Kurs:Analysis/Teil II/11/Klausur mit Lösungen

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Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13
Punkte 3 3 4 5 4 4 5 4 5 9 12 5 0 63




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Die offene Kugel mit Mittelpunkt und Radius in einem metrischen Raum .
  2. Der Grenzwert einer Abbildung

    in , wobei metrische Räume sind, eine Teilmenge und ein Berührpunkt von ist.

  3. Ein Zentralfeld

    auf einem reellen endlichdimensionalen Vektorraum .

  4. Die Hesse-Matrix zu einer zweimal stetig differenzierbaren Funktion

    in einem Punkt .

  5. Den Tangentialraum an die Faser einer stetig differenzierbare Abbildung

    zwischen endlichdimensionalen - Vektorräumen durch einen Punkt , in dem das totale Differential surjektiv ist.

  6. Die Eigenschaft eines Vektorfeldes

    lokal einer Lipschitz-Bedingung zu genügen.


Lösung

  1. Die offene Kugel zum Mittelpunkt und Radius ist durch

    definiert.

  2. Das Element heißt Grenzwert von in , wenn es für jedes ein gibt mit der folgenden Eigenschaft: Für jedes ist .
  3. Es sei eine offene Teilmenge in einem endlichdimensionalen reellen Vektorraum , ein Intervall und es sei

    eine Funktion. Dann heißt das Vektorfeld

    ein Zentralfeld.

  4. Es seien die Richtungsableitungen in Richtung des -ten Einheitsvektors. Zu heißt die Matrix

    die Hesse-Matrix zu im Punkt .

  5. Unter dem Tangentiaraum in an die Faser versteht man
  6. Man sagt, dass das Vektorfeld lokal einer Lipschitz-Bedingung genügt, wenn es zu jedem Punkt eine offene Umgebung

    derart gibt, dass das auf eingeschränkte Vektorfeld einer Lipschitz-Bedingung genügt.


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Der Satz über zusammenhängende Teilmengen unter einer stetigen Abbildung.
  2. Der Satz über eine Differentialgleichung höherer Ordnung und das zugehörige System erster Ordnung.
  3. Der Satz über die Differentialgleichung zu einem Gradientenfeld.


Lösung

  1. Seien und metrische Räume und sei

    eine stetige Abbildung. Es sei eine zusammenhängende Teilmenge. Dann ist auch das Bild

    zusammenhängend.
  2. Es sei ein Intervall, eine offene Menge und

    eine Funktion. Dann ist die Differentialgleichung höherer Ordnung

    über die Beziehung äquivalent zum Differentialgleichungssystem

  3. Es sei ein euklidischer Vektorraum, offen,

    eine differenzierbare Funktion und

    das zugehörige Gradientenfeld. Es sei

    eine Lösung der Differentialgleichung

    Dann steht senkrecht auf dem Tangentialraum der Faser von durch für alle , für die reguläre Punkte

    von sind.


Aufgabe (4 (1+1+1+1) Punkte)

Es seien und zwei Punkte im . Bestimme den Abstand zwischen diesen beiden Punkten in

a) der euklidischen Metrik,

b) der Summenmetrik,

c) der Maximumsmetrik.

d) Vergleiche diese verschiedenen Abstände der Größe nach.


Lösung

Die Abstände der einzelnen Koordinaten sind

und

a) Der euklidische Abstand ist somit

b) In der Summenmetrik ist der Abstand

c) Es ist

daher ist der Abstand in der Maximumsmetrik gleich .

d) Wir behaupten, dass der Maximumsabstand kleiner dem euklidischen Abstand und dass dieser kleiner dem Summenabstand ist. Um dies zu sehen bringt man die drei Zahlen auf den Hauptnenner und muss dann für die Zähler

zeigen. Wegen und ist das klar.


Aufgabe (5 Punkte)

Beweise den Satz über die Charakterisierung von stetigen Abbildungen mit offenen Mengen.


