Kurs:Differentialgeometrie/2/Klausur mit Lösungen

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Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Punkte 3 3 8 7 8 3 5 5 6 4 12 64




Aufgabe (3 Punkte)

Definiere die folgenden (kursiv gedruckten) Begriffe.

  1. Ein Normalenfeld auf einer differenzierbaren Hyperfläche .
  2. Ein überdeckungskompakter topologischer Raum.
  3. Der Kotangentialraum in einem Punkt einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit .
  4. Ein regulärer Punkt zu einer differenzierbaren Abbildung

    zwischen differenzierbaren Mannigfaltigkeiten und .

  5. Das Produkt von differenzierbaren Mannigfaltigkeiten und .
  6. Ein Zusammenhang auf einem differenzierbaren Vektorbündel über einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit .


Lösung

  1. Ein Normalenfeld auf ist ein auf einer offenen Umgebung definiertes stetiges Vektorfeld mit

    für alle .

  2. Ein topologischer Raum heißt überdeckungskompakt, wenn es zu jeder offenen Überdeckung

    eine endliche Teilmenge derart gibt, dass

    ist.

  3. Unter dem Kotangentialraum an versteht man den Dualraum des Tangentialraumes an .
  4. Der Punkt heißt regulär für , wenn die Tangentialabbildung

    im Punkt maximalen Rang besitzt.

  5. Es seien und die Atlanten von und . Dann nennt man den Produktraum versehen mit den Karten

    (mit und ) das Produkt der Mannigfaltigkeiten und .

  6. Unter einem Zusammenhang auf versteht man eine direkte Summenzerlegung des Tangentialbündels in zwei Untervektorbündel und , wobei das Vertikalbündel ist.


Aufgabe (3 Punkte)

Formuliere die folgenden Sätze.

  1. Der Satz über die Beziehung zwischen Krümmung und Einheitsnormalenvektor einer bogenparametrisierten ebenen Kurve.
  2. Das Theorema egregium.
  3. Der Satz von Green für den Flächeninhalt.


Lösung

  1. Es sei eine zweifach stetig differenzierbare bogenparametrisierte Kurve. Dann ist die Krümmung von in gleich

    wobei

    ein Einheitsnormalenvektor in ist.
  2. Es sei eine orientierte Fläche und sei

    , eine zweifach differenzierbare lokale Parametrisierung von mit den Parametern . Es sei die erste Fundamentalmatrix auf .

    Dann gilt für die Gaußsche Krümmung unter Verwendung der Christoffelsymbole die Beziehung

  3. Es sei eine kompakte Mannigfaltigkeit mit Rand . Dann ist der Flächeninhalt von gleich


Aufgabe (8 Punkte)

Es sei

Bestimme die Hauptkrümmungen und die Hauptkrümmungsrichtungen des Graphen zu im Nullpunkt.


Lösung

Wir verwenden Lemma 4.9 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023)), wobei im Nullpunkt der Vorfaktor gleich ist und somit die Weingartenabbildung direkt durch die Hesse-Matrix beschrieben wird. Die Hesse-Matrix der Funktion ist

das charakteristische Polynom davon ist

Die Eigenwerte (und dies sind die Hauptkrümmungen) sind also

Bei und ist die Weingartenabbildung Multiplikation mit und jeder Vektor ist ein Eigenvektor, sei dies jetzt ausgeschlossen. Für

ist der Kern der Matrix

zu bestimmen, dieser ist

Eine Hauptkrümmungsrichtung ist also mit der Hauptkrümmung .

Entsprechend ergibt sich die Hauptkrümmungsrichtung mit der Hauptkrümmung .


Aufgabe (7 Punkte)

Beweise den Existenzsatz für den Paralleltransport auf einer Hyperfläche .


Lösung

Wir suchen nach einer differenzierbaren Abbildung

das die Bedingungnen

  1. für alle ,

  2. für alle ,

erfüllt. Die erste Bedingung bedeutet, dass senkrecht auf dem Normaleneinheitsvektors steht, also

Daher ist auch

Die zweite Bedingung, dass im Normalenraum liegt, bedeutet

für alle , was wir mit Hilfe der vorstehenden Gleichung zu

für alle bzw. zu

für alle umformen können. Hier steht eine gewöhnliche lineare Differentialgleichung erster Ordnung für , die zusammen mit der Anfangsbedingung nach Satz 56.2 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) eine eindeutige Lösung besitzt. Es kann also höchstens eine Lösung der Ausgangsgleichung geben. Wenn die eindeutige Lösung der Differentialgleichung ist, so liegt in der Tat eine Lösung der Ausgangsgleichung vor.


Aufgabe (8 Punkte)

Zeige, dass eine differenzierbare Mannigfaltigkeit der Dimension unendlich viele Diffeomorphismen

besitzt.


Lösung

Wir betrachten Funktionen der Bauart

mit

mit einem Parameter . Dabei ist stetig und auch stetig differenzierbar, da die Nullstellen des Polynoms doppelt sind. Somit ist auch stetig differenzierbar. Für hinreichend klein ist streng wachsend und definiert eine stetig differenzierbare bijektive Abbildung des Einheitsintervalls in sich, die im unteren und im oberen Drittel die Identität ist.

Mit definieren wir Diffeomorphismen des offenen Einheitsballes in sich, durch

Es wird also der Punkt abhängig vom Radius gestreckt, wobei auf und auf die Identität vorliegt.

Wenn nun eine Mannigfaltigkeit der Dimension ist, so wählen wir eine Karte

mit , wobei wir (durch verkleinern) davon ausgehen können, dass (ein offener Ball und dann auch) der offene Einheitsball ist. Die konstruierten Diffeomorphismen auf liefern Diffeomorphismen auf . Da diese für den äußeren Ball (ab Radius ) die Identität sind, kann man diese Diffeomorphismen auf durch die Identität auf diffeomorph ausdehnen.


