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Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2022-2023)/Teil I/Vorlesung D/Referenzsuche

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Die Grundidee für das schriftliche Multiplizieren liegt im allgemeinen Distributivgesetz. Für zwei natürliche Zahlen der Form

ist

Hierbei ist im Allgemeinen der Vorfaktor nicht kleiner als aus diesem Ausdruck ist also nicht unmittelbar die Ziffernentwicklung des Produktes ablesbar. In einer solchen Situation ist Bemerkung 14.5 anwendbar. Dies ist aber nicht das Verfahren zum schriftlichen Multiplizieren.


Beim zweier natürlicher Zahlen, die im Dezimalsystem als

gegeben sind, geht man folgendermaßen vor.

  1. Man berechnet für jedes einzeln die Dezimalziffern[1] des Teilproduktes und die (mit dem Startwert) sukzessive über die Gleichungen mit
  2. Die zu den (bzw.) gehörenden Ziffernfolgen schreibt man untereinander, wobei jeweils unterhalb von steht.
  3. Man summiert die verschiedenen verschobenen Teilprodukte im Sinne des schriftlichen Addierens.

Das Ergebnis (im Dezimalsystem) dieser Addition ist die Ausgabe des Multiplikationsalgorithmus.

Das Problem, dass bei der distributiven Multiplikation von zwei natürlichen Zahlen im Dezimalsystem die Vorfaktoren zu groß sind, tritt schon dann auf, wenn die zweite Zahl

einstellig ist (sogar wenn beide Zahlen einstellig sind; dies wird durch das kleine Einmaleins erledigt). Diesen Fall betrachten wir zuerst.


Das schriftliche Multiplizieren mit einem einstelligen zweiten Faktor im Zehnersystem ist korrekt.

Die linke Faktor sei

und der rechte Faktor sei

wir haben also die schriftliche Multiplikation der Form

im Sinne von Verfahren 16.1 durchzuführen. Das Ergebnis ist die Zahl Wir müssen zeigen, dass dies das wahre Produkt ist. Es ist, wobei wir mehrfach die definierende Gleichung

verwenden,


Die folgenden Überlegungen beziehen sich auf die Überträge bei der Multiplikation mit einer einstelligen Zahl.


Beim schriftlichen Multiplizieren mit einer einstelligen Zahl

sind die Überträge stets

Beweis

Siehe Aufgabe 16.10.


Der Übertrag tritt in der Tat auf, wie die Multiplikation der mit zeigt.


Der Übertrag bei der Multiplikation mit einer einstelligen Zahl wirkt sich im Allgemeinen auf jede Ziffer des Ergebnisses aus, d.h. Überträge setzen sich fort. Daher muss man die einzelnen Ziffern von hinten nach vorne mit multiplizieren. Beispielsweise ist bei

und

einerseits

und andererseits


Im Gegensatz zur Multiplikation mit der ist die Multiplikation mit den beiden echten Teilern der also mit

besonders einfach, da hier die Überträge nicht fortgesetzt werden können. Um die te Ziffer des Produktes einer Zahl mit der (oder der) auszurechnen, muss man nur die te und die te Ziffer der Zahl kennen.

Bei der Multiplikation mit

und mit

vereinfacht sich das in Verfahren 16.1 beschriebene Verfahren zur Multiplikation einer Zahl

mit einer einstelligen Zahl Gemäß diesem Verfahren sind die Berechnungen (Division mit Rest)

mit

durchzuführen, wobei dadurch die und die rekursiv mit dem Startwert

festgelegt sind und wobei die die Ziffern des Ergebnisses beschreiben. Wir behaupten, dass man in den beiden Fällen stattdessen nur

berechnen muss und die Ergebnisziffern

erhält. Insbesondere hängt nur von

ab. Kurz gesagt: Die te Ziffer eines Produktes mit (oder mit) ergibt sich, wenn man die zweistellige Zahl mit bzw. mit multipliziert und von diesem Ergebnis die vordere Ziffer nimmt.

Zunächst sind nach Lemma 16.3 bei der Multiplikation mit einer jeden einstelligen Zahl die Überträge echt kleiner als Bei

kommen also nur die Überträge

in Frage. Somit stimmen die ganzzahligen Anteile bei der Division mit Rest von

durch überein (wenn man zu einer geraden Zahl eine addiert, ändert sich die Zehnerziffer nicht), Die Beziehung

folgt direkt.

Bei

kommen nur die Überträge in Frage. Somit stimmen die ganzzahligen Anteile bei der Division mit Rest von

durch überein (wenn man zu einer durch teilbaren Zahl eine Zahl addiert, ändert sich die Zehnerziffer nicht). Die Beziehung

folgt wieder direkt.


Als nächstes Hilfsmittel betrachten wir die extreme Situation, wo der rechte Faktor eine Zehnerpotenz ist. Das Dezimalsystem verhält sich bei einer solchen Multiplikation besonders einfach.


Die Dezimaldarstellung eines Produktes aus einer im Dezimalsystem gegebenen natürlichen Zahl

und einer Zehnerpotenz erhält man, indem man an diese Ziffernfolge Nullen anhängt.

Es ist

woraus unmittelbar die Dezimaldarstellung des Produktes ablesbar ist.



Das schriftliche Multiplizieren im Zehnersystem ist korrekt.

Die beiden Zahlen seien

Beim schriftlichen Multiplizieren berechnet man unabhängig voneinander

für

und notiert das Ergebnis so, dass die Einerziffer unterhalb von steht. So entstehen Zahlen, die versetzt übereinander stehen. Diese Zahlen werden nach hinten mit Nullen aufgefüllt (wobei man dies nur gedanklich machen muss). Die Summe dieser Zahlen im Sinne des schriftlichen Addierens ist das Endergebnis

Nach Lemma 16.2 werden die im schriftlichen Multiplizieren korrekt ausgerechnet. Dadurch, dass die Einzelergebnisse unterhalb von stehen und nach hinten mit Nullen aufgefüllt werden, stehen im Algorithmus wegen Lemma 16.6 die Zahlen korrekt übereinander, sodass das schriftliche Addieren nach Satz 15.6 das korrekte Ergebnis liefert.

Eine alternative Möglichkeit, zwei im Dezimalsystem gegebene natürliche Zahlen algorithmisch zu multiplizieren, bietet das (oder Rauteverfahren oder Gitterverfahren), das wir an einem Beispiel erläutern wollen. Es soll die Multiplikation durchgeführt werden. Dazu legt man ein (mehr oder weniger) rechteckiges Schema der Form

an, sodass für jedes Ziffernpaar eine Raute entsteht, die durch die vertikalen Striche in zwei Hälften unterteilt wird. Die Produkte der einstelligen Ziffern gemäß dem kleinen Einmaleins schreibt man in die zugehörige Raute, und zwar die Endziffer rechts und die Zehnerziffer links.

Dann addiert man die entstehenden Spalten aus einstelligen Zahlen zusammen, notiert die Endziffer der Summe darunter und verarbeitet den Übertrag eine Stelle weiter links. Das Gesamtergebnis steht unter der punktierten Linie. Für die Korrektheit dieses Algorithmus sei auf Aufgabe 16.18 verwiesen. Der Vorteil dieses Algorithmus ist, dass man nur das kleine Einmaleins und die Addition braucht, man muss keine Überträge haben.




x-y 1 2 3 4 5 6 7 8 9
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18


Das für Diese Tabelle muss man auswendig kennen, um das schriftliche Subtrahieren effektiv durchführen zu können. Der Eintrag bedeutet, dass diese Operation (wie) in nicht durchgeführt werden kann, der Eintrag bedeutet, dass diese Operation in ausgeführt werden kann, dass sie aber auf eine Operation in der Einerstelle allein zurückgeführt werden kann (wie bei).


Beim schriftlichen Subtrahieren zweier natürlicher Zahlen mit

die im Dezimalsystem als

gegeben sind, geht man folgendermaßen vor. Man berechnet die Dezimalziffern des Ergebnisses und die Überträge (mit dem Startwert) sukzessive durch

und

Die Dezimaldarstellung der Differenz ist



Das schriftliche Subtrahieren von natürlichen Zahlen ist korrekt.

Es sei

und

Wir behaupten, dass für jedes

der Ausdruck

konstant gleich ist. Für

fehlen die die und die Ausdrücke, sodass dies richtig ist. Wir betrachten den Übergang von nach was dem ten Rechenschritt entspricht. Im Fall

ist


und somit

Im Fall

ist


und somit

Für

sind die und die Ausdrücke vollständig abgebaut () und es bleiben die vollständigen und Ausdrücke übrig. Damit ist gezeigt, dass

ist und somit ist gleich der Differenz

  1. Eigentlich müsste man schreiben, da diese Ziffern auch von abhängen; für einen relativ langen Abschnitt ist aber das fest gewählt.





