Kurs:Riemannsche Flächen (Osnabrück 2022)/Vorlesung 26/kontrolle
Der Beweis der folgenden Aussage erfordert funktionalanalytische Methoden, die wir nicht entwickeln werden.
Es sei eine kompakte zusammenhängende riemannsche Fläche.
Dann ist ein endlichdimensionaler - Vektorraum.
Die Dimension dieses Raumes nennt man das (kohomologische) Geschlecht von , was wir ab der nächsten Vorlesung systematisch untersuchen werden. Hier werden wir zeigen, wie man mit Satz 26.1 zeigen kann, dass man jede „abstrakte“ kompakte riemannsche Fläche „konkrete“ algebraisch über der projektiven Geraden realisieren kann.
- Der Existenzsatz für meromorphe Funktionen
Es sei eine kompakte zusammenhängende riemannsche Fläche und ein Punkt.
Dann gibt es eine nichtkonstante meromorphe Funktion auf , die außerhalb von holomorph ist.
Nach Satz 26.1 ist endlichdimensional, sei die Dimension. Es sei eine offene Umgebung, die einer offenen Kreisscheibe in mit Koordinate entspreche, und sei
Dann ist eine offene Überdeckung von und ist eine punktierte Kreisscheibe. Jede auf definierte holomorphe Funktion definiert via Čech-Kohomologie eine Kohomologieklasse in . Dies wenden wir auf die Potenzen an. Wegen der Endlichdimensionalität der Kohomologiegruppe muss es in eine nichttriviale lineare Abhängigkeit zwischen den Klassen geben. D.h. es gibt eine Linearkombination
wo nicht alle Koeffizienten gleich sind, dessen Klasse die Nullklasse ist. Nach Lemma 22.5 ist die Zuordnung injektiv. Daher ist auch in der Čech-Kohomologie zur gegebenen Überdeckung trivial. Das bedeutet, dass es holomorphe Funktionen
und
gibt mit
auf . Dann ist
eine insgesamt meromorphe Funktion auf , die auf holomorph ist. Auf liegt eine nichtkonstante meromorphe Funktion mit (eventuell) einem Pol in vor, der nur von abhängt und dessen Polordnung höchstens ist.
- Die algebraische Realisierbarkeit von kompakten riemannschen Flächen
Es sei eine kompakte zusammenhängende riemannsche Fläche.
Dann gibt es eine surjektive endliche holomorphe Abbildung
Nach Satz 26.2 gibt es eine nichtkonstante meromorphe Funktion auf . Nach Satz 18.6 entspricht dies einer holomorphen Abbildung von nach , die wir ebenfalls mit bezeichnen. Nach Lemma Anhang 3.3 ist die Abbildung eigentlich. Insbesondere sind die Fasern kompakt. Aus der Diskretheit der Fasern bei einer nichttrivialen holomorphen Funktion folgt, dass die Fasern endlich sind. Da das Bild nach Satz Anhang. abgeschlossen und nach Satz 3.15 auch offen ist, folgt, dass die Abbildung surjektiv ist.
Wir wollen ausgehend von
Satz 26.3
zeigen, dass jede kompakte riemannsche Fläche sich algebraisch über der projektiven Geraden realisieren lässt. Als Hilfsmittel verwenden wir die
elementar-symmetrischen Polynome,
siehe den Anhang.
Es sei eine endliche holomorphe Überlagerung zwischen riemannschen Flächen der Blätterzahl . Es sei eine meromorphe Funktion auf . Zu einer offenen Menge mit der Eigenschaft, dass
und biholomorph sind, betrachten wir auf die meromorphen Funktionen
Dann sind die elementar-symmetrischen Polynome , , in den wohldefinierte meromorphe Funktionen auf ganz .
Auf einer offenen Menge mit der formulierten Eigenschaft kann man über auch als Funktionen auf auffassen, die invariant unter der Vertauschung der Kopien oberhalb von sind. Die Funktionen sind aufgefasst auf ebenfalls invariant unter einer Vertauschung der Indizes und man kann sie daher unmittelbar als meromorphe Funktionen auf auffassen. Zu einer anderen offenen Menge mit der formulierten Eigenschaft erhält man jeweils die gleiche Funktion, da die Nummerierung der Urbilder keine Rolle spielt.
