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Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2016-2017)/Vorlesung 27

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Die Endlichkeit der Klassenzahl für quadratische Zahlkörper

Wir beweisen nun die Endlichkeit der Klassenzahl für die Ganzheitsringe in quadratischen Zahlkörpern. Es sei bemerkt, dass diese Aussage für alle Zahlbereiche gilt, nicht nur für die quadratischen, wir beschränken uns aber auf diese.



Es sei ein quadratischer Zahlbereich. Dann gibt es nur endlich viele Ideale in , deren Norm unterhalb einer gewissen Zahl liegt.

Es genügt zu zeigen, dass es zu einer natürlichen Zahl nur endlich viele Ideale in mit gibt. Es sei also ein solches Ideal. Dann ist nach Korollar 21.5 und damit entspricht einem Ideal aus . Dieser Ring ist aber nach Satz 18.14 endlich und besitzt somit überhaupt nur endlich viele Ideale.


Das Gitter zum Zahlbereich und zum Ideal (blau, mit einer Grundmasche).

Es sei quadratfrei und der zugehörige quadratische Zahlbereich mit Diskriminante . Wir wollen ein von verschiedenes Ideal aus als ein (vollständiges) Gitter in auffassen. Bei , also im imaginär-quadratischen Fall, verwenden wir die natürliche Einbettung

Wir identifizieren also das Ideal mit seinem Bild unter diesen Inklusionen. Dem Element entspricht in der reellen Ebene das Element .

Bei , also im reell-quadratischen Fall, verwenden wir stattdessen die Einbettung

Man beachte, dass in der zweiten Komponente die Wurzel mitgeschleppt wird, und dass diese Abbildung lediglich eine -lineare Abbildung ist, während im imaginär-quadratischen Fall ein Ringhomomorphismus nach vorliegt.

Das Ideal sei nun (bei positivem oder negativem ) durch die -Basis erzeugt, mit und mit wie in Satz 21.1 beschrieben. Hierbei sei die übliche -Basis von , also bzw. . Das Basiselement wird auf bzw. auf geschickt. Daher wird das zum Ideal gehörige Gitter (in ) durch

und

aufgespannt.


Wir setzen zunächst die Norm des Ideals mit dem Flächeninhalt des Gitters in Verbindung.


Sei eine quadratfreie Zahl, sei der zugehörige quadratische Zahlbereich und sei die in Bemerkung 27.2 beschriebene Einbettung. Es sei ein Ideal und das zugehörige Gitter. Dann ist der Flächeninhalt der Grundmasche des Gitters gleich

Das Ideal sei durch die -Basis mit und

erzeugt, wie in Satz 21.1 beschrieben. In Bemerkung 27.2 wurde die zugehörige Gitterbasis ausgerechnet. Der Flächeninhalt eines Gitters wird gegeben durch den Betrag der Determinante von zwei Basiselementen des Gitters. Daher ist bei

wobei wir Korollar 21.5 und die Diskriminantengleichung benutzt haben.

Bei ist

aus den gleichen Gründen.



Es sei eine quadratfreie Zahl, sei der zugehörige quadratische Zahlbereich mit Diskriminante . Es sei ein Ideal.

Dann gibt es ein , , mit der Eigenschaft

Wir wollen den Gitterpunktsatz von Minkowski auf das Gitter anwenden, das in Bemerkung 27.2 konstruiert wurde. Nach Lemma 27.3 hat die Grundmasche des Gitters den Flächeninhalt .

Sei . Als Menge betrachten wir den Kreis um den Nullpunkt mit Radius . Der Kreis ist kompakt, zentralsymmetrisch und konvex, und sein Flächeninhalt ist bekanntlich . Dies ist so groß wie das Vierfache des Flächeninhalts der Grundmasche des Gitters, der in Lemma 27.3 berechnet wurde. Also gibt es einen vom Nullpunkt verschiedenen Gitterpunkt , und mit . Die Norm von (also das Quadrat des komplexen Betrags) ist dann , wie behauptet.

Es sei nun . Für einen Punkt (mit ) besitzt das Element (aus ) die Norm

Die Bedingung

beschreibt somit vier gedrehte Hyperbeln, die jeweils eine Achse senkrecht schneiden. Diese Hyperbeln schließen das (konvexe, kompakte, zentralsymmetrische) Quadrat mit den Eckpunkten ein. Wir setzen . Dann hat das Quadrat mit diesen Eckpunkten den Flächeninhalt und enthält nach dem Gitterpunktsatz von Minkowski einen vom Nullpunkt verschiedenen Gitterpunkt . Dieser entspricht einem Element , , und



Sei eine quadratfreie Zahl und sei der zugehörige quadratische Zahlbereich mit Diskriminante . Dann enthält jede Idealklasse aus der Klassengruppe ein Ideal , das die Normschranke

erfüllt.