Lösung


Aufgabe (4 (1+3) Punkte)

Es sei eine Menge und

eine Abbildung.

a) Zeige, dass injektiv ist, wenn die Einschränkung auf jede (affine) Gerade injektiv ist.

b) Zeige durch ein Beispiel, dass nicht injektiv sein muss, wenn die Einschränkung auf jede Gerade durch den Nullpunkt injektiv ist.


Lösung

a) Es seien verschieden. Es gibt eine Gerade , auf der diese beiden Punkte liegen. Da injektiv ist, ist

und somit ist injektiv.

b) Wir betrachten und und die Funktion

Die Geraden durch den Nullpunkt sind durch

und durch die durch gegebene Gerade (also die -Achse) gegeben. Auf den Geraden vom ersten Typ ist die Projektion auf die -Achse und damit bijektiv und auf der -Achse ist die Funktion die Identität. Die Einschränkung von auf jede Gerade durch den Nullpunkt ist also insbesondere injektiv. Dagegen ist beispielsweise

und die Gesamtabbildung ist nicht injektiv.


Aufgabe (4 Punkte)

Man gebe ein Beispiel einer bijektiven Abbildung

die nicht rektifizierbar ist.


Lösung

Wir betrachten die Funktion

die offenbar bijektiv ist. Um zu zeigen, dass nicht rektifizierbar ist, wählen wir zu irrationale Zahlen , , mit

All diese Zahlen nehmen wir als Intervallunterteilung. Für ist die Summe der Länge der Abstände der Bildpunkte mindestens

da ja in diesem Bereich

gilt. Da beliebig groß gewählt werden kann, ist das Supremum über alle Streckenzuglängen unendlich und die Kurve ist nicht rektifizierbar.


Aufgabe (5 Punkte)

Es sei

ein lineares Differentialgleichungssystem auf ( ein reelles Intervall) mit einer Funktionenmatrix

wobei das zugrunde liegende Vektorfeld zugleich ein Zentralfeld sei. Zeige, dass die Matrix die Gestalt

mit einer geeigneten Funktion

besitzt.


Lösung

Es sei ein Zeitpunkt fixiert. Das Vektorfeld wird zu diesem Zeitpunkt durch die Matrix

beschrieben. Da es sich um ein Zentralfeld handelt, ist für jeden Vektor der Vektor linear abhängig zu . Dies bedeutet, dass jeder Vektor ein Eigenvektor zur Matrix ist. Dies kann aber nur sein, wenn überhaupt nur ein Eigenwert vorkommt. Es ist also und man kann durch

definieren.


Aufgabe (4 Punkte)

Wir betrachten die Abbildung

die einem Dreieck die Längenquadrate seiner Seiten zuordnet. Bestimme die regulären Punkte der Abbildung.


Lösung Dreieck/Längenabbildung/Kritische Punkte/Aufgabe/Lösung


Aufgabe (5 (1+1+3) Punkte)

Es sei

und

a) Skizziere und .

b) Zeige, dass und offen sind.

c) Zeige, dass die Abbildung

ein Diffeomorphismus ist.


Lösung Diffeomorphismus/Addition und Multiplikation/Definitionsbereich/Aufgabe/Lösung


Aufgabe (9 (2+3+3+1) Punkte)

Es sei

fixiert und sei

a) Zeige, dass die Abbildung

wohldefiniert ist.

b) Es sei nun zusätzlich . Zeige, dass die Abbildung aus a) eine starke Kontraktion ist (wobei mit der Maximumsnorm versehen sei).

c) Zeige, dass durch die Maximumsnorm ein vollständiger metrischer Raum wird.

d) Bestimme den Fixpunkt von .


Lösung

a) Da die Wurzelfunktion stetig ist, ist auch als Hintereinanderschaltung von und wieder stetig. Wegen

für

und

für

ist

und somit liegt das Bild von wieder in .

b) Für und ist

Wegen ist der Faktor rechts kleiner als . Wenn man das Supremum über alle nimmt, so ergibt sich die entsprechende Abschätzung für die Maximumsnorm.

c) Nach Satz 55.9 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) ist der Raum der stetigen Funktionen von nach ein vollständiger metrischer Raum. Die Bedingung, dass das Bild von wieder in liegt, kann man so formulieren, dass der Abstand (zur Maximumsnorm) von zur konstanten Funktion mit dem Wert maximal gleich ist. Es ist also

ein abgeschlossener Ball in . Daher ist selbst nach Aufgabe 36.22 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) vollständig.

d) Wegen

ist die konstante Funktion

der Fixpunkt von .


Aufgabe (12 Punkte)

Beweise den Satz von Picard-Lindelöf.


Lösung

Nach Lemma 56.1 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) ist eine stetige Abbildung

genau dann eine Lösung des Anfangswertproblems, wenn die Integralgleichung

erfüllt. Wir wollen die Existenz und Eindeutigkeit einer Lösung für diese Integralgleichung unter Verwendung des Banachschen Fixpunktsatzes dadurch erweisen, dass wir für die Abbildung (man spricht von einem Funktional)

einen Fixpunkt finden. Hierbei stehen links und rechts Abbildungen in (aus einem gewissen Teilintervall von mit Werten in ). Die Fixpunkteigenschaft bedeutet gerade, dass ist. Um den Fixpunktsatz anwenden zu können müssen wir ein Definitionsintervall festlegen, und eine Metrik auf dem Abbildungsraum nach definieren, diesen metrischen Raum dann als vollständig und das Funktional als stark kontrahierend nachweisen. Aufgrund der Voraussetzung über die lokale Lipschitz-Bedingung gibt es eine offene Umgebung

und ein mit

für alle und . Durch Verkleinern der Radien können wir annehmen, dass der Abschluss von , also das Produkt des abgeschlossenen Intervalls mit der abgeschlossenen Kugel, ebenfalls in liegt. Aufgrund von Satz 36.12 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) gibt es ein mit

(da diese Beschränktheit auf dem Abschluss gilt). Wir ersetzen nun durch ein kleineres Intervall

mit , und .
Wir betrachten nun die Menge der stetigen Abbildungen

Dabei wird also mit der Maximumsnorm auf versehen. Dieser Raum ist nach Satz 55.9 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) und nach Aufgabe 36.22 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) wieder ein vollständiger metrischer Raum.
Wir betrachten nun auf diesem konstruierten Intervall bzw. der zugehörigen Menge die Abbildung

Dazu müssen wir zunächst zeigen, dass wieder zu gehört. Für ist aber nach Satz 39.1 (Analysis (Osnabrück 2021-2023))

und ist stetig, da es durch ein Integral definiert wird.
Zum Nachweis der Kontraktionseigenschaft seien gegeben. Für ein ist

Da dies für jedes gilt, folgt aus dieser Abschätzung direkt

d.h. es liegt eine starke Kontraktion vor. Daher besitzt ein eindeutiges Fixelement , und diese Abbildung löst die Differentialgleichung. Dies gilt dann erst recht auf jedem offenen Teilintervall von .
Damit haben wir insbesondere bewiesen, dass es in nur eine Lösung geben kann, wir wollen aber generell auf dem Intervall Eindeutigkeit erhalten. Für eine Lösung gilt aber wegen der Integralbeziehung wieder

und die gleichen Abschätzungen wie weiter oben zeigen, dass die Lösung zu gehören muss.


Aufgabe (5 Punkte)

Es sei

eine stetig differenzierbare Funktion und

das zugehörige Gradientenfeld. Es sei

eine stetig differenzierbare Lösung zur zugehörigen Differentialgleichung, die eine Faser zu zu zwei verschiedenen Zeitpunkten trifft. Zeige, dass konstant ist.


Lösung

Nehmen wir an, dass auf dem Intervall nicht konstant ist. Dann gibt es ein mit

Wir betrachten das Wegintegral

Hierbei beruht die mittlere Gleichung darauf, dass eine Lösung der Differentialgleichung ist. Da ist, ist die Norm positiv und daher ist wegen der Stetigkeit dieses Integral positiv. Andererseits ist ein Gradientenfeld und daher ist nach Lemma 57.8 (Analysis (Osnabrück 2021-2023))

da ja und zur gleichen Faser gehören. Dies ist ein Widerspruch.


Aufgabe (0 Punkte)


Lösung /Aufgabe/Lösung