Vorlesung. Wir beschränken uns auf kommutative Ringe.



Es seien und kommutative Ringe, es sei ein Ringhomomorphismus und ein surjektiver Ringhomomorphismus. Es sei vorausgesetzt, dass

ist.

Dann gibt es einen eindeutig bestimmten Ringhomomorphismus

derart, dass ist.

Mit anderen Worten: das Diagramm

ist kommutativ.

Aufgrund von Satz 8.1 gibt es einen eindeutig bestimmten Gruppenhomomorphismus

der die Eigenschaften erfüllt. Es ist also lediglich noch zu zeigen, dass auch die Multiplikation respektiert. Es seien dazu , und diese seien repräsentiert durch bzw. aus . Dann wird durch repräsentiert und daher ist

Ferner ist


Die im vorstehenden Satz konstruierte Abbildung heißt wieder induzierte Abbildung oder induzierter Homomorphismus und entsprechend heißt der Satz auch Satz vom induzierten Homomorphismus.



Es seien und kommutative Ringe und sei

ein surjektiver Ringhomomorphismus.

Dann gibt es eine kanonische Isomorphie von Ringen

Aufgrund von Korollar 8.2 liegt ein natürlicher Gruppenisomorphismus vor, der wegen Satz 14.3 auch die Multiplikation respektiert, also ein Ringhomomorphismus ist.



Es seien und kommutative Ringe und sei

ein Ringhomomorphismus.

Dann gibt es eine kanonische Faktorisierung

wobei die kanonische Projektion, ein Ringisomorphismus und die kanonische Inklusion des Bildes ist.

Dies beruht auf Korollar 8.2 und Satz 14.3.


Es gilt also wieder:

Bild Urbild modulo Kern.



Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal in mit dem Restklassenring . Es sei ein weiteres Ideal in , das umfasst.

Dann ist das Bild von in ein Ideal und es gilt die kanonische Isomorphie

Beweis

Auch dies ergibt sich aus der Gruppensituation und Satz 14.3.



Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal in .

Dann ist ein Element genau dann eine Einheit modulo , wenn und zusammen das Einheitsideal in erzeugen.

Es sei eine Einheit im Restklassenring . Dies ist genau dann der Fall, wenn es ein mit

gibt. Dies bedeutet zurückübersetzt nach , dass

ist, was wiederum äquivalent dazu ist, dass und zusammen das Einheitsideal erzeugen.




ist ein Hauptidealbereich

Wir wollen nun die Restklassenringe der ganzen Zahlen verstehen. Bei den ganzen Zahlen muss man nicht zwischen Untergruppen und Idealen unterscheiden, da jede Untergruppe von die Gestalt mit besitzt und daher ein (Haupt-)Ideal ist. Insbesondere hat überhaupt jedes Ideal in diese einfache Gestalt. Dass jede Untergruppe von eine besonders einfache Gestalt hat ist eine Besonderheit der ganzen Zahlen, dagegen ist die Eigenschaft, dass jedes Ideal ein Hauptideal ist, weiter verbreitet und verdient einen eigenen Namen.


Ein Integritätsbereich, in dem jedes Ideal ein Hauptideal ist, heißt Hauptidealbereich.

Ein kommutativer Ring, in dem jedes Ideal ein Hauptideal ist, der aber kein Integritätsbereich sein muss, heißt Hauptidealring.

Wir halten fest.


Der Ring der ganzen Zahlen

ist ein Hauptidealbereich.

Zunächst ist ein Integritätsbereich. Es sei ein Ideal. Damit ist insbesondere eine (additive) Untergruppe von und hat nach Satz 3.2 die Gestalt . Damit handelt es sich um ein Hauptideal.




Die Restklassenringe von


Die Restklassengruppen haben wir bereits kennengelernt, es handelt sich um zyklische Gruppen der Ordnung . Diese Gruppen bekommen jetzt aber noch zusätzlich eine Ringstruktur.



Es sei eine natürliche Zahl.

Dann gibt es eine eindeutig bestimmte Ringstruktur auf derart, dass die Restklassenabbildung

ein Ringhomomorphismus ist.

ist ein kommutativer Ring mit Elementen (bei ).

Beweis

Dies ist ein Spezialfall von Definition 14.2 und den sich daran anschließenden Überlegungen.


Die Charakteristik von ist . Dies zeigt insbesondere, dass es zu jeder Zahl Ringe gibt mit dieser Charakteristik. Zu einem beliebigen Ring der Charakteristik faktorisiert der charakteristische Ringhomomorphismus durch

wobei die hintere Abbildung injektiv ist. Der Ring , , ist der kleinste Unterring von , und wird der Primring von genannt.



Seien und positive natürliche Zahlen, und teile .

Dann gibt es einen kanonischen Ringhomomorphismus

Wir betrachten die Ringhomomorphismen

Aufgrund der Teilerbeziehung haben wir die Beziehung

Aufgrund des Homomorphiesatzes hat man daher einen kanonischen Ringhomomorphismus von links unten nach rechts oben.


Vor dem nächsten Satz erinnern wir der Vollständigkeit halber an die Definition einer Primzahl.


Eine natürliche Zahl heißt eine Primzahl, wenn die einzigen natürlichen Teiler von ihr und sind.

Wir werden uns bald mit ähnlichen Begriffen in einem allgemeineren Kontext auseinandersetzen.



Es sei eine natürliche Zahl und der zugehörige Restklassenring. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist ein Körper.
  2. ist ein Integritätsbereich.
  3. ist eine Primzahl.

. Da jede Einheit ein Nichtnullteiler ist, ist jeder Körper insbesondere ein Integritätsbereich.
. Es ist und dies ist im integren Fall eine Primzahl, wie in Lemma 13.9 gezeigt wurde.
. Es sei also eine Primzahl und eine von verschiedene Restklasse. Diese wird durch eine ganze Zahl zwischen und repräsentiert. Da prim ist, ist oder aber kein Teiler von . In jedem Fall sind und teilerfremd und nach Satz 4.1 gibt es eine Darstellung der . D.h. es gibt ganze Zahlen mit

Diese Gleichung gilt auch, wenn man die Restklassenbildung modulo darauf los lässt. Es gilt also

in . Dort ist aber , sodass man den zweiten Summanden ignorieren kann und lediglich

übrig bleibt. Diese Gleichung zeigt, dass eine Einheit ist (mit als Inversem).


Die vorstehende Aussage folgt auch aus Lemma 14.7. Wenn also eine Primzahl ist, so ist der Restklassenring ein Körper mit Elementen, den man auch den Restklassenkörper nennt. Die Einheitengruppe

ist eine Gruppe mit Elementen (bezüglich der Multiplikation). Bei hat man beispielsweise

d.h. die Potenzen von durchlaufen sämtliche vier Elemente dieser Gruppe, die sich damit als zyklisch erweist. Wir werden in ein paar Wochen zeigen, dass für jede Primzahl die Einheitengruppe des Restklassenkörpers zyklisch ist! Diese Gruppen nennt man auch die primen Restklassengruppen.



Für eine Primzahl und eine beliebige ganze Zahl gilt

Anders ausgedrückt: ist durch teilbar.

Ist nicht durch teilbar, so definiert ein Element in der Einheitengruppe ; diese Gruppe hat die Ordnung , und nach dem Satz von Lagrange gilt . Durch Multiplikation mit ergibt sich die Behauptung. Für Vielfache von gilt die Aussage ebenso, da dann beidseitig steht.



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