Aufgabe (3 Punkte)

Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und

eine stetig differenzierbare Funktion. Die Funktion habe im Punkt ein lokales Extremum. Zeige


Lösung

Es sei ein Kartengebiet mit der Karte . Dann besitzt auch im Punkt ein lokales Extremum. Daher ist nach Fakt *****  (2) das totale Differential

die Nullabbildung. Daher ist .


Aufgabe (5 Punkte)

Wir betrachten die - Differentialform

auf der - Sphäre , wobei die Koordinaten des umgebenden mit und bezeichnet seien. Bestimme unter der stetig differenzierbaren Abbildung


Lösung

Es ist

und

Somit ist


Aufgabe (5 Punkte)

Beweise den Satz über die Berechnung des kanonischen Volumens auf einer riemannschen Mannigfaltigkeit .


Lösung

Gemäß der Definition . müssen wir die Differentialform für jeden Punkt berechnen. Diese Form besitzt die Gestalt und ist durch ihren Wert auf festgelegt. Es ist

Nach Definition der metrischen Fundamentalmatrix ist

Nach Satz 7.8 (Maß- und Integrationstheorie (Osnabrück 2022-2023)) ist


Aufgabe (6 (1+1+3+1) Punkte)

Begründe, dass der keine Struktur einer Mannigfaltigkeit mit Rand derart trägt, dass die angegebene Teilmenge der Rand ist.

a) , wobei das Intervall auf der -Achse liegt.

b) , wobei das Intervall auf der -Achse liegt.

c) , wobei die -Achse sei.

d) .


Lösung

a) Der Rand einer Mannigfaltigkeit mit Rand ist nach Lemma 21.3 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023))  (2) abgeschlossen, das offene Intervall als Teilmenge des ist aber nicht abgeschlossen.

b) Der Rand einer Mannigfaltigkeit mit Rand ist nach Satz 21.4 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023)) eine Mannigfaltigkeit ohne Rand, das abgeschlossene Intervall besitzt aber Randpunkte.

c) Es sei angenommen, dass eine Mannigfaltigkeit mit dem Rand ist. Zu gibt es dann eine offene Umgebung und eine Homöomorphie

mit einer offenen Menge , wobei eine Halbebene bezeichnet. Dabei können wir durch eine kleinere offene Halbballumgebung um ersetzen. Bei einer solchen Karte werden nach Lemma 21.3 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023))  (2) Randpunkte auf Randpunkte abgebildet, d.h. es ist

Damit erhält man auch eine Homöomorphie zwischen den Komplementen, also zwischen und . Die Halbballumgebung rechts ist aber wegzusammenhängend, wohingegen die Menge links die disjunkte Vereinigung der Schnitte mit der positiven bzw. der negativen Hälfte ist, die beide offen und auch nicht leer sind, da eine Ballumgebung von enthält. Daher ist die Menge links nicht zusammenhängend und es kann keine Homöomorphie geben.

d) wie c).


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei eine stetig differenzierbare - Differentialform auf einer offenen Menge und sei die äußere Ableitung gleich

mit einer Funktion . Zeige für die Gleichheit

wobei das Volumen der -dimensionalen Einheitskugel bezeichnet.


Lösung

Wir wenden den Satz von Stokes auf die Kugeln mit dem Rand (mit Mittelpunkt und Radius ) an und erhalten

wobei wir für das letzte Gleichheitszeichen die Stetigkeit von benutzt haben.


Aufgabe (12 Punkte)

Beweise den Satz von Stokes für Mannigfaltigkeiten mit Rand.


Lösung

Es sei , , eine offene Überdeckung von mit orientierten Karten und es sei , , eine dieser Überdeckung untergeordnete stetig differenzierbare Partition der Eins, die nach Satz 22.10 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023)) existiert. Zu jedem gibt es eine offene Umgebung derart, dass bis auf endlich viele Ausnahmen ist. Es sei der Träger von . Die Überdeckung besitzt wegen der vorausgesetzten Kompaktheit eine endliche Teilüberdeckung, sagen wir

Daher sind überhaupt nur endlich viele der auf von verschieden. Wir setzen ; diese Differentialformen sind ebenfalls stetig differenzierbar. Der Träger von ist eine in abgeschlossene Teilmenge, die in liegt, daher liegt der Träger von in und ist selbst kompakt nach Aufgabe 13.10 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023)). Es gilt

wobei nur endlich viele dieser Differentialformen von verschieden sind, da für alle ist und

für alle bis auf endlich viele Ausnahmen. Wegen der Additivität des Integrals von Differentialformen und der Additivität der äußeren Ableitung kann man die Aussage für die einzelnen getrennt beweisen. Wir können also annehmen, dass eine stetig differenzierbare -Differentialform gegeben ist, die kompakten Träger besitzt, der ganz in einer Kartenumgebung liegt.
Es liegt ein Diffeomorphismus mit offen vor, der zugleich einen Diffeomorphismus zwischen den Rändern und induziert. Dabei gilt

und

nach Lemma 20.2 (Differentialgeometrie (Osnabrück 2023))  (5). Wir können also von einer auf definierten stetig differenzierbaren Differentialform mit kompaktem Träger ausgehen, die wir auf ganz außerhalb des Trägers als Nullform fortsetzen können.
Wegen der Kompaktheit des Trägers gibt es einen hinreichend großen Quader , dessen eine Seite auf liegt und der den Träger von nur in trifft. Auf allen anderen Seiten von ist (und damit auch ) die Nullform. Daher gilt einerseits

und andererseits

Somit folgt die Aussage aus der Quaderversion des Satzes von Stokes.