Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2017-2018)/Teil II/Vorlesung 34/kontrolle
- Die Diagonalisierbarkeit von Isometrien im Komplexen
Es sei eine lineare Isometrie auf einem endlichdimensionalen - Vektorraum mit Skalarprodukt und sei ein invarianter Unterraum.
Dann ist auch das orthogonale Komplement invariant.
Insbesondere kann man als direkte Summe
schreiben, wobei die Einschränkungen und ebenfalls Isometrien sind.
Es ist
Für ein solches und ein beliebiges ist
da wegen der Invarianz von liegt. Also ist wieder .
Die folgende Aussage heißt Spektralsatz oder genauer Spektralsatz für komplexe Isometrien. Im Verlauf dieses Kurses werden wir noch weitere Spektralsätze kennenlernen, siehe
Satz 41.11
und
Satz 42.9.
Es sei ein endlichdimensionaler - Vektorraum mit Skalarprodukt und sei
eine Isometrie.
Dann besitzt eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren zu .
Insbesondere ist diagonalisierbar.
Wir führen Induktion über die Dimension von . Im eindimensionalen Fall ist die Aussage klar. Aufgrund des Fundamentalsatzes der Algebra und Satz 23.2 besitzt einen Eigenwert und einen Eigenvektor, den wir normieren können. Es sei die zugehörige Eigengerade. Da eine Isometrie vorliegt, ist das orthogonale Komplement nach Lemma 34.1 ebenfalls - invariant, und die Einschränkung
ist ebenfalls eine Isometrie. Nach Induktionsvoraussetzung gibt es also von eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren, die zusammen mit dem ersten Eigenvektor eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren von bildet.
- Winkel
Für von verschiedene Vektoren und in einem euklidischen Vektorraum folgt aus der der Ungleichung von Cauchy-Schwarz, dass
ist. Damit kann man mit Hilfe der trigonometrischen Funktion Kosinus (als bijektive Abbildung ) bzw. der Umkehrfunktion den Winkel zwischen den beiden Vektoren definieren, nämlich durch
Der Winkel ist also eine reelle Zahl zwischen und . Die obige Gleichung kann man auch als
schreiben, was die Möglichkeit eröffnet, das Skalarprodukt in dieser Weise zu definieren. Allerdings muss man dann für den Winkel eine unabhängige Definition finden. Dieser Zugang ist etwas intuitiver, hat aber rechnerisch und beweistechnisch viele Nachteile.
Bei einem affinen Raum über einem euklidischen Vektorraum und bei gegebenen drei Punkten
(einem Dreieck)
mit
versteht man unter dem Winkel des Dreiecks an den Winkel .
- Ebene Isometrien
Es sei
eine eigentliche, lineare Isometrie.
Dann ist eine Drehung,
und ihre Matrix hat bezüglich der Standardbasis die Gestalt
mit einem eindeutig bestimmten Drehwinkel .
Es seien und die Bilder der Standardvektoren und . Unter einer Isometrie wird die Länge eines Vektors erhalten, daher ist
Daher ist eine reelle Zahl zwischen und und , d.h. ist ein Punkt auf dem reellen Einheitskreis. Der Einheitskreis wird bekanntlich durch die trigonometrischen Funktionen parametrisiert, d.h. es gibt einen eindeutig bestimmten Winkel , , mit
Da unter einer Isometrie die Senkrechtsbeziehung erhalten bleibt, muss
gelten. Bei folgt daraus (wegen ) . Dann ist und wegen der Eigentlichkeit muss das Vorzeichen dasselbe wie von sein. Es sei also . Dann gilt
Da die beiden Vektoren die Länge haben, muss der skalare Faktor den Betrag haben. Bei
wäre
und die Determinante wäre . Also muss
und
sein, was die Behauptung ergibt.
Die Hintereinanderschaltung von zwei Drehungen
und
ist . Diese Eigenschaft ist einleuchtend, wenn man die intuitive Vorstellung, die sich mit einer Drehung verbindet, verwendet. Unter Verwendung der
Additionstheoreme
für die trigonometrischen Funktionen kann man sie beweisen. Umgekehrt folgen die Additionstheoreme aus dieser Eigenschaft, siehe
Aufgabe 34.11.
Aus dieser Eigenschaft folgt auch, dass die Gruppe der ebenen Drehungen kommutativ ist.
Es sei
eine uneigentliche lineare Isometrie.
Dann ist eine Achsenspiegelung
und ihre Matrix hat bezüglich der Standardbasis die Gestalt
mit einem eindeutig bestimmten Winkel .
Wir betrachten
was nach dem Determinantenmultiplikationssatz eine eigentliche Isometrie ist. Nach Satz 34.4 gibt es somit einen eindeutig bestimmten Winkel mit
Somit ist
Bei einer solchen Achsenspiegelung ist ein Eigenvektor zum Eigenwert , die Spiegelungsachse ist also , siehe
Aufgabe 34.15.
Eine Achsenspiegelung wird bezüglich der Basis, die aus einen Vektor der Spiegelungsachse und einem dazu senkrechten Vektor besteht, durch beschrieben. Die in
Satz 34.5
gegebene Beschreibung bezüglich der Standardbasis lässt sich also wesentlich verbessern.
