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Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2022-2023)/Teil II/Vorlesung A/Referenzsuche

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In den folgenden Vorlesungen werden wir uns mit beschäftigen. Sie ist uns bereits in der 22. Vorlesung des ersten Semesters im Rahmen der Proportionalität und der linearen Funktionen begegnet. In der linearen Algebra wird stets ein Körper zugrunde gelegt, wobei man dabei grundsätzlich an die rationalen Zahlen denken kann.


Die ist eine einzige lineare Gleichung in einer Variablen der Form

mit gegebenen Elementen aus einem Körper und gesuchtem Schon hier zeigen sich drei Möglichkeiten, wie die Lösung aussehen kann. Bei

kann man die Gleichung mit dem Inversen von in also mit multiplizieren und erhält als eindeutige Lösung

Rechnerisch kann man also die Lösung erhalten, wenn man inverse Elemente bestimmen und mit ihnen multiplizieren kann. Bei

hängt das Lösungsverhalten von ab. Bei

ist jedes

eine Lösung, bei

gibt es keine Lösung. Wir untersuchen nun die entsprechende Situation, wenn es mehr als eine Variable gibt.


Es sei ein Körper und

Dann nennt man

eine (homogene) lineare Gleichung in den Variablen zu den Koeffizienten , Ein Tupel[1] heißt Lösung der linearen Gleichung wenn

ist.

Wenn

ein weiteres Element ist, so heißt

eine inhomogene lineare Gleichung und ein Tupel heißt Lösung der inhomogenen linearen Gleichung wenn

ist.

Im Sinne der 17. Vorlesung des ersten Semesters handelt es sich um eine Bedingungsgleichung. Insbesondere soll nach den Tupeln gesucht werden, die die Gleichung erfüllen.[2]

Statt von Koeffizienten spricht man auch von Parametern der Gleichung. Da die Lösungen im Produktraum

liegen, sollte man sich von Anfang an um eine geometrische Deutung der Situation bemühen. Bei

liegen die Lösungspunkte in der Ebene, bei

im Raum. Einfache Beispiele wie das folgende zeigen aber auch, dass es künstlich wäre, die Anzahl der Variablen auf zu beschränken, um eine geometrische Vorstellbarkeit zu sichern.


Lucy Sonnenschein befindet sich an einem Obststand und möchte für Euro Obst kaufen. Dabei kosten (jeweils pro hundert Gramm) die Kirschen Euro, die Heidelbeeren Euro, die Himbeeren Euro und die Trauben Euro. Ein Einkauf wird durch ein Tupel repräsentiert, wobei sich die einzelnen Zahlen auf die gekaufte Menge (in hundert Gramm) der Obstsorten bezieht. Der Einkaufspreis ist somit

und die Bedingung, genau Euro auszugeben, führt auf die Gleichung

bzw. in Brüchen

Es gibt hier sehr viele Lösungen. Sie kann beispielsweise nur Kirschen kaufen, dann wären das Einheiten von den Kirschen und von den anderen Sorten. Als Tupel geschrieben ist diese Lösung Oder sie könnte für jede Sorte gleich viel, nämlich Euro, ausgeben wollen, das würde das Lösungstupel ergeben. Oder sie möchte von jeder Sorte gleich viel kaufen. Dann wäre

und es ergibt sich die Bedingung

also

und das Lösungstupel Die entscheidende Beobachtung an der Situation ist, dass man sich (zumindest, wenn man auch negative Zahlen zulässt)

frei vorgeben darf und dass dadurch der Wert  über

bestimmt ist.




Es sei ein Körper und

eine lineare Gleichung über in den Variablen Es sei

Dann steht die Lösungsmenge der Gleichung in einer natürlichen Bijektion zum und zwar über die Abbildungen

und

Wenn fixiert ist, so gibt es genau eine Möglichkeit für die lineare Gleichung zu erfüllen, nämlich


Eine entsprechende Aussage gilt an jeder Stelle mit

die übrigen Einträge legen dann fest. Die Lösungsmenge notiert man als


Die Variablen treten in dieser Darstellung als auf, deren Werte frei vorgegeben werden dürfen, während dadurch der Wert für () eindeutig festgelegt wird.


Bei einem linearen Gleichungssystem gibt es mehrere lineare Gleichungen in einer gegebenen Menge von Variablen, die gleichzeitig erfüllt werden sollen. Wir beginnen mit drei einführenden Beispielen.