Unter einem (arithmetischen)

versteht man einen  Ausdruck, der sich aus  und  mit Hilfe der Verknüpfungssymbole

(eventuell mit

oder daraus abgeleiteten Operationen wie Potenzen), mit weiteren Funktionssysmbolen (wie die Fakultät, Wurzel, abstrakte Funktionssymbole wie) und mit Klammern bilden lässt. Eine Variable ist typischerweise ein Buchstabe in den man eine echte Zahl (zumeist aus einem fixierten Zahlenbereich) oder auch einen anderen Term kann.[1] Mit zahlenähnlich ist gemeint, dass wirklich eine Zahl entsteht, wenn man alle Variablen durch Zahlen ersetzt. Terme sind auch die Ausdrücke, die auf einer Seite einer Gleichung (oder Ungleichung) stehen können. Beispielsweise sind

Terme. Dagegen sind

keine Terme.

Wichtig ist, dass man Terme nur dann als gleich ansieht, wenn es sich um dieselbe Zeichenreihe handelt. Das oder von Termen verändert den Term, aber nicht die dadurch gegebene Zahl. Beispielsweise sind und oder

verschiedene Terme. Gleichheit zwischen diesen beiden letzten Ausdrücken gilt nur bei einer bestimmten Interpretation, wenn man

als natürliche Zahlen oder als Elemente eines kommutativen Halbringes interpretiert (erste binomische Formel).

Eine wichtige Funktion von Termen ist ihr Auftreten in Gleichungen. Gleichungen sich durch das Vorkommen des Gleichheitszeichens charakterisiert, wodurch eine Gleichung in zwei Hälften unterteilt wird,[2] in diesen Hälften stehen Terme. Gleichungen sind Aussagen, die prinzipiell wahr oder falsch sein können. Gleichungen und Terme treten in der Mathematik in unterschiedlicher Bedeutung auf, die sich häufig vom Kontext her erkennen lassen. Wir listen die wesentlichen Gleichungstypen auf.

1) Identitäten von Elementen

Das sind Gleichungen der Form

oder

oder

die besagen, das zwei irgendwie gegebene Elemente einer Menge gleich sind.

sind unterschiedliche Terme, haben aber denselben Zahlwert. In solchen Gleichungen kommen keine Variablen vor. Häufig werden solche Gleichungen verwendet, um etwas auszurechnen, also einen komplizierten Ausdruck in eine einfache Standardform zu bringen. Dazu gehören die Rechnungen in etwa im Dezimalsystem.

2) Allgemeine Termidentitäten (Formeln, Rechengesetze)

Diese drücken eine allgemeine Gleichung zwischen Termen aus, in denen Variabeln vorkommen, und die Gleichheit bedeutet, dass für jede sinnvolle Ersetzung der Variablen durch Zahlen (die gewisse Bedingungen erfüllen) Gleichheit gilt. Beispiele dazu sind

oder

oder

Sie drücken eine Gesetzmäßigkeit aus, die unter bestimmten Bedingungen gilt, beispielsweise wenn Elemente eines kommutativen Halbringes sind oder wenn Kathetenlängen und die Hypotenusenlänge eines rechtwinkligen Dreiecks ist. Charakteristisch für solche Gleichungen ist, dass in ihnen Variablen vorkommen und dass, wenn man für die Variablen simultan (also an jeder Stelle, wo die Variable steht) Elemente, die die Bedingung erfüllen, einsetzt, eine wahre Elementgleichung entsteht. Eine solche Identität repräsentiert also eine Vielzahl an einzelnen Elementgleichungen. Aus dem Distributivgesetz entsteht beispielsweise durch Einsetzen die spezielle Identität


3) Definitionsgleichungen

Das sind Gleichungen, durch die eine abkürzende Schreibweise für einen komplexeren Ausdruck eingeführt wird. Beispiele sind

Hierbei schreibt man häufig (gelesen: ist definitionsgemäß gleich) statt wobei der Doppelpunkt auf der Seite des einzuführenden Ausdrucks steht.

4) Gleichungen als Bedingung

Damit sind Gleichungen wie

gemeint. In diesen kommen (in aller Regel) Variablen vor, es wird aber nicht eine allgemeingültige Formel zum Ausdruck gebracht, sondern es wird eine Bedingung an die auftretenden Variablen formuliert. D.h. es werden die Elemente gesucht, die die Gleichungen erfüllen, die man also für die Variablen einsetzen kann, damit eine wahre Elementidentität entsteht. Gleichungen in diesem Sinne definieren die Aufgabenstellung, nach Lösungen zu suchen. Eine ist ein Element aus der gegebenen Grundmenge (bzw. ein Tupel wie

falls es mehrere Variablen gibt), das die Eigenschaft besitzt, dass wenn man durch ersetzt, eine wahre Elementidentität entsteht. Die (oder) besteht aus allen Lösungen, sie kann leer sein, aus einem Element oder aus vielen Elementen bestehen. Bei Gleichungen wie

was manchmal auch als

formuliert wird, ist das Lösen einer Gleichung einfach das Ausrechnen der einen Seite.

5) Funktionale Gleichungen

Eine Gleichung der Form

nennt man auch Dabei steht für einen komplexen Term, in dem die Variable vorkommt (funktionaler Ausdruck). Man kann sie als eine Definitionsgleichung auffassen, insofern eine abkürzende Schreibweise für den komplexen Term ist, aber auch als Bedingungsgleichung, insofern nach den Paaren gesucht wird, die diese Gleichung erfüllen. Bei dieser Interpretation ist die Lösungsmenge einfach der Graph der Funktion Eine solche Funktionsgleichung hat aber auch noch den zusätzlichen Aspekt, dass sie eine Größenbeziehung bzw. eine Größenberechnung beschreibt. Aus der variablen Größe wird gemäß der Funktionsvorschrift die variable Größe berechnet. Zwischen physikalischen oder sonstigen Größen kann beispielsweise ein linearer (proportionaler) Zusammenhang bestehen, wie wenn eine Meterangabe in Zentimeter umgerechnet werden soll oder eine Währung in eine andere Währung konvertiert werden soll. Wenn man für oder für gewisse Elemente vorgibt, so erhält man Bedingungsgleichungen in einer (nämlich der nicht fixierten) Variablen. Wenn man für ein bestimmtes Element vorgibt, so ist die Bestimmung des zugehörigen einfach das Ausrechnen von Wenn hingegen für ein bestimmtes Element vorgegeben wird, so ist die Suche nach allen mit der Eigenschaft

oft schwierig.

Manche Gleichungen wie die zuletzt genannten Funktionsgleichungen kann man in mehrfacher Weise auffassen. So kann man die Gleichung

als Gesetzmäßigkeit in einem rechtwinkligen Dreieck auffassen (bei richtiger Interpretation der einzelnen Variablen) oder als Aufgabenstellung, alle Tripel zu bestimmen, die diese Gleichung erfüllen.

Da Gleichungen prinzipiell Aussagen sind, kann man auch die aussagenlogischen Operationen auf sie anwenden. Man kann eine Gleichung negieren, was zu einer Ungleichung (im Sinne von nicht im Sinne von) führt. Eine quadratische Gleichung wie

führt typischerweise zu einer Lösungsbeschreibung wie

oder

also zu einer Alternation von Gleichungen (die Durchnummerierung ist nur dann nötig, wenn man das weglässt und wenn man eine Auflistung der Lösungen haben möchte). Die Konjunktion von Gleichungen führt zu einem beispielsweise einem bei dem man nach den Zahltupeln sucht, die sämtliche beteiligten Gleichungen simultan erfüllen.


In dieser Vorlesung beschäftigen wir uns mit Gleichungen von dem zuletzt beschriebenen Typ, in dem nur eine Variable vorkommt, und die von einer einfachen Bauart sind.

