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Kurs:Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)/Vorlesung 23/kontrolle

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Zerlegung im Kreisteilungsring

Wir besprechen die Ergebnisse der letzten Vorlesungen genauer anhand der Kreisteilungsringe. Nach Satz 17.11 liegt eine Galoiserweiterung vor. Auf das Verständnis der Kreisteilungsringe bauen wir einen Beweis des quadratischen Reziprozitätsgesetzes auf.



Lemma  Lemma 23.1 ändern

Es sei der -te Kreisteilungsring. Dann sind für eine ungerade Primzahl folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist ein Teiler von .
  2. Das Primideal verzweigt in .
  3. Das Kreisteilungspolynom ist über nicht separabel.
  4. Das Polynom ist über nicht separabel.
  5. Der Ring ist nicht reduziert.

Von (1) nach (2). Wenn ein Teiler von ist, so ist eine -te Einheitswurzel auch eine -te Einheitswurzel. Die -ten Einheitswurzeln lassen sich also als eine Potenz einer primitiven -ten Einheitswurzel erhalten und deshalb gilt für die Kreisteilungskörper . Damit ist auch . Nach Lemma 17.16 in Verbindung mit Satz 18.15 und Satz 18.10 verzweigt in und damit nach Aufgabe 18.10 auch in .

Die Äquivalenz von (2) und (3) ist klar aufgrund von Satz 18.10, Aufgabe 15.7 und Satz 17.18. Von (3) nach (4) ist klar wegen Aufgabe 15.8. Die Äquivalenz von (4) und (5) ist klar.

Von (4) nach (1). Wenn kein Teiler von ist, so ist eine Einheit in und somit sind und teilerfremd über , was nach Aufgabe 15.7 die Separabilität bedeutet.



Satz  Satz 23.2 ändern

Es sei der -te Kreisteilungsring und es sei eine Primzahl, die kein Teiler von sei. Es sei die multiplikative Ordnung von in .

Dann liegen oberhalb von in genau Primideale, deren Restekörper gleich sind.

Nach Voraussetzung ist kein Teiler von und damit eine Einheit in . Es gibt deshalb eine wohldefinierte Ordnung , also die kleinste positive Zahl mit . Dabei ist ein Teiler von , der Ordnung der Einheitengruppe . Nach Aufgabe 17.16 ist der kleinste Erweiterungskörper von , der verschiedene Einheitswurzeln enthält.

Wegen Lemma 22.1 und Lemma 23.1 ist lediglich zu zeigen, dass der Restekörper der Primideale oberhalb von ist. Betrachten wir also . Da eine primitive -te Einheitswurzel enthält, gibt es eine surjektive Abbildung

Diese faktorisiert nach Lemma 19.9 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)) durch

wobei ein Teiler von ist und dann gibt es auch eine Surjektion

Wenn ein echter Teiler von wäre, so würde sich ein Widerspruch ergeben, da dann das Bild von eine Ordnung hätte.


Die beiden Extremfälle des Zerlegungsverhaltens kann man folgendermaßen herausarbeiten.


Korollar  Korollar 23.3 ändern

Es sei der -te Kreisteilungsring. Dann sind für eine ungerade Primzahl folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist ein Teiler von .
  2. .
  3. In gibt es -te Einheitswurzeln.
  4. Das Polynom zerfällt über in verschiedene Linearformen.
  5. Das Kreisteilungspolynom zerfällt über in verschiedene Linearformen.
  6. Über liegen Primideale von .
  7. Das Kreisteilungspolynom hat eine Nullstelle in und ist nicht verzweigt.

Die Äquivalenz von (1) und (2) und die von (3) und (4) ist klar. Die Einheitengruppe von ist nach Satz 9.7 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)) zyklisch mit Elementen, das -te Potenzieren wird unter dieser Identifizierung zum -ten Multiplizieren,

Die -ten Einheitswurzeln entsprechen dabei dem Kern dieser Abbildung. Wenn ein Teiler von ist, so sei . In diesem Fall sind die verschiedenen Elemente des Kerns, was die Implikation von (1) nach (3) beweist. Umgekehrt besitzt der Kern wie jede Untergruppe von einen Erzeuger , der ein Teiler von ist. Wenn der Kern aus Elementen besteht, so ist , was die andere Implikation beweist.