Lucy Sonnenschein befindet sich an einem Obststand und möchte für Euro Obst kaufen. Gleichzeitig möchte sie, dass das Obst genau Milligramm Vitamin C enthält. Die Kirschen kosten (jeweils pro hundert Gramm)

Euro und besitzen  Milligramm Vitamin C, die Heidelbeeren kosten  Euro und besitzen  Milligramm Vitamin C, die Himbeeren kosten  Euro und besitzen  Milligramm Vitamin C und die Trauben kosten  Euro und besitzen  Milligramm Vitamin C. Ein Einkauf wird durch ein Tupel  repräsentiert, wobei sich die einzelnen Zahlen auf die gekauften Mengen

(in hundert Gramm) der Obstsorten beziehen. Die Geldbedingung führt auf die lineare Gleichung

und die Vitaminbedingung führt auf die lineare Gleichung

Beide Bedingungen sollen simultan erfüllt sein, gesucht sind also die Tupel die beide linearen Gleichungen erfüllen.



Mustafa Müller und Heinz Ngolo sind im Fanshop von Borussia Dortmund. Mustafa zahlt für sieben Wimpel und fünf Aufnäher zusammen 46 Euro und Heinz zahlt für vier Wimpel und sechs Aufnäher zusammen Euro. Wie viel kostet ein Wimpel und wie viel kostet ein Aufnäher? Dies führt zu einem linearen Gleichungssystem mit zwei Variablen und zwei Gleichungen, die beiden Unbekannten sind die Preise für einen Wimpel (sagen wir) und einen Aufnäher (sagen wir). Mustafas Rechnung führt auf die Bedingung

und Heinz' Rechnung führt auf die Bedingung



An einem Stand auf dem Weihnachtsmarkt gibt es drei verschiedene Glühweintöpfe. Alle drei beinhalten die Zutaten Zimt, Gewürznelken, Rotwein und Zucker, allerdings mit unterschiedlichen Anteilen. Die Zusammensetzung der einzelnen Glühweine ist

Jeder Glühwein wird also repräsentiert durch ein Vierertupel, deren einzelne Einträge für die Anteile an den Zutaten stehen. Die Menge aller (möglichen) Glühweine bilden einen Vektorraum (diesen Begriff werden wir in der übernächsten Vorlesung einführen), und die drei konkreten Glühweine sind drei Vektoren in diesem Raum.

Nehmen wir an, dass keiner dieser drei Glühweine genau den gewünschten Geschmack trifft und dass der Wunschglühwein die Zusammensetzung

hat. Gibt es eine Möglichkeit, den Wunschglühwein durch Zusammenschütten der vorgegebenen Glühweine zu erhalten? Gibt es also Zahlen[3]

derart, dass

gilt? Hinter dieser einen vektoriellen Gleichung liegen vier einzelne Gleichungen in den wobei die Gleichungen sich aus den Zeilen ergeben. Wann gibt es eine solche Lösung, wann keine, wann mehrere? Das sind typische Fragen der linearen Algebra.


Wir kommen zur allgemeinen Definition eines linearen Gleichungssystems.


Es sei ein Körper und

für

Dann nennt man

ein (homogenes) lineares Gleichungssystem in den Variablen Ein Tupel

heißt Lösung des linearen Gleichungssystems wenn

für alle

ist.

Wenn

beliebig[4] ist, so heißt

ein inhomogenes lineares Gleichungssystem und ein Tupel

heißt Lösung des inhomogenen linearen Gleichungssystems wenn

für alle ist.

Die Menge aller Lösungen eines linearen Gleichungssystems heißt die Im homogenen Fall spricht man auch vom da es sich in der Tat, wie wir in Lemma 34.2 sehen werden, um einen Untervektorraum des handelt.

Ein homogenes lineares Gleichungssystem besitzt immer die sogenannte

Ein inhomogenes Gleichungssystem braucht nicht unbedingt eine Lösung zu haben. Beispielsweise ist das durch die beiden Gleichungen

und

in der einen Variablen gegebene System offenbar nicht lösbar. Grundsätzlich kann auch eine Gleichung der Form

auftreten, wenn sämtliche Koeffizienten der Gleichung sind und die Störkomponente nicht ist. In diesem Fall gibt es keine Lösung.

Zu einem inhomogenen linearen Gleichungssystem heißt das homogene System, das entsteht, wenn man den Störvektor gleich setzt, das Dies mag auf den ersten Blick willkürlich erscheinen, da man ja das Gleichungssystem, das man lösen möchte, einfach ändert. Der Lösungsraum des zugehörigen homogenen Systems hat aber mehr Struktur und hilft, die Lösungsmenge des inhomogenen Systems zu verstehen, siehe insbesondere Lemma 34.5.