Unter einer Gleichung in einer Variablen (oder Unbekannten oder Unbestimmten)

versteht man einen Ausdruck der Form

wobei sowohl als auch mathematische Ausdrücke (Terme) bezeichnen, in denen in einer mehr oder weniger komplexen Form vorkommt (als Extremfall erlauben wir die Situation, wo nicht explizit von abhängt). In einer solchen Situation besteht die Aufgabe darin, die Lösungen oder die Lösung für zu finden, also diejenigen Zahlen (aus einem vorgegebenen Zahlenbereich) zu finden, die die Gleichung erfüllen, die also die Eigenschaft besitzen, dass, wenn man links und rechts die Unbestimmte durch die Zahl ersetzt, in der Tat links und rechts das gleiche steht, oder aber festzustellen, dass die Gleichung keine Lösung hat. Typische Beispiele sind[3]



Wenn man von Gleichungen in einer Variablen (von einer bestimmten Bauart) allgemein spricht, so ist es oft sinnvoll, für die umgebenden Daten, die die Gleichung konstituieren, selbst wieder Buchstaben zu verwenden. Diese sind zwar auch variabel, sie sind aber keine Variablen (der Gleichung), sondern die man sich als konkret fixiert denken sollte. Eine solche Gleichung heißt auch eine erst durch die wirkliche Fixierung der Parameter als Zahlen entsteht eine echte Gleichung. Beispielsweise ist eine additive Gleichung eine Gleichung der Form

und eine lineare Gleichung ist eine Gleichung der Form

Eine normierte quadratische Gleichung hat die Form

Hier sind (bzw. ) Parameter, die die Gleichung festlegen, wofür dann die Lösung gesucht wird.

Wir sagen, dass zwei Gleichungen (oder) sind, wenn sie sich auf die gleiche Variablenmenge beziehen und ihre Lösungsmengen übereinstimmen.

Wenn eine Gleichung der Form

vorliegt, wobei ein Term ist, in dem die Variable nicht vorkommt, so sagt man, dass in der Gleichung (oder[4]) vorliegt. Hierbei kann eventuell ein komplizierter Ausdruck sein, und so besteht die Aufgabe im Allgemeinen darin, den Ausdruck zu vereinfachen. Wenn beispielsweise

vorliegt, so führt dies auf die vereinfachte und nicht weiter zu vereinfachende Gleichung

die man dann als Lösung betrachtet. Grundsätzlich versteht man unter der Lösung (im Sinne von die Lösung finden) einer Gleichung in einer Variablen die Isolierung der Variablen auf einer Seite und die Vereinfachung der anderen Seite.


Eine Gleichung der Form

mit Ausdrücken

in denen die Variable vorkommt, ist lösungsäquivalent zur Gleichung

Für diese Umformung braucht man die negativen Zahlen. Grundsätzlich, und das heißt bei theoretischen Überlegungen, kann man sich auf Gleichungen der Form

mit einem Ausdruck in der Variablen beschränken. Allerdings muss diese Umstellung nicht unbedingt eine Vereinfachung sein.



Es sei ein Dedekind-Peano-Modell der natürlichen Zahlen, d.h. man hat nur die Nachfolgerabbildung

mit ihren charakteristischen Eigenschaften zur Verfügung. Damit kann man für jedes feste

die

formulieren. Dies ist eine Bedingungsgleichung, man sucht nach derjenigen Zahl dessen Nachfolger die Zahl ist. Bei

besitzt diese Gleichung eine eindeutige Lösung, nämlich den Vorgänger von der aufgrund der Injektivität der Nachfolgerabbildung und dem Induktionsaxiom eindeutig bestimmt ist (siehe Aufgabe 7.10). Hingegen besitzt die Gleichung

keine Lösung, da die kein Nachfolger einer natürlichen Zahl ist.



Wir arbeiten über den natürlichen Zahlen und betrachten die Gleichung

mit der Unbestimmten Gesucht ist also nach derjenigen Zahl, die zu hinzuaddiert die Zahl ergibt. Diese Gleichung besitzt die einzige Lösung

Dies sind zwei Aussagen! Einerseits wird behauptet, dass eine Lösung ist und andererseits, dass es außer der keine weitere Lösung gibt. Das Erste kann man einfach durch Einsetzen und Nachrechnen überprüfen, es ist ja in der Tat

Dass es keine weitere Lösung gibt, ergibt sich einfach aus der Abziehregel. Wenn eine weitere Lösung der Gleichung ist,[5] so liegt die Gleichungskette

vor, die Abziehregel sichert dann

Dieses Argument kann man auch dann durchführen, wenn man die eine Lösung noch gar nicht kennt: Aus der Gleichung[6]

folgt eben


Betrachten wir allgemein eine Gleichung (eine oder) der Form

mit fixierten natürlichen Zahlen

Zwar sind hier ebenso wie Buchstaben, die für natürliche Zahlen stehen, doch ist die Funktion jeweils eine andere. Die Zahlen stellen jeweils fixierte natürliche Zahlen dar, die somit die Gleichung (als Parameter) festlegen, für die dann die zu bestimmende Unbekannte ist. Wenn also

vorliegt, so denke man nicht an die Menge aller Dreiertupel

derart, dass die Gleichheit vorliegt (was ebenfalls eine sinnvolle mathematische Aufgabe ist), sondern an eine Gleichung in die durch die Zahlen als Parameter bestimmt ist.

Das Lösungsverhalten über einer Gleichung der Form

hängt vom Größenverhältnis zwischen

ab. Bei

gibt es keine Lösung, da wegen

die linke Seite stets (für jedes) größer als die rechte Seite ist.

Bei

hingegen gibt es wie im zuerst genannten Beispiel genau eine Lösung. Die Voraussetzung

bedeutet ja, dass man von aus durch sukzessives Nachfolgerbilden zu gelangt. Diese Definition ist nach Lemma 10.5 äquivalent dazu, dass es überhaupt ein

mit

gibt. Die eindeutige Lösung ist dann gerade diejenige Zahl, die angibt, wie oft man den Nachfolger von nehmen muss, um zu zu gelangen. Also ist die Differenz[7]

die eindeutig bestimmte Lösung der Gleichung

bei


Spezifische Bezeichnungen für spezielle Gleichungen orientieren sich an den in der Gleichung vorkommenden mathematischen Strukturen, nicht am Lösungsverfahren. Eine quadratische Gleichung

heißt weil in ihr der komplizierteste Ausdruck das Quadrat ist. Sie heißen nicht obwohl zur Bestimmung ihrer Lösung Quadratwurzeln gezogen werden. Entsprechend nennen wir

eine obwohl man die Lösung durch Subtraktion findet, und

eine obwohl die Lösung der Vorgänger von ist.


Eine wichtige Methode, Gleichungen zu lösen, besteht darin, sie umzuformen, indem man in der Gleichung beidseitig die gleiche Rechenoperation durchführt.


Es sei

eine Gleichung in der Variablen über einem gegebenen Zahlenbereich Es sei

eine Abbildung. Dann gelten die folgenden Eigenschaften.

  1. Wenn eine Lösung der Gleichung ist, so ist auch eine Lösung der umgeformten Gleichung
  2. Wenn injektiv ist, so ist genau dann eine Lösung der Gleichung, wenn eine Lösung der umgeformten Gleichung ist.
  1. Wenn ist, so ist auch da ja eine Abbildung wohldefiniert auf den Elementen ist, und nicht irgendwie von der Darstellung des Elementes abhängt.
  2. Dies ist eine unmittelbare Anwendung der Injektivität von


Wichtige elementare Anwendungen dieses Prinzips sind, dass man zu einer Gleichung (über den natürlichen, ganzen, reellen Zahlen) beidseitig eine natürliche Zahl hinzuaddieren oder beidseitig mit einer von verschiedenen Zahl multiplizieren darf. Die Injektivität ergibt sich aus der Abziehregel bzw. aus der Kürzungsregel. Bei einer injektiven Abbildung ergibt sich also eine lösungsäquivalente Gleichung, man spricht von Bei einer nicht injektiven Abbildung liefert die umgeformte Gleichung nur eine für eine Lösung der ursprünglichen Gleichung.


Auf die Gleichung

kann man beidseitig die Addition (die bijektiv ist) loslassen und erhält die umgeformte Gleichung

Vereinfachungen führen auf die Lösung


Es sei eine Gleichung der Form

gegeben. Wir betrachten Gleichungsumformungen, die nicht auf einer injektiven Abbildung beruhen. Als Extremfall betrachten wir die Multiplikation mit die ja aufgrund der Annullationsregel alles auf abbildet und somit hochgradig nicht injektiv ist. Die umgeformte Gleichung ist

also einfach

Diese Gleichung wird natürlich von jedem erfüllt, zum Auffinden der Lösungen der Ursprungsgleichung liefert diese Umformung keinen sinnvollen Beitrag.

Betrachten wir das Quadrieren, d.h. wir gehen von der gegebenen Gleichung zu

über. Über den natürlichen Zahlen ist das Quadrieren eine injektive Abbildung, aber nicht auf den ganzen Zahlen. Die Gleichung

hat offenbar die einzige Lösung

dagegen hat die quadrierte Gleichung

die beiden Lösungen

Ein wichtiges Leitmotiv für Zahlenbereichserweiterungen ist es, dass eine bestimmte Art von Gleichungen, die bisher (in einem bestimmten Zahlenbereich) nur unter ganz bestimmten Bedingungen eine Lösung besitzt, stets eine Lösung besitzt. Dieses Motiv wird beim Übergang von nach von nach und von nach auftreten.