Von (4) nach (5) ist klar, da das Kreisteilungspolynom ein Teiler von ist. Die Äquivalenz von (5) und (6) ist auch klar, da der Faserring über ist und da das Kreisteilungspolynom den Grad besitzt. Die Eigenschaft (5) impliziert unmittelbar den ersten Teil von (7). Wäre verzweigt in , so wäre nach Lemma 23.1 ein Teiler von , sagen wir , und dann wäre

über . Doch dann hätte das Kreisteilungspolynom mehrfache Nullstellen.

Von (7) nach (3). Zunächst ist nach Lemma 23.1 kein Teiler von , d.h. ist eine Einheit in . Es sei die (multiplikative) Ordnung von in . Dann gibt es in verschiedene -te Einheitswurzeln. Nach Voraussetzung gibt es eine Nullstelle des Kreisteilungspolynoms über . Dessen Potenzen durchlaufen in die -ten Einheitswurzeln. Da die Potenzen aber zu gehören, ist .



Es sei der -te Kreisteilungsring und es sei eine Primzahl, die kein Teiler von sei. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. Das Element erzeugt die Einheitengruppe von .
  2. Über liegt ein Primideal in , d.h. ist unzerlegt im Kreisteilungsring.
  3. Das Kreisteilungspolynom ist irreduzibel über .

Die Eigenschaft (1) bedeutet, dass die Ordnung von in der Einheitengruppe gleich ist. Somit folgt die Äquivalenz von (1) und (2) aus Satz 23.2. Die Äquivalenz zu (3) ist angesichts der Voraussetzung über die Unverzweigtheit und der expliziten Beschreibung der Kreisteilungsringe klar.

Nach Satz 17.11 in Verbindung mit Satz 21.2 und Satz 17.18 operiert die Galoisgruppe

auf dem -ten Kreisteilungsring

derart, dass durch die Substitution wirkt. Es sei eine Primzahl, die kein Teiler von sei, und es sei ein Primideal oberhalb von . Das Element gehört zur Einheitengruppe , seine Ordnung sei , vergleiche Satz 23.2. Zu gehört der Automorphismus von , der auf die -te Potenz von abbildet, wobei dies nur von der Restklasse von modulo abhängt. Dieser stimmt auf dem Faserring der Charakteristik mit dem Frobeniushomomorphismus überein, da er auf einem Erzeuger damit übereinstimmt und da der Frobenius auf die Identität ist. Daher gilt nach Aufgabe 5.39 und gehört zur Zerlegungsgruppe . Da die Ordnung besitzt, und die Zerlegungsgruppe nach Lemma 22.3  (4) Elemente besitzt, wird die Zerlegungsgruppe von diesem Element erzeugt. Da auf dem Faserring den Frobenius induziert, gilt dies auch auf dessen Restekörpern. Somit wird unter der in Lemma 22.5  (3) beschriebenen natürlichen Korrespondenz zwischen der Zerlegungsgruppe und der Galoisgruppe der Restekörpererweiterungen die Substitution auf den Frobenius abgebildet. Damit ist insbesondere zu jeder Primzahl das Frobenius-Element (siehe Bemerkung 22.10) im Fall von Kreisteilungsringen explizit gegeben.


Der in der letzten Vorlesung erwähnte Dichtigkeitssatz von Tschebotarjowsch beinhaltet unter Verwendng der vorstehenden Bemerknug im Fall von Kreisteilungsringen den Satz von Dirichlet über Primzahlen in einer arithmetischen Progression. Er besagt, dass die Primzahlen modulo den teilerfremden Resten zu einer gegebenen Zahl gleichverteilt sind.