Es sei eine Idealklasse. Die inverse Klasse wird durch ein Ideal repräsentiert. Nach Lemma 27.4 enthält ein Element , , mit

Wir setzen , was nach dem Satz von Dedekind zu äquivalent ist. Dieses ist ein Ideal, da ja nach Bemerkung 24.7 alle Elemente aus nach multipliziert. Nach Kollorar 21.11 und nach Satz 21.7 ist

Daher ist



Sei ein quadratischer Zahlbereich. Dann ist die Divisorenklassengruppe von eine endliche Gruppe.

Nach Lemma 27.5 wird jede Klasse in der Klassengruppe durch ein Ideal mit einer Norm repräsentiert, die durch die dort angegebene Schranke beschränkt ist. D.h., dass die Ideale mit einer Norm unterhalb dieser Schranke alle Klassen repräsentieren. Nach Lemma 27.1 gibt es aber überhaupt nur endlich viele Ideale mit einer Norm unterhalb einer gegebenen Schranke.


Das im Beweis verwendete Lemma bietet prinzipiell eine Abschätzung für die Anzahl der Klassengruppe.


Es sei ein quadratischer Zahlbereich. Dann nennt man die Anzahl der Elemente in der Klassengruppe von die Klassenzahl von .



Sei ein quadratischer Zahlbereich und sei ein Ideal in . Dann gibt es ein derart, dass ein Hauptideal ist.

Für das Nullideal ist die Aussage richtig, sei also von verschieden. Die zugehörige Idealklasse besitzt aufgrund von Satz 27.6 in der Idealklassengruppe endliche Ordnung, d.h., dass für ein

ist. Dies bedeutet aber gerade, dass ein Hauptideal ist.


Wir formulieren noch explizit die beiden folgenden Kriterien für Faktorialität.



Es sei eine quadratfreie Zahl und sei der zugehörige quadratische Zahlbereich mit Diskriminante . Es sei vorausgesetzt, dass jedes Primideal in , das die Normbedingung

erfüllt, ein Hauptideal sei. Dann ist faktoriell.

Es sei ein Ideal unterhalb der angegebenen Normschranke. Nach Satz 23.14 ist mit Primidealen , und wegen Kollorar 21.11 sind die Normen dieser Primideale ebenfalls unter der Schranke. Da all diese Primideale nach Voraussetzung Hauptideale sind, ist auch ein Hauptideal. Da nach Lemma 27.5 jede Idealklasse durch ein Ideal unterhalb der Normschranke repräsentiert wird, bedeutet dies, dass jede Idealklasse durch ein Hauptideal repräsentiert wird. Das heißt die Klassengruppe ist trivial und damit ist nach Satz 25.2 der Ring faktoriell.



Es sei eine quadratfreie Zahl und sei der zugehörige quadratische Zahlbereich mit Diskriminante . Es sei vorausgesetzt, dass jede Primzahl mit

in eine Primfaktorzerlegung besitzt. Dann ist faktoriell.

Es sei ein Primideal derart, dass unterhalb der angegebenen Schranke liegt, und es sei mit einer Primzahl . Nach Satz 20.13 gibt es in die drei Möglichkeiten

Die Norm von ist oder , sodass auch unterhalb der Schranke ist und somit nach Voraussetzung eine Primfaktorzerlegung für besteht. Daraus folgt aber, dass ein Hauptideal ist. Aus Korollar 27.9 folgt die Behauptung.



Es sei , also und . Jede Idealklasse enthält ein Ideal der Norm

sodass nur Ideale mit Norm zu betrachten sind. Ein Ideal mit ist ein Primideal mit . Daher ist

die einzige Möglichkeit. Nach Beispiel 21.8 ist kein Hauptideal. Daher ist die Idealklassengruppe isomorph zu , wobei das Nullelement durch die Hauptdivisoren (oder Hauptideale) repräsentiert wird und das andere Element durch .



Es sei der quadratische Zahlbereich zu , also bzw. . Wir wissen aufgrund von Satz 25.5, dass nicht euklidisch ist. Dennoch ist faktoriell und nach Satz 25.2 ein Hauptidealbereich und die Klassengruppe ist trivial. Hierfür benutzen wir Korollar 27.10, d.h. wir haben für alle Primzahlen zu zeigen, dass sie eine Primfaktorzerlegung in besitzen. Diese Abschätzung wird nur von erfüllt. Für ist der Restklassenring

ein Körper, sodass träge in ist und insbesondere eine Primfaktorzerlegung besitzt.



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