Bei einer handelt es sich um einen Ausdruck der Form

wobei

Ausdrücke in der einen Variablen sind. Statt Ungleichung ist eigentlich die Bezeichnung besser. Wie eine Gleichung bezieht sich eine solche Ungleichung auf eine Grundmenge typischerweise ein Zahlenbereich mit einer Ordnung, in der die Ausdrücke

und das sinnvoll interpretiert werden können. Unter einer Lösung der Ungleichung versteht man ein

das die Bedingung

erfüllt. Unter der zur Ungleichung versteht man die Menge aller Lösungen, also die Menge

  1. Laufvariablen kann man nicht durch andere Terme ersetzen, nur durch eine andere Laufvariable umbenennen. Eine Laufvariable kommt beispielsweise im Term vor, hier ist eine Laufvariable und eine echte Variable. Andererseits bezeichnet der Buchstabe die Kreiszahl und ist keine Variable.
  2. Eine Gleichungskette wie ist einfach eine abkürzende Schreibweise für die drei Einzelgleichungen.
  3. bezeichnet im Folgenden die Nachfolgerabbildung, gesucht ist also nach dem Vorgänger.
  4. Dieser Sprachgebrauch ist nicht unproblematisch, da zur Lösung das Vereinfachen gehört. Allerdings ist dieser Vereinfachungsschritt häufig unproblematisch.
  5. Hier ist also ein bestimmtes Element der Grundmenge, das die Gleichung erfüllt, keine neue Variable der Gleichung.
  6. Dies ist keine neue Gleichung mit zwei Variablen, sondern eine Elementgleichung in.
  7. Es ist typisch, dass Gleichungen zu neuen Begriffen führen.





Wir haben in der letzten Vorlesung gesehen, dass die Gleichung

mit

formulierbar ist, aber es dort bei

keine Lösung gibt. Wir würden gerne von dieser Gleichung links und rechts um links

und rechts die Lösung für zu erhalten. Um dies durchführen zu können, müssen wir die natürlichen Zahlen zu einem größeren Zahlenbereich erweitern, nämlich zur Menge der ganzen Zahlen. Solche Zahlenbereichserweiterungen ziehen sich durch die gesamte Mathematik, egal ob in der Schule oder auf der Hochschule. Wir werden noch die Erweiterung von den ganzen Zahlen zu den rationalen Zahlen und von den rationalen Zahlen zu den reellen Zahlen kennenlernen. Eine wichtige Motivation ist dabei, so wie hier, dass man Lösungen für gewisse Gleichungen finden möchte, für die es im Ausgangszahlenbereich keine Lösung gibt, und dass man diese Lösungen auch rechnerisch auffinden und handhaben möchte. Zugleich möchte man mit den neuen Zahlen möglichst viel machen können, was man im Ausgangsbereich kann, also beispielsweise nach wie vor addieren und multiplizieren, wobei auch die gleichen Gesetzmäßigkeiten weiter gelten sollen ().

Da wir von nun an mit verschiedenen Zahlenbereichen arbeiten, wird es wichtig, zu betonen, in welchem Zahlenbereich wir uns befinden. Die Gleichung

besitzt in keine Lösung. Diese Tatsache bleibt unabhängig davon bestehen, dass es in anderen Bereichen eine Lösung gibt.

Wir führen jetzt die Menge der ganzen Zahlen ein, auf denen wir dann bald die Verknüpfungen festlegen und die zugehörigen Rechengesetze nachweisen werden.


Die Menge der ganzen Zahlen

besteht aus der Menge aller positiven natürlichen Zahlen  der  und der Menge  deren Elemente die negativen ganzen Zahlen heißen.  

Diese Definition hat den Vorteil, dass sie direkt ist und ohne mengentheoretische Überlegungen[1] (Äquivalenzrelationen) auskommt. Jede ganze Zahl gehört unmittelbar zu genau einem der drei Typen (positiv, , negativ). Der Nachteil ist, dass die Verknüpfungen darauf, nämlich die Addition und die Multiplikation, die die gleichnamigen Verknüpfungen auf den natürlichen Zahlen fortsetzen sollen, nicht unmittelbar ersichtlich sind, sondern auf eine Weise festgelegt werden müssen, die zumindest auf den ersten Blick etwas willkürlich aussehen mag. Zugleich ist der Nachweis der Gesetzmäßigkeiten, wie beispielsweise das Assoziativgesetz, recht aufwändig, da man alle Kombinationen der möglichen Fälle untersuchen muss.

Das Minuszeichen kommt in dieser Definition nur im Sinne einer Bezeichnung vor, es ist Teil eines Namens (das) für eine neue Zahl. Das Minuszeichen wird bald unterschiedliche Funktionen übernehmen, die man konzeptionell auseinanderhalten muss, siehe Aufgabe 18.7.

Die negativen Zahlen kann man ausgehend von jedem Bezeichnungsystem für die natürlichen Zahlen bilden, die neuen Zahlen ergeben sich ja einfach aus den natürlichen Zahlen, indem man ein Minuszeichen davorsetzt. Beispielsweise sind

angedeutete Auflistungen für alle ganzen Zahlen.



Insbesondere kann man den Zahlenstrahl zu einer Zahlengeraden erweitern und links von der die negativen Zahlen platzieren. Durch diese Anordnung entsteht eine Symmetrie am Nullpunkt, wobei die negative Zahl der positiven Zahl gegenüber liegt. Diese Symmetrie gilt insbesondere auf der Zahlengeraden. Wenn man die ganzen Zahlen dynamisch als (gleichlange) Schritte nach rechts bzw. nach links (oder nach vorne bzw. nach hinten oder nach oben bzw. nach unten) interpretiert, so sehen die negativen Zahl so wie die positiven Zahlen aus.


Wie verhalten sich die ganzen Zahlen bezüglich der Zählvorstellung (im Sinne der Nachfolgerabbildung) für die natürlichen Zahlen, die wir in der fünften Vorlesung kennengelernt haben? Die richtige Vorstellung ergibt sich, wenn man die Nachfolgerabbildung auf fortsetzt, und dabei gemäß der in Bemerkung 18.2 schon verwendeten Reihenfolge vorgeht (dort wurde die Nachfolgerabbildung durch die gewählte Anordnung schon vorweggenommen). Wenn man auf der Zahlenstrahl ist, so erhält man den Nachfolger in indem man einen Schritt (einer fixierten einheitlichen Länge) nach rechts macht. Diese Interpretation des Nachfolgers lässt sich unmittelbar auf die Zahlengerade fortsetzen, der Nachfolger ist und bleibt der Schritt nach rechts ().

Die algebraische Definition sieht folgendermaßen aus.


Unter dem Nachfolger

einer ganzen Zahl

versteht man die Zahl

In dieser Definition wird also Bezug auf die Nachfolgerabbildung in (also) und die Vorgängerabbildung (also) Bezug genommen.



Die Nachfolgerabbilung

besitzt die folgenden Eigenschaften.

  1. Die Nachfolgerabbildung stimmt auf mit der dortigen Nachfolgerabbildung überein.
  2. Die Nachfolgerabbildung ist bijektiv. (Die Umkehrabbildung wird als bezeichnet.)
  3. Es ist und für
  4. Jede ganze Zahl lässt sich ausgehend von durch eine Iteration der Nachfolgerabbildung oder eine Iteration der Vorgängerabbildung erreichen.

Beweis

Siehe Aufgabe 18.9.


Die Bijektivität der Nachfolgerabbildung bedeutet insbesondere, dass die Nachfolgergleichung

für jedes

eine eindeutige Lösung besitzt, nämlich den Vorgänger von Durch diese Zielsetzung kann man auch die ganzen Zahlen einführen. Man möchte für die einen Vorgänger haben (den es innerhalb der natürlichen Zahlen nicht gibt), und diesen nennt man Für diese neue Zahl möchte man wieder einen Vorgänger haben, diesen nennt man davon möchte man wieder einen Vorgänger haben, u.s.w. Für den fachen Vorgänger schreibt man dann

Welche Objekte bzw. Strukturen kann man mit den ganzen Zahlen zählen? Es gibt keine Mengen mit negativ vielen Elementen! Dennoch gibt es viele Situationen, wo man mit ganzen Zahlen sinnvoll zählen kann. Sobald es einen ()

zusammen mit einem zugehörigen gegenläufigen Prozess gibt, wie etwa einen Schritt nach rechts bzw. einen Schritt nach links zu machen, oder wenn man zwei sehr große Haufen

(oder Körbe) an Äpfeln hat, und der Prozess ist, einen Apfel von dem einen Haufen zu dem anderen Haufen zu transportieren (mit dem umgekehrten Transport als dem gegenläufigen Prozess), so kann man die möglichen (hintereinander ausgeführten) Prozesse durch die ganzen Zahlen beschreiben: (oder deutlicher) bedeutet Äpfel von Haufen nach Haufen übertragen, bedeutet drei Äpfel von Haufen nach Haufen übertragen. Hierbei muss man willkürlich festlegen, welche Prozessrichtung man als positiv ansehen möchte. Auch in der Hauswirtschaft werden die Einnahmen positiv und die Ausgaben negativ verbucht. Damit zusammenhängend werden negative Zahlen häufig als Schulden und positive Zahlen als Guthaben interpretiert.