Es sei eine endliche holomorphe Überlagerung zwischen zusammenhängenden riemannschen Flächen der Blätterzahl . Es sei eine meromorphe Funktion auf .
Dann erfüllt eine algebraische Gleichung über dem Körper der meromorphen Funktionen von vom Grad .
Wir betrachten die meromorphen Funktionen im Sinne von Lemma 26.4 und das Polynom
wobei die die elementar-symmetrischen Polynome in den sind, die auf ganz definiert sind. Diese sind meromorphe Funktionen auf , das Polynom gehört zum Polynomring über dem Körper der meromorphen Funktionen zu und die Faktorzerlegung existiert über dem Körper der meromorphen Funktionen zu bzw. zu . Wenn man in dieses Polynom einsetzt, so erhält man die Nullfunktion, da man dies auf den offenen Mengen lokal überprüfen kann. D.h. erfüllt eine algebraische Gleichung vom Grad über dem Körper der meromorphen Funktionen von .
Es sei eine endliche holomorphe Abbildung zwischen zusammenhängenden riemannschen Flächen der Blätterzahl . Es sei eine meromorphe Funktion auf .
Dann erfüllt eine algebraische Gleichung über dem Körper der meromorphen Funktionen von vom Grad .
Dies kann man nach der Herausnahme von diskreten Punktmengen in und in auf die unverzweigte Situation zurückführen und Lemma 26.5 verwenden. Man beachte, dass in dieser Situation die elementar-symmetrischen Funktionen auf sich auf ganz meromorph fortsetzen lassen. Die Gültigkeit der algebraischen Gleichung liegt nach dem Identitätssatz auf ganz vor, da sie auf einer offenen Teilmenge gilt.
Es sei eine endliche holomorphe Abbildung zwischen zusammenhängenden riemannschen Flächen der Blätterzahl .
Dann ist
eine endliche Körpererweiterung vom Grad .
Nehmen wir an, dass eine Körpererweiterung
vorliegt, deren Grad unendlich ist oder endlich ist mit einem Grad, der größer als ist. Im ersten Fall gibt es nach Lemma 26.6 innerhalb von eine unendliche Kette von endlichen Körpererweiterungen
es gibt dann also auch (wie sowieso im zweiten Fall) eine endliche Körpererweiterung
deren Grad über größer als ist. Nach Satz 13.15 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)) gibt es ein , das erzeugt, also
Dabei ist der Grad des irreduziblen Minimalpolynoms von gleich dem Grad der Körpererweiterung im Widerspruch zu Lemma 26.6.
Es sei eine endliche holomorphe Abbildung zwischen kompakten zusammenhängenden riemannschen Flächen der Blätterzahl .
Dann ist
eine endliche Körpererweiterung vom Grad .
Die Abschätzung, dass der Grad der Körpererweiterung höchstens ist, wurde in Lemma 26.7 bewiesen.
Es sei nun
und es ist zu zeigen, dass das Minimalpolynom von den Grad besitzt. Angenommen, das Minimalpolynom
mit (aufgefasst in ) hat Grad . Es sei ein Punkt, über dem keine Verzweigung stattfindet, wo die holomorph sind und worüber holomorph ist. Es gibt dann Urbildpunkte . Diese erfüllen die Gleichung
D.h. die Punkte haben die Eigenschaft, dass alle Werte Nullstellen des Polynoms sind. Da es nur Nullstellen gibt, muss beispielsweise sein. Da jedoch zusammen mit den Körper der meromorphen Funktionen auf erzeugt, haben und für beliebige meromorphe Funktionen den gleichen Wert. Doch das widerspricht dem Beweis von Satz 26.2.
Es sei eine kompakte zusammenhängende riemannsche Fläche.
Dann ist der Körper der meromorphen Funktionen eine endliche Körpererweiterung vom Körper der rationalen Funktionen .