- Räumliche Isometrien
Das charakteristische Polynom zu ist ein normiertes Polynom vom Grad drei. Für geht und für geht . Nach dem Zwischenwertsatz besitzt daher mindestens eine Nullstelle. Eine solche Nullstelle ist ein Eigenwert von . Nach Satz 33.10 ist der Eigenwert gleich oder gleich .
Eine eigentliche lineare Isometrie des Raumes führt insbesondere die Einheitskugel durch eine Bewegung in sich über. Man kann sich eine solche Isometrie also gut als eine Drehung an einer Kugel vorstellen, die in einer passenden Schale liegt.
besitzt einen Eigenvektor zum Eigenwert ,
d.h. es gibt eine Gerade (durch den Nullpunkt), die unter fest bleibt.
Wir betrachten das charakteristische Polynom von , also
Dies ist ein normiertes reelles Polynom vom Grad drei. Für ergibt sich
Da für das Polynom geht, muss es für ein positives eine Nullstelle geben. Aufgrund von Satz 33.10 kommt dafür nur in Frage.
Es sei
eine eigentliche Isometrie.
Dann ist eine Drehung um eine feste Achse.
Das bedeutet, dass in einer geeigneten Orthonormalbasis durch eine Matrix der Form
beschrieben wird.
Nach Satz 34.7 gibt es einen Eigenvektor zum Eigenwert . Sei die davon erzeugte Gerade. Diese ist fix und insbesondere invariant unter . Nach Lemma 34.1 ist dann auch das orthogonale Komplement invariant unter , d.h. es gibt eine lineare Isometrie
die auf mit übereinstimmt. Dabei muss eigentlich sein, und daher muss nach Satz 34.4 eine Drehung sein. Wählt man einen Vektor der Länge eins aus und dazu eine Orthonormalbasis von , so hat bezüglich dieser Basis die angegebene Gestalt.
Zu Beginn eines Fußballspiels liegt der Fußball auf dem Anstoßpunkt. Wenn ein Tor erzielt wird, so wird der Ball wieder auf den Anstoßpunkt zurückgesetzt. In dieser Situation gilt:
Es gibt mindestens zwei (gegenüber liegende) Punkte auf dem Fußball (seiner Oberfläche), die beim Neuanstoß genau dort liegen, wo sie am Spielanstoß lagen. Die Gesamtbewegung des Balles lässt sich durch eine Achsendrehung realisieren.
Die Gesamtbewegung ist eine lineare Isometrie, daher folgt die Aussage aus Satz 34.8.
- Der Zerlegungssatz für Isometrien
Es sei ein reeller endlichdimensionaler Vektorraum und
ein Endomorphismus.
Dann besitzt einen - invarianten Untervektorraum der Dimension oder .
Wir können annehmen und dass durch die Matrix bezüglich der Standardbasis gegeben ist. Wenn einen Eigenwert besitzt, so sind wir fertig. Andernfalls betrachten wir die entsprechende komplexe Abbildung, also
die durch die gleiche Matrix gegeben ist. Diese besitzt einen komplexen Eigenwert und einen komplexen Eigenvektor . Es ist also
Mit
und bedeutet dies
Vergleich von Real- und Imaginärteil zeigt, dass sind, sodass der Untervektorraum invariant ist.
Es sei
eine Isometrie auf dem euklidischen Vektorraum .
Dann ist eine orthogonale direkte Summe
von - invarianten Untervektorräumen, wobei die eindimensional und die zweidimensional sind. Die Einschränkung von auf den ist die Identität, auf die negative Identität und auf eine Drehung ohne Eigenwerte.
Wir führen Induktion über die Dimension von , die mit bezeichnet sei. Der eindimensionale Fall ist wegen Fakt ***** klar. Sei . Die Determinante kann wegen Lemma 33.13 nur die Werte und annehmen. Bei besitzt das charakteristische Polynom zwei Nullstellen, und diese müssen nach Fakt ***** und sein. Es liegt dann also eine Achsenspiegelung vor und
Wenn die Determinante ist, so sind wir in der Situation von Satz 34.4 und es liegt eine Drehung vor. Wenn der Drehwinkel ist, so liegt die Identität vor und man kann zerlegen, und wenn der Drehwinkel ist, so liegt die Punktspiegelung vor und man kann zerlegen. Bei den anderen Winkeln gibt es keine Eigenvektoren.
Es sei nun beliebig und die Aussage für kleinere Dimensionen schon bewiesen. Nach Lemma 34.10 gibt es einen -invarianten Untervektorraum der Dimension oder und nach Lemma 34.1 gibt es dazu ein invariantes orthogonales Komplement, also
Die Induktionsvoraussetzung angewendet auf liefert das Resultat.
In dieser Zerlegung ist der Eigenraum zum Eigenwert und der Eigenraum zum Eigenwert , wobei die jeweiligen Zerlegungen nicht eindeutig sind. Die Isometrie ist genau dann eigentlich, wenn gerade ist.