Unter der Negation auf der Menge der ganzen Zahl versteht man die Abbildung

die durch

gegeben ist.

Hier tritt das Minuszeichen in einer zweiten Bedeutung auf, als Funktionssymbol. Für

ist

d.h. Vorzeichen und Funktionssymbol stimmen überein (das ist der Grund, warum man das gleiche Symbol verwenden kann), für

ist

wobei das vordere Minuszeichen das Funktionssymbol und das hintere Minuszeichen das Vorzeichen ist. Ferner gilt

für jedes

wobei hier das Minuszeichen zweimal das Funktionssymbol bezeichnet. Die Negation ist auf dem Zahlenstrahl die Spiegelung an der sie macht aus einen Schritt nach rechts ein Schritt nach links (und umgekehrt) und vertauscht Guthaben und Schulden.


Wir kommen zur Addition auf den ganzen Zahlen.


Auf den ganzen Zahlen wird folgendermaßen eine Verknüpfung, genannt Addition eingeführt (dabei bezeichnen natürliche Zahlen). Es ist

Die in Bemerkung 18.5 besprochenen Interpretationen für ganze Zahlen passen sehr gut zur Addition der ganzen Zahlen. Die Addition einer Reihe von Ausgaben oder Einnahmen führt zur Gesamteinnahme bzw. Gesamtausgabe; wenn man hintereinander mehrfach nach vorne (oder nach rechts) bzw. nach hinten (nach links) geht, so beschreibt die Addition den Gesamtbewegungsvorgang; wenn die einen Äpfel von nach und die anderen von nach schmeißen, so beschreibt die Addition den Gesamttransport. Hierzu muss man sich nur davon überzeugen, dass die über die Fallunterscheidung definierte Addition genau das macht, was im (Bewegungs-)Prozess geschieht. Wenn man beispielsweise zuerst Äpfel von nach transportiert und dann Äpfel ebenfalls von nach so transportiert man insgesamt Äpfel von nach Wenn man hingegen zuerst Äpfel von nach transportiert und dann Äpfel in die andere Richtung, also von nach transportiert, so hängt der Gesamtprozess wesentlich davon ab, ob oder ob größer (oder gleich) ist. Bei

transportiert man insgesamt Äpfel von nach (vergleiche Satz 10.13), andernfalls transportiert man Äpfel von nach Mit diesen Interpretationen werden auch die algebraischen Gesetze für die Addition ganzer Zahlen einsichtig.


Mit der Addition kann man die Nachfolgerabbildung ale Addition mit und die Vorgängerabbildung als Addition mit auffassen. Die Addition auf den ganzen Zahlen passt auch gut zu der Addition der natürlichen Zahlen, wenn man wie in der Definition 8.10 unter das Ergebnis versteht, das sich ergibt, wenn man von ausgehend den fachen Nachfolger nimmt. Entsprechend stimmt mit dem fachen Nachfolger von und mit dem fachen Vorgänger von überein (dabei ist und ).

Innerhalb der ganzen Zahlen besitzt die mit den natürlichen Zahlen formulierte Gleichung

eine eindeutige Lösung, nämlich Bei

ist das ja nach Definition die natürliche Differenz und bei

ist nach Definition

und wegen

ist nach der Definition der Addition und Lemma 10.14  (3)

Diese eindeutige Lösbarkeit überträgt sich auf eine Gleichung der Form

mit

siehe Aufgabe 18.24. Diese Aussage folgt auch aus Lemma 19.8 in Verbindung mit Satz 19.3.




Die Addition auf den ganzen Zahlen erfüllt die folgenden Eigenschaften.

  1. Die Addition besitzt als neutrales Element.
  2. Die Addition ist eine kommutative Verknüpfung.
  3. Die Addition ist assoziative Verknüpfung.
  4. Zu jedem gibt es ein mit

  1. Dass das neutrale Element ist, folgt unmittelbar aus den ersten beiden Teilen der Definition der Addition.
  2. Die Kommutativität der Addition beweisen wir mit einer Fallunterscheidung, je nachdem, ob die Summanden nichtnegativ (natürliche Zahlen) oder negativ sind. Wenn beide Summanden aus sind, ergibt sich dies unmittelbar aus der Kommutativität der Addition in den natürlichen Zahlen. Wenn aus ist und negativ ist, so muss man eine weitere Fallunterscheidung vornehmen. Bei ist nach dem (der ersten Hälfte des) zweiten Teil der Definition, und ebenso ist nach dem (der ersten Hälfte des) dritten Teils der Definition. Bei ist wiederum nach den Definitionen. Wenn beide Zahlen negativ sind ergibt sich die Kommutativität sofort aus dem vierten Teil der Definition.
  3. Die Assoziativität nachzuweisen ist aufwändiger, da dann drei Zahlen ins Spiel kommen, für die es jeweils mehrere Fälle gibt. Wenn eine der beteiligten Zahlen aber ist, so ist die Aussage wegen der bewiesenen neutralen Eigenschaft der klar. Wir müssen also nur noch die acht Fälle (in denen selbst jeweils wiederum Fallunterscheidungen gemäß der Größenbeziehung der beteiligten Elemente nötig sind) durchgehen, je nachdem, ob positiv oder negativ sind. Wenn beispielsweise mit positiven Zahlen ist, so ist Wenn ist, so ist dies (in), andernfalls ist dies Für die andere Klammerung ergibt sich Bei ist einerseits und andererseits Somit ist die zweite Klammerung in diesem Fall nach Aufgabe 10.29 ebenfalls gleich Bei unterscheiden wir die Fälle und Bei ist und daher ist unter Verwendung von Lemma 10.14  (3) Bei ist erst recht und somit ist nach Lemma 10.14  (2) Für die anderen Fälle siehe Aufgabe 18.23.
  4. Bei positivem hat die Eigenschaft, dass die Summe ist, bei negativem mit mit erfüllt die Eigenschaft.

In beiden Fällen erfüllt also das Negative zu die Eigenschaft


Für die Assoziativität der Addition in geben wir noch ein weiteres einleuchtenderes Argument, das sich an der inhaltlichen Beschreibung der Addition von ganzen Zahlen als einen gerichteten Transport von Objekten (zwischen zwei Haufen, also mit Rücktransport) orientiert. Diese Interpretation deckt sich mit den Festlegungen in Definition 18.7. In dieser Interpretation ist aber das Assoziativgesetz unmittelbar einleuchtend, da man die Hintereinanderausführung von drei Transportprozessen als einen Gesamtprozess auffassen kann, aber auch die beiden ersten Prozesse zusammenfassen oder die beiden letzten zusammenfassen kann.



Auf den ganzen Zahlen wird folgendermaßen eine Verknüpfung, genannt Multiplikation eingeführt (dabei bezeichnen natürliche Zahlen). Es ist

Der letzte Teil passt gut zu der Eigenschaft der Negation, zu sich selbst invers zu sein. Die Negation kann man insbesondere als Multiplikation mit der auffassen. Dennoch sind

und

verschiedene Eigenschaften (Letzteres ist für eine Definition, und das Minuszeichen ist dabei das Vorzeichen, für beliebige ist es eine daraus folgende Eigenschaft der Multiplikation, und das Minuszeichen ist das Funktionszeichen).

Wie schon bei den natürlichen Zahlen ist die Vorstellung für die Multiplikation von ganzen Zahlen schwieriger als für die Addition, da bei der Addition beide Summanden die gleiche Rolle spielen (zumindest in der wichtigsten Interpretationen), während dies bei der Multiplikation nicht der Fall ist. Man kann nicht drei Äpfel mal fünf Äpfel ausrechnen. Wie bei den natürlichen Zahlen beschreibt der eine Faktor die Vielfachheit, mit der ein Prozess durchgeführt, den der andere Faktor quantitativ misst. Man kann also dreimal jeweils fünf Äpfel von nach transportieren und transportiert dann insgesamt Äpfel von nach Das gleiche erreicht man, wenn man fünfmal drei Äpfel von nach transportiert. Ebenso kann man mal Äpfel in die andere Richtung von nach transportieren, und transportiert damit insgesamt Äpfel von nach Ganze Zahlen (der Apfeltransport samt Richtung) mit einer natürlichen Zahl zu multiplizieren besitzt also eine passende natürliche Interpretation. Schwieriger ist es, wenn beide Zahlen negativ sind. Die Definition sagt, dass dann das Produkt der zugehörigen positiven Zahlen herauskommt. Dies kann man sich so vorstellen: Es sei ein reversibler Prozess, der gegenläufige Prozess sei mit bezeichnet. Für

ist die fache Ausführung von Für negatives

interpretiert man dann als die fache Ausführung des gegenläufigen Prozesses. Insbesondere ist

Multiplikation mit führt also auf den gegenläufigen Prozess, und von daher ist es einleuchtend, auch

zu setzen, da der gegenläufige Prozess zum gegenläufigen Prozess der Prozess selbst ist.