Nach Satz 26.3 gibt es eine surjektive endliche holomorphe Abbildung
sagen wir mit Blätterzahl . Nach Satz 26.8 liegt eine endliche Körpererweiterung
vom Grad vor und nach Satz 19.19 ist
Mit Hilfe der vorstehenden Resultate kann man zeigen, dass man jede kompakte riemannsche Fläche als eine glatte projektive Kurve erhalten kann. Dies ist nach diesen Ergebnissen noch eine rein algebraische Aussage, da man jede endliche Körpererweiterung von als Funktionenkörper einer eindeutig bestimmten glatten projektiven Kurve realisieren kann. Der folgende Satz besagt, dass zu einer glatten projektiven Kurve der Funktionenkörper mit dem Körper der meromorphen Funktionen auf der zugehörigen riemannschen Fläche übereinstimmt.
Es sei eine zusammenhängende glatte projektive Kurve über und sei die zugehörige kompakte zusammenhängende riemannsche Fläche.
Dann stimmt der Körper der meromorphen Funktionen mit dem Funktionenkörper der projektiven Kurve überein.
Es gibt einen algebraischen endlichen Morphismus
dabei ist der Grad der Körpererweiterung der Funktionenkörper nach Satz 13.8 (Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)) gleich der generischen Anzahl der Urbildpunkte. Diese Abbildung induziert eine endliche holomorphe Abbildung zwischen den riemannschen Flächen
deren Blätterzahl gleich ist. Nach (dem Beweis von) Satz 26.9 besitzt die Körpererweiterung
ebenfalls den Grad . Aus der trivialen Inklusion folgt dann .
Der folgende Satz über Nullstellengebilde schließt an
Lemma 14.2
an.
Es sei eine zusammenhängende riemannsche Fläche, es seien holomorphe Funktionen auf und es sei das Polynom
Dann ist das Nullstellengebilde zu über zusammenhängend.
Wir argumentieren über die offene Teilmenge von , auf der die meromorphen Funktionen holomorph sind, was die Irreduzibilität nicht ändert. Die seien also holomorph. Die Abbildung ist endlich. Nehmen wir an, es gebe eine Zerlegung
in Zusammenhangskomponenten . Die induzierten Abbildungen sind ebenfalls endlich. Nach Lemma 26.6 erfüllt die auf eingeschränkte Funktion eine Ganzheitsgleichung vom Grad . Sie erfüllt aber auch die Ausgangsgleichung auf und damit auf . Dies widerspricht der Irreduzibilität.
Es sei eine endliche holomorphe Abbildung zwischen kompakten zusammenhängenden riemannschen Flächen der Blätterzahl .
Dann lässt sich über dem Komplement einer diskreten Teilmenge von als Nullstellengebilde zu einem Polynom vom Grad über dem Körper realisieren.
Nach Satz 26.8 liegt eine endliche Körpererweiterung vom Grad vor. Nach Satz 13.15 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)) ist
mit einer meromorphen Funktion auf und einem Minimalpolynom
mit meromorphen Funktionen . Es sei das Komplement einer diskreten Teilmenge derart, dass über unverzweigt ist, dass die holomorph auf sind und dass auf
holomorph ist. Wir betrachten die Abbildung
Wegen als holomorphe Funktion auf ist
und daher liegt das Bild von im Nullstellengebilde zu . Die Abbildung ist injektiv (vergleiche den Beweis zu Satz 26.8) und aus Anzahlgründen auch surjektiv. Wir haben also eine Homöomorphie zwischen den beiden holomorphen Überlagerungen und über . Daher ist auch biholomorph.
Entsprechend zu Satz 26.1 gilt, dass für eine invertierbare Garbe auf einer zusammenhängenden kompakten riemannschen Fläche die Kohomologiegruppen endlichdimensional sind. Entsprechend zu Satz 26.2 folgt, dass die invertierbare Garbe einen meromorphen Schnitt besitzt, der abgesehen von einem Punkt holomorph ist. Dies erlaubt es, eine invertierbare Garbe als eine Untergarbe der Garbe der meromorphen Funktionen zu realisieren. Dies bedeutet wegen Lemma 20.16, dass jede invertierbare Garbe die zugehörige invertierbare Garbe zu einem Divisor ist. Man kann also Konzepte wie den Grad eines Divisors auf jede invertierbare Garbe übertragen. Mit Satz 20.17 folgt
Aus Lemma 25.12 folgt dann wiederum im kompakten Fall, dass trivial ist.