Gelegentlich ist ein lineares Gleichungssystem nicht in der Form gegeben, dass die Variablen nur auf einer Seite der Gleichungen auftauchen, wie beispielsweise bei


In diesem Fall muss man das System zuerst durch einfache Additionen und Zusammenfassen der Koeffizienten in jeder einzelnen Gleichung in die Standardgestalt bringen.


In der nächsten Vorlesung werden wir ein allgemeines Lösungsverfahren für lineare Gleichungssysteme kennenlernen, das Für eine einzige Gleichung in beliebig vielen Variablen haben wir ein Lösungsverfahren bereits in Lemma 31.3 gesehen. Die grundlegende Beobachtung für jedes Lösungsverfahren für ein lineares Gleichungssystem ist, dass wenn die beiden Gleichungen

und

erfüllt, dass dieses Tupel dann auch die Gleichung

erfüllt. Das bedeutet, dass man die Gleichungen umformen kann mit dem Ziel, ein vereinfachtes System zu finden, aus dem man die Lösungen direkt ablesen kann.

Hier besprechen wir den Fall von zwei linearen Gleichungen in zwei Variablen.


Wir knüpfen an Beispiel 31.5 an, d.h. wir möchten das lineare Gleichungssystem

und

lösen. Wir wollen geeignete Vielfache der beiden Gleichungen miteinander addieren mit dem Ziel, dass in der Summe eine Variable herausfällt. Man kann beispielsweise das Vierfache der ersten Gleichung mit dem fachen der zweiten Gleichung addieren. Diese Vielfachengleichungen sind

bzw.

Wenn man diese beiden Gleichungen addiert, so erhält man

und damit

Somit kennt man den Preis für einen Aufnäher. Diese Information kann man mit einer der Ausgangsgleichungen weiter verarbeiten. Es ist

und somit

also



Es sei ein lineares Gleichungssystem über dem Körper mit zwei Gleichungen in den zwei Variablen

gegeben, d.h. es soll

und

mit vorgegebenen Zahlen simultan gelöst werden. Wenn

ist, so kommt die Variable gar nicht explizit vor und es liegt somit im Prinzip ein Gleichungssystem mit zwei Gleichungen in der einen Variablen vor. In diesem Extremfall hängt die Lösbarkeit und die Lösungen von ab, insbesondere davon, ob diese Zahlen gleich oder nicht gleich sind. Betrachten wir also den Fall, wo

ist. Wenn man zur zweiten Gleichung das fache der ersten Gleichung hinzuaddiert (also das fache abzieht), so ergibt sich die neue Gleichung

Eine Lösung des Ausgangssystems muss auch eine Lösung des neuen Gleichungssystems (und umgekehrt) sein, das aus der ersten Gleichung

und der neuen Gleichung (mit neuen Buchstaben für die neuen Koeffizienten)

besteht. In dieser zweiten Gleichung kommt nur als Variable vor, entscheidend ist, ob gleich oder nicht gleich ist (da sich der neue Koeffizient durch eine Rechnung ergibt, ist nicht von vornherein klar, welcher Fall eintreten wird). Bei

(dies ist der) ist

und mit der ersten Gleichung erhält man die eindeutige Lösung für Bei

und

gibt es keine Lösung für und somit auch keine Lösung für das Gesamtsystem. Bei

und

ist jedes eine Lösung der zweiten Gleichung und jedes führt mit der ersten Gleichung zu einer Lösung für und damit zu einer Gesamtlösung.

  1. Der ist der fache Produktraum von mit sich selbst. Lösungstupel werden wir häufig einfach auch mit bezeichnen.
  2. Dies ist auch der Grund, warum wir Variablen verwendet haben, um die Gleichung zu formulieren, und die Lösungstupel mit angesetzt haben. Meistens schreibt man einfach nur und muss die Rolle der Variablen dem Kontext entnehmen.
  3. Sinnvoll interpretierbar sind in diesem Beispiel nur positive Zahlen, da man schwerlich aus einem Glühweingemisch die einzelnen verwendeten Glühweinsorten wieder herausziehen kann. In der linearen Algebra spielt sich aber alles über einem Körper ab, sodass wir auch negative Zahlen zulassen.
  4. Ein solcher Vektor heißt manchmal ein des Systems.




Es ist von vornherein gar nicht so klar, was man unter dem Lösen eines (linearen) Gleichungssystems verstehen soll. Jedenfalls geht es um eine möglichst gute Beschreibung der Lösungsmenge. Wenn es nur eine Lösung gibt, so geht es darum, diese Lösung zu finden und anzugeben. Wenn es überhaupt keine Lösung gibt, geht es darum, dies festzustellen und zu begründen. Im Allgemeinen ist aber die Lösungsmenge eines Gleichungssystems groß. Dann versteht man unter der Lösung eines Systems, freie Variablen zu identifizieren, die beliebige Werte annehmen dürfen, und explizit zu beschreiben, wie die anderen (abhängigen) Variablen von diesen freien Variablen abhängen. Man spricht auch von einer der Lösungsmenge.