Auch von den gewünschten algebraischen Gesetzmäßigkeiten her ist die Festlegung sinnvoll. Es soll

gelten und es soll das Distributivgesetz gelten. Dann ist für

und


Bei negativem

ergibt sich daraus

Das Produkt muss also bei Addition mit Null ergeben, dies ist aber gerade die charakteristische Eigenschaft von Also ist




Die Multiplikation auf den ganzen Zahlen ist eine kommutative assoziative Verknüpfung mit als neutralem Element. Es gilt das Distributivgesetz.

Die Kommutativität der Multiplikation und die Eigenschaft, dass das neutrale Element ist, folgt unmittelbar aus der Definition 18.11. Zum Nachweis des Assoziativgesetzes stellt man zunächst fest, dass herauskommt, sobald ein Faktor ist. Die verbleibenden acht möglichen Fälle kann man einfach abhandeln, da das Vorzeichen des Produktes nur davon abhängt, wie viele Zahlen positiv und wie viele Zahlen negativ sind, siehe Aufgabe 18.29.

Zum Nachweis des Distributivgesetzes

können wir, indem wir bei negativem mit multiplizieren, annehmen, dass positiv ist (bei

gilt die Gleichung sowieso). Wenn beide aus sind oder beide negativ, so ergibt sich die Gleichung unmittelbar. Es sei also

aus und

negativ. Bei

ist nach Satz 10.8 auch

In diesem Fall ist somit nach Lemma 10.15

Bei

ist nach Satz 10.8 auch

In diesem Fall ist somit wieder nach Satz 10.8



Unter dem Betrag

einer 

ganzen Zahl

versteht man die Zahl selbst, falls diese positiv ist, oder aber die Zahl  falls  negativ 

(und positiv) ist.

Der Betrag ist also stets eine natürliche Zahl.

  1. Einen mengentheoretisch aufwändigeren Zugang zu den ganzen Zahlen werden wir im zweiten Semester kennenlernen.





Wir erfassen die in der letzten Vorlesung etablierten algebraischen Eigenschaften der ganzen Zahlen mit einem neuen Begriff.


Eine Menge heißt ein Ring wenn es zwei Verknüpfungen (genannt und)

und (nicht notwendigerweise verschiedene) Elemente

gibt, die die folgenden Eigenschaften erfüllen.

  1. Axiome der Addition
    1. Assoziativgesetz: Für alle gilt
    2. Kommutativgesetz: Für alle gilt
    3. ist das neutrale Element der Addition, d.h. für alle ist
    4. Existenz des Negativen: Zu jedem gibt es ein Element mit
  2. Axiome der Multiplikation
    1. Assoziativgesetz: Für alle gilt
    2. ist das neutrale Element der Multiplikation, d.h. für alle ist
  3. Distributivgesetz: Für alle gilt und

Ein Ring

heißt kommutativ wenn die Multiplikation kommutativ ist.  

Ein kommutativer Ring ist insbesondere ein kommutativer Halbring, alle für Halbringe geltenden Eigenschaften wie beispielsweise die allgemeine binomische Formel gelten insbesondere auch für kommutative Ringe. Der wesentliche Unterschied liegt in der zusätzlichen Bedingung (1.4), der Existenz des Negativen. Dieses Negative ist eindeutig bestimmt: Wenn nämlich sowohl als auch die Eigenschaft haben, dass ihre Addition zu den Wert ergibt, so erhält man direkt

Für das zu jedem

eindeutig bestimmte Negative schreiben wir Wegen

ist auch das Negative zu also

Bei

stimmt diese Definition mit der in der letzten Vorlesung gemachten Definition 18.6 überein, wie der Beweis der Existenz des Negativen in Lemma 18.10 zeigt.

Mit diesem neuen Begriff können wir festhalten.


Die ganzen Zahlen

bilden einen kommutativen Ring.

Dies folgt unmittelbar aus Lemma 18.10 und Lemma 18.13.


In einem kommutativen Ring und Elemente

verwendet man

als abkürzende Schreibweise. Man spricht von der bzw. der Die Subtraktion ist also die Addition von mit dem Negativen (also) von Bei natürlichen Zahlen mit

stimmt die innerhalb der natürlichen Zahlen genommenen Differenz (siehe die zehnte Vorlesung) mit der hier in über das Negative genommenen Differenz überein. Dies beruht darauf, dass es sich jeweils um eine Lösung der Gleichung

handelt und diese Gleichung eine eindeutige Lösung besitzt.



Es sei ein kommutativer Ring und seien Elemente aus

Dann gelten folgende Aussagen.

  1. (),
  2. (),
  1. Es ist Durch beidseitiges Abziehen (also Addition mit ) von ergibt sich die Behauptung.
  2. nach Teil (1). Daher ist das (eindeutig bestimmte) Negative von
  3. Nach (2) ist und wegen folgt die Behauptung.
  4. Dies folgt auch aus dem bisher Bewiesenen.


Wie in jedem kommutativen Halbring kann man in jedem kommutativen Ring Ausdrücke der Form mit

und

sinnvoll interpretieren, und zwar ist die fache Summe von mit sich selbst. Auch die Potenzschreibweise wird wieder verwendet und es gelten insbesondere die in Lemma 11.8 formulierten Potenzgesetze. Darüber hinaus kann man auch für negative Zahlen den Ausdruck interpretieren, nämlich als

Insbesondere ist

in jedem kommutativen Ring sinnvoll interpretierbar. Dabei gelten naheliegende Rechengesetze, siehe Aufgabe 19.10.


Wir schauen uns kurz die Addition in einem kommutativen Ring genauer an. Hier begegnen wir einer Struktur, die später bei Körpern wieder auftaucht. Mit dieser Struktur kann man viele strukturelle Gemeinsamkeiten zwischen der Addition (in) und der Multiplikation (beispielsweise in oder in) erfassen.


Eine Menge mit einem ausgezeichneten Element

und mit einer Verknüpfung

heißt Gruppe wenn folgende Eigenschaften erfüllt sind.

  1. Die Verknüpfung ist assoziativ, d.h. für alle gilt
  2. Das Element ist ein neutrales Element, d.h. für alle gilt
  3. Zu jedem gibt es ein inverses Element, d.h. es gibt ein mit

Eine Gruppe

heißt kommutativ

(oder abelsch), wenn die Verknüpfung kommutativ ist, wenn also

für alle

gilt.



Es sei eine Gruppe.

Dann ist zu jedem

das Element

mit

eindeutig bestimmt.

Es sei

und

Dann ist


Ein kommutativer Ring ist bezüglich der Addition insbesondere eine kommutative Gruppe. Insbesondere bilden die ganzen Zahlen eine kommutative Gruppe, das inverse Element zu ist das negative Element Allgemein gilt in Gruppen die eindeutige Lösbarkeit von mit der Verknüpfung formulierten Gleichungen.



Es sei eine Gruppe.

Dann besitzen zu je zwei Gruppenelementen

die beiden Gleichungen

eindeutige Lösungen

Wir betrachten die linke Gleichung. Aus beidseitiger Multiplikation mit (bzw. mit) von links folgt, dass nur

als Lösung in Frage kommt. Wenn man dies einsetzt, so sieht man, dass es sich in der Tat um eine Lösung handelt.


Wir erweitern die Größergleichrelation auf den natürlichen Zahlen zu einer Ordnung auf den ganzen Zahlen.


Auf den ganzen Zahlen definieren wir folgendermaßen die Größergleichrelation

Wir sagen

wenn es eine natürliche Zahl

mit

gibt.

Damit gilt bei der Interpretation an der Zahlengeraden wieder, dass

bedeutet, dass rechts von liegt.

  1. Wenn ist, so ist einfach die Ordnung auf wie unmittelbar aus Lemma 10.5 folgt.
  2. Wenn ist und negativ, so ist da ja dann mit ist, da ja sowohl natürliche Zahlen sind.
  3. Wenn beide negativ sind, so ist genau dann, wenn (innerhalb der natürlichen Zahlen) gilt. Die Beziehung mit einer natürlichen Zahl ist ja zu äquivalent, was man als schreiben kann.




Die Größergleichrelation

auf den 

ganzen Zahlen erfüllt die folgenden Eigenschaften.

  1. Es liegt eine totale Ordnung vor.
  2. Aus folgt für beliebige
  3. Aus und folgt für beliebige
  1. Siehe Aufgabe 19.17.
  2. Die Beziehung bedeutet, dass es eine natürliche Zahl mit gibt. Durch beidseitige Addition von ergibt sich was bedeutet.
  3. Die Voraussetzung bedeutet, dass sind. Somit ist auch also


Damit bilden die ganzen Zahlen einen angeordneten Ring im Sinne der folgenden Definition.


Ein kommutativer Ring heißt angeordnet wenn es eine totale Ordnung

auf  gibt, die die beiden Eigenschaften
  1. Aus folgt für beliebige
  2. Aus und folgt für beliebige

erfüllt.

Die erste Eigenschaft nennt man die zweite Neben den ganzen Zahlen werden wir später zwei weitere angeordnete Ringe kennenlernen, nämlich den Körper der rationalen Zahlen und den Körper der reellen Zahlen. Für all diese Ringe bzw. Körper gelten die folgenden Eigenschaften. Man überlege sich für den Fall der ganzen Zahlen, ob und inwiefern sich die Beweise der folgenden Aussagen vereinfachen.


In einem angeordneten Ring gelten die folgenden Eigenschaften.

  1. Es ist genau dann, wenn ist.
  2. Es ist genau dann, wenn ist.
  3. Es ist genau dann, wenn ist.
  4. Aus und folgt
  5. Aus und folgt
  6. Aus und folgt
  7. Aus und folgt
  8. Aus und folgt
  9. Aus und folgt
  1. Nehmen wir an, dass nicht gilt. Da eine totale Ordnung vorliegt, muss gelten, Dies müssen wir zum Widerspruch führen. Nehmen wir an. Aufgrund der Verträglichkeit mit der Addition kann man beidseitig addieren und erhält Aufgrund der Verträglichkeit mit der Multiplikation mit positiven Elementen kann man diese Abschätzung quadrieren und erhält also ist zugleich ein Widerspruch.
  2. Folgt unmittelbar aus der Verträglichkeit mit der Addition.
  3. Folgt unmittelbar aus der Verträglichkeit mit der Addition.
  4. Folgt unmittelbar aus der Verträglichkeit mit der Addition.
  5. Zweimalige Anwendung der Verträglichkeit mit der Addition liefert
  6. Aus ergibt sich nach (3). Aus der Verträglichkeit mit der Multiplikation ergibt sich Addition mit ergibt
  7. Siehe Aufgabe 19.19.
  8. Zweimalige Anwendung von (6) liefert
  9. Nach (2) ist also was wiederum bedeutet.
  10. Folgt aus (2) und aus


Die Eigenschaft (2) kann man so verstehen, dass das Negative eines positiven Elementes negativ ist. Allerdings tritt dabei negativ in zwei verschiedenen Bedeutungen auf!


Wir wollen die Teilbarkeitsbeziehung von auf erweitern.


Man sagt, dass die ganze Zahl die ganze Zahl teilt (oder dass von geteilt wird, oder dass ein Vielfaches von ist), wenn es eine ganze Zahl derart gibt, dass

ist. Man schreibt dafür auch

Für natürliche Zahlen gilt in genau dann, wenn in gilt. Die folgende Aussage ist eine direkte Verallgemeinerung von Lemma 12.3, sie beruht ausschließlich auf Eigenschaften eines kommutativen Ringes.


In gelten folgende Teilbarkeitsbeziehungen.

  1. Für jede ganze Zahl gilt
  2. Für jede ganze Zahl gilt
  3. Gilt so gilt auch
  4. Gilt so gilt auch
  5. Gilt so gilt auch für jede ganze Zahl
  6. Gilt so gilt auch für beliebige ganze Zahlen

Beweis

Siehe Aufgabe 19.26.



Die Zifferndarstellung von natürlichen Zahlen überträgt sich direkt auf ganze Zahlen, wobei die Zifferndarstellung einer negativen Zahl

einfach die Zifferndarstellung von (also der im Betrag genommenen Zahl) mit einem Minuszeichen davor ist. Für die schriftliche Durchführung des Addierens, des Multiplizierens und des Subtrahierens geht man abhängig davon vor, ob die beteiligten Zahlen beide positiv, beide negativ oder ob eine positiv, eine negativ ist. Wenn beide positiv sind werden die Verfahren für natürliche Zahlen direkt angewendet. Die Korrektheit der folgenden Regeln beruht auf Lemma 19.4 und der Korrektheit der schriftlichen Operationen innerhalb der natürlichen Zahlen.

Zur Addition

  1. Wenn beide Zahlen negativ sind, so nimmt man den Betrag der beiden Zahlen, addiert diese und nimmt davon das Negative.
  2. Wenn eine Zahl positiv ist und eine negativ ist, so zieht man von der betragsmäßig größeren Zahl die betragsmäßig kleinere Zahl ab. Wenn die positive Zahl betragsmäßig größer ist, so hat man die Lösung, wenn die negative Zahl betragsmäßig größer ist, so muss man das Errechnete negieren.

Zur Multiplikation

  1. Wenn beide Zahlen negativ sind, so multipliziert man einfach die Beträge der beiden Zahlen miteinander.
  2. Wenn eine Zahl positiv ist und eine negativ ist, so multipliziert man ebenfalls die Beträge miteinander und nimmt dieses Ergebnis negativ.

Die Subtraktion fasst man als Addition mit eventuell negativen Zahlen auf.

Wenn eine ganze Zahl in der Form

gegeben ist, wobei die beliebige ganze Zahlen sind, so kann man nicht unmittelbar die zugehörige Dezimalentwicklung ablesen, da dies wesentlich davon abhängt, ob die Zahl positiv oder negativ ist.


Wir kehren zur Thematik der Primzahlen und der Primfaktorzerlegung einer natürlichen Zahl zurück. Bisher kennen wir nur die Existenz einer Primfaktorzerlegung (siehe Satz 12.9), aber noch nicht die Eindeutigkeit. Obwohl wir diese Fragestellung für natürliche Zahlen formuliert haben, ergibt sich im Kontext der ganzen Zahlen ein neuer Zusammenhang, der für diese Thematik hilfreich ist.





Die Wasserspedition verfügt über einen und einen Liter-Eimer, die allerdings keine Markierungen haben. Sie erhält den Auftrag, insgesamt genau einen Liter Wasser von der Nordsee in die Ostsee zu transportieren. Kann sie diesen Auftrag erfüllen?

Die Aufgabe ist lösbar: Man macht dreimal den Liter-Eimer in der Nordsee voll und transportiert dies in die Ostsee. Danach (oder gleichzeitig) macht man zweimal den Liter-Eimer in der Ostsee voll und transportiert dies in die Nordsee. Unterm Strich hat man dann

Liter transportiert (eine andere Möglichkeit ist). Die dieser Überlegung zugrunde liegende Aussage heißt


Es seien

zwei teilerfremde natürliche Zahlen.

Dann gibt es ganze Zahlen

mit

Wir beweisen die Aussage durch Induktion über das Maximum von

wobei wir ohne Einschränkung

wählen können. Wenn das Maximum ist, so sind beide Zahlen und somit nicht teilerfremd. Wenn das Maximum ist, so ist

und somit ergeben

und

eine Darstellung der Es seien nun

teilerfremd,

und die Aussage sei für alle Zahlenpaare, deren Maxima kleiner als sind, schon bewiesen. Dann ist

da bei

die beiden Zahlen nicht teilerfremd sind. Ebenso können wir

ausschließen. Wir betrachten das Zahlenpaar und wollen darauf die Induktionsvoraussetzung anwenden. Das Maximum dieses neuen Paares ist jedenfalls kleiner als Allerdings müssen wir, damit die Induktionsvoraussetzung wirklich angewendet werden kann, wissen, dass auch

teilerfemd sind. Dazu führen wir einen Widerspruchsbeweis.  Nehmen wir also an, dass

nicht teilerfremd sind. Dann gibt es eine natürliche Zahl

die sowohl

teilt. Dies bedeutet wiederum, dass es natürliche Zahlen mit

gibt. Doch dann ist

ebenfalls ein Vielfaches von im Widerspruch zur Teilerfremdheit von  Die Induktionsvoraussetzung ist also auf

anwendbar und somit gibt es ganze Zahlen mit

Dann ist aber auch

und wir haben eine Darstellung der mit

gefunden.


Man sagt auch, dass

eine der als eine der

ist. Die heißen der Darstellung.


Die Division mit Rest, die wir bisher nur für natürliche Zahlen formuliert haben, überträgt sich unmittelbar auf ganze Zahlen (der Divisor bleibt eine natürliche Zahl).


Es sei eine fixierte positive natürliche Zahl.

Dann gibt es zu jeder ganzen Zahl eine eindeutig bestimmte ganze Zahl und eine eindeutig bestimmte natürliche Zahl , mit

Beweis

Siehe Aufgabe 20.9.



Es sei eine Gruppe. Eine Teilmenge

heißt Untergruppe von wenn folgendes gilt.

  1. Mit ist auch
  2. Mit ist auch

In einer Untergruppe kann man also die Verknüpfung der Gruppe ausführen, man kann das Inverse nehmen und das neutrale Element gehört dazu. In additiver Schreibweise, die für uns im Mittelpunkt steht, bedeuten die Bedingungen einfach

  1. Mit ist auch
  2. Mit ist auch das Negative

Beispielsweise bilden alle Vielfachen der innerhalb der ganzen Zahlen eine Untergruppe, die wir mit bezeichnen. Es ist ja

wenn

und

sind, so ist

nach dem Distributivgesetz und mit

ist

Wie im eingangs gegebenen Beispiel kann man sich eine Menge von ganzen Zahlen (Eimergrößen) vorgeben und sich fragen, welche Zahlen man daraus mit Hilfe von ganzzahligen Koeffizienten bilden kann (welche Wassermengen man transportieren kann). Es geht also um die Menge aller Zahlen der Form

Diese Gesamtmenge bildet eine Untergruppe von siehe Aufgabe 20.27, man spricht von der von den von Statt Eimern kann man sich auch eine Menge von ganzzahligen Pfeilen, die man hintereinanderlegen und umdrehen kann, vorstellen, oder eine vorgegebene Menge an Sprungmöglichkeiten, oder eine Menge an Gewichten. Der folgende Satz heißt auch



Die Untergruppen von sind genau

die Teilmengen der Form

mit einer eindeutig bestimmten nichtnegativen Zahl

Eine Teilmenge der Form ist aufgrund der Distributivgesetze eine Untergruppe. Es sei umgekehrt

eine Untergruppe. Bei

kann man

nehmen, sodass wir voraussetzen dürfen, dass neben noch mindestens ein weiteres Element enthält. Wenn negativ ist, so muss die Untergruppe auch das Negative davon, also enthalten, welches positiv ist. D.h. enthält auch positive Zahlen. Es sei nun die kleinste positive Zahl aus Wir behaupten

Dabei ist die Inklusion

klar, da mit alle (positiven und negativen) Vielfachen von dazugehören müssen. Für die umgekehrte Inklusion sei

beliebig. Nach der Division mit Rest gilt

Wegen und ist auch

Nach der Wahl von muss wegen

gelten:

Dies bedeutet

und damit

also



Es seien ganze Zahlen und

die davon erzeugte Untergruppe.

Eine ganze Zahl ist ein gemeinsamer Teiler der genau dann, wenn

ist, und ist ein größter gemeinsamer Teiler genau dann, wenn

ist.

Aus

folgt sofort

für jedes

was gerade bedeutet, dass diese Zahlen teilt, also ein gemeinsamer Teiler ist. Es sei umgekehrt ein gemeinsamer Teiler. Dann ist

und da

die kleinste Untergruppe ist, die alle enthält, muss

gelten.

Aufgrund von Satz 20.4 wissen wir, dass es eine ganze Zahl gibt mit

Für einen anderen gemeinsamen Teiler der gilt

sodass von allen anderen gemeinsamen Teilern geteilt wird, also ein größter gemeinsamer Teiler ist.


Der euklidische Algorithmus dient dazu, zu gegebenen Zahlen ihren größten gemeinsamen Teiler zu bestimmen, und eine Darstellung dieses größten gemeinsamen Teilers ale eine Linearkombination der

explizit zu finden.

Es seien ganze Zahlen,

Dann kann man die Division mit Rest durchführen und erhält

Danach kann man (bei) die Division mit Rest von durch durchführen, d.h. nimmt die Rolle von und die Rolle von ein und erhält einen neuen Rest. Dies kann man fortsetzen, und da dabei die Reste immer kleiner werden bricht das Verfahren irgendwann ab.




Es seien zwei ganze Zahlen (mit) gegeben. Dann nennt man die durch die Anfangsbedingungen

und die mittels der Division mit Rest

rekursiv bestimmte Folge die Folge der euklidischen Reste



Es seien ganze Zahlen

gegeben.

Dann besitzt die Folge , , der euklidischen Reste folgende Eigenschaften.

  1. Es ist
  2. Es gibt ein (minimales)
  3. Es ist für alle
  4. Sei der erste Index derart, dass ist. Dann ist
  1. Dies folgt unmittelbar aus der Definition der Division mit Rest.
  2. Solange ist, wird die Folge der natürlichen Zahlen immer kleiner, sodass irgendwann der Fall eintreten muss.
  3. Wenn ein gemeinsamer Teiler von ist, so zeigt die Beziehung dass auch ein Teiler von und damit ein gemeinsamer Teiler von und von ist. Die Umkehrung folgt genauso.
  4. Dies folgt aus (3) mit der Gleichungskette


Beispiel

Aufgabe

Bestimme in mit Hilfe des euklidischen Algorithmus den größten gemeinsamen Teiler von und


Lösung


Der Euklidische Algorithmus liefert:

Die Zahlen

sind also teilerfremd.


Bei kleinen Zahlen sieht man häufig relativ schnell direkt, was ihr größter gemeinsamer Teiler ist, da man die Primfaktorzerlegung kennt bzw. mögliche gemeinsame Teiler schnell übersehen kann. Bei zwei größeren Zahlen müssten aber viel zu viele Probedivisionen durchgeführt werden! Der euklidische Algorithmus ist also zur Bestimmung des größten gemeinsamen Teilers ein sehr effektives Verfahren!

Wenn man mit dem euklidischen Algorithmus den größten gemeinsamen Teiler von zwei Zahlen

gefunden hat, so kann man aus diesen Rechnungen auch die Quotienten

bestimmen, da dann alle euklidischen Reste Vielfache von sind.


Mit dem euklidischen Algorithmus kann man auch durch Zurückrechnen eine Darstellung des größten gemeinsamen Teilers als Linearkombination der beiden vorgegebenen Zahlen erhalten. Dazu seien

die Gleichungen im euklidischen Algorithmus und

Aus der letzten Gleichung

erhält man die Darstellung

von als Linearkombination mit Mit der vorhergehenden Zeile

bzw.

kann man in dieser Darstellung ersetzen und erhält eine Darstellung von als Linearkombination von

So fortfahrend erhält man schließlich eine Darstellung von

als Linearkombination von



Wir wollen für

eine Darstellung des größten gemeinsamen Teilers finden. Wir führen dazu den euklidischen Algorithmus durch.

D.h. ist der größte gemeinsame Teiler von

Rückwärts gelesen erhält man daraus die Darstellung


Es seien zwei Strecken

gegeben. Man sagt, dass ein (ganzzahliges) Vielfaches von ist, wenn es eine natürliche Zahl mit der Eigenschaft gibt, dass sich die Strecke ergibt, wenn man die Strecke fach gerade hintereinanderlegt (die Strecke wird also mal genommen). Für zwei Strecken

gibt es das folgende Konzept, das ihre ganzzahlige Vergleichbarkeit ausdrückt. Man beachte, dass dieses Konzept unabhängig von solchen Messungen ist, die die Längen in Zahlen mit Hilfe von Einheiten ausdrücken. Es werden nur die beiden Längen gegeneinander gemessen, man verwendet keine normierten Standardlängen.


Zwei Strecken

heißen wenn es eine Strecke mit der Eigenschaft gibt, dass beide Strecken ganzzahlige Vielfache von sind.

Auch vom euklidischen Algorithmus gibt es in diesem Kontext eine sinnvolle Version. Die Strecke sei mindestens so lang wie Dann ist

mit und einer die kürzer als ist und eventuell ist. Die Gleichung ist dabei als eine Gleichung von hintereinander hingelegten Strecken zu verstehen. Wie in Satz 20.7 ergibt sich, dass mit

auch

kommensurabel sind. Wenn man dieses Verfahren rekursiv fortsetzt, so tritt im Falle der Kommensurabilität irgendwann die Situation auf, wo die kleine Strecke in die größere Strecke voll aufgeht. Somit hat man dann auch die größte gemeinsame Teilerstrecke gefunden.