Das quadratische Reziprozitätsgesetz

Das quadratische Reziprozitätsgesetz gehört zu den Hauptresultaten der Zahlentheorie und wurde erstmals von Gauß bewiesen. Es seien und verschiedene ungerade Primzahlen. Es geht dann um die Frage, ob in ein Quadrat ist, also eine Quadratwurzel besitzt, oder eben nicht. Die Aussage des Satzes ist nun, dass dies in einer direkten Beziehung zu der „reziproken Eigenschaft“ steht, ob in ein Quadrat ist. Es gibt eine Reihe von ziemlich verschiedenen Beweisen für diesen Satz, auch relativ elementare, siehe beispielsweise Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2016-2017)/Vorlesung 8. Der Nachteile dieser elementaren Beweise ist, dass sie konzeptionell eher undurchsichtig sind. Man kann die Beweise Zeile für Zeile nachprüfen, fragt sich letztlich aber dennoch, warum die Aussage überhaupt stimmt.


Für eine ungerade Primzahl und eine zu teilerfremde Zahl definiert man das Legendre-Symbol, geschrieben (sprich „ nach “), durch

Für einfache Eigenschaften des Legendre-Symbols siehe den Anhang. Für Vielfache von im Zähler setzt man das Legendre-Symbol gleich . Für die Beziehung zwischen quadratischen Resten und Kreisteilungsringen ist das folgende Konzept entscheidend.


Es sei eine ungerade Primzahl und die erste primitive komplexe Einheitswurzel. Dann nennt man

die (erste) quadratische Gaußsumme.



Lemma  Lemma 23.8 ändern

Es sei eine ungerade Primzahl.

Dann gilt für das Quadrat der ersten quadratischen Gaußsumme die Gleichung

Die hintere Gleichung beruht auf Satz Anhang 10.8. Nach Definition ist

Daher ist

Mit der neuen Variablen

können wir dies als

Für , also zwischen und , ist jedenfalls auch eine primitive -te Einheitswurzel. Für ein solches fixiertes ist

Die obige Summe ist also

da es nach Satz Anhang 10.1 gleich viele Quadrate wie Nichtquadrate in gibt.


Diese Aussage bedeutet insbesondere, dass im -ten Kreisteilungsring die quadratische Erweiterung zu oder liegt, wobei das Vorzeichen im Lemma mitbestimmt wird.



Lemma  Lemma 23.9 ändern

Es seien und verschiedene ungerade Primzahlen. Es sei der quadratische Zahlbereich zu und es sei der -te Kreisteilungsring. Es sei die multiplikative Ordnung von in . Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. Es ist ein Quadrat in .
  2. Über liegen in zwei Primideale.
  3. Über liegt in eine gerade Anzahl von Primidealen.
  4. Es ist ein Teiler von
  5. ist ein Quadrat in .

Die Äquivalenz von (1) und (2) ist klar nach Aufgabe 9.19. Von (2) nach (3). Nach Lemma 23.8 gilt , sodass diese Richtung aus Lemma 22.1 folgt, da sich der nichttrivale Automorphismus der quadratischen Erweiterung zu einem Automorphismus des Kreisteilungsringes fortsetzt, der die beiden Fasern vertauscht. Von (3) nach (2). Es sei ein Primideal über . Nach Lemma 22.3  (3) ist

und nach Voraussetzung ist wegen Lemma 22.1 gerade. Nach Aufgabe 22.6 ist auch die Anzahl der Primideale über im Zerlegungsring und die Restekörper sind . Da der Index der Zerlegungsgruppe in der zyklischen Galoisgruppe

gerade ist, umfasst der Zerlegungskörper den quadratischen Zahlbereich. Deshalb sind auch dessen Restekörper gleich dem Grundkörper und es liegt im Zahlbereich Zerlegung vor.

Die Äquivalenz von (3) und (4) ist klar aufgrund von Satz 23.2. (4) bedeutet, dass

deshalb folgt die Äquivalenz von (4) und (5) aus dem Euler-Kriterium.



Es seien und verschiedene ungerade Primzahlen. Dann gilt:

Nach Lemma 23.9 ist unter Verwendung von Lemma Anhang 10.4 und Satz Anhang 10.8