Lineare Gleichungssysteme können systematisch mit dem gelöst werden, bei dem nach und nach Variablen eliminiert werden und schließlich ein besonders einfaches äquivalentes Gleichungssystem (in Dreiecksgestalt) entsteht, das direkt gelöst werden kann (bzw. von dem gezeigt werden kann, dass es keine Lösung besitzt).   Systeme mit zwei Gleichungen in zwei Variablen haben wir schon in der letzten Vorlesung behandelt.Wir betrachten ein typisches Beispiel mit vielen Variablen.


Wir wollen das inhomogene lineare Gleichungssystem

über (oder) lösen. Wir eliminieren zuerst indem wir die erste Zeile beibehalten, die zweite Zeile durch und die dritte Zeile durch ersetzen. Das ergibt

Wir könnten jetzt aus der (neuen) dritten Zeile mit Hilfe der zweiten Zeile eliminieren. Wegen der Brüche eliminieren wir aber lieber (dies eliminiert gleichzeitig). Wir belassen also die erste und zweite Zeile und ersetzen die dritte Zeile durch Dies ergibt, wobei wir das System in einer neuen Reihenfolge der Variablen[1] aufschreiben, das System

Wir können uns nun beliebig (oder) vorgeben. Die dritte Zeile legt dann eindeutig fest, es muss nämlich

gelten. In der zweiten Gleichung können wir wieder beliebig vorgeben, was dann eindeutig festlegt, nämlich

Die erste Zeile legt dann fest, nämlich

Daher kann man die Gesamtlösungsmenge als

schreiben. Eine besonders einfache Lösung ergibt sich, wenn man die freien Variablen

gleich setzt. Dies führt auf die spezielle Lösung

In der allgemeinen Lösung kann man

als Koeffizienten rausziehen und dann die Lösungsmenge auch als

schreiben. Dabei ist

eine Beschreibung der allgemeinen Lösung des zugehörigen homogenen linearen Gleichungssystems.



Es sei ein Körper und seien zwei (inhomogene) lineare Gleichungssysteme zur gleichen Variablenmenge gegeben. Die Systeme heißen äquivalent wenn ihre Lösungsmengen übereinstimmen.



Es sei ein Körper und

ein inhomogenes lineares Gleichungssystem über

Dann führen die folgenden Manipulationen an diesem Gleichungssystem zu einem äquivalenten Gleichungssystem.

  1. Das Vertauschen von zwei Gleichungen.
  2. Die Multiplikation einer Gleichung mit einem Skalar
  3. Das einfache Weglassen einer Gleichung, die doppelt vorkommt.
  4. Das Verdoppeln einer Gleichung (im Sinne von eine Gleichung zweimal hinschreiben).
  5. Das Weglassen oder Hinzufügen einer Nullzeile (einer Nullgleichung).
  6. Das Ersetzen einer Gleichung durch diejenige Gleichung, die entsteht, wenn man zu eine andere Gleichung des Systems addiert.

Die meisten Aussagen sind direkt klar. (2) ergibt sich einfach daraus, dass wenn

gilt, dass dann auch

für jedes

gilt. Bei

kann man diesen Übergang durch Multiplikation mit rückgängig machen.

(6). Es sei die Gleichung

und die Gleichung

Wenn ein Tupel

die beiden Gleichungen erfüllt, so erfüllt es auch die Gleichung

Und wenn das Tupel die beiden Gleichungen

erfüllt, so auch die Gleichung


Für die praktische Lösung eines linearen Gleichungssystems sind die beiden Manipulationen (2) und (6) am wichtigsten, wobei man in aller Regel diese beiden Schritte kombiniert und eine Gleichung durch eine Gleichung der Form (mit ) ersetzt. Dabei wird

so gewählt, dass die neue Gleichung eine Variable weniger besitzt als die alte. Man spricht von Diese Elimination wird nicht nur für eine Zeile durchgeführt, sondern für alle Zeilen mit Ausnahme von einer (geeignet gewählten)

 und mit einer fixierten  Das folgende  beschreibt diesen Rechenschritt.

Es sei ein Körper und ein (inhomogenes) lineares Gleichungssystem über in den Variablen Es sei eine Variable, die in mindestens einer Gleichung mit einem von verschiedenen Koeffizienten vorkommt.

Dann lässt sich jede von verschiedene[2] Gleichung durch eine Gleichung ersetzen, in der nicht mehr vorkommt, und zwar so, dass das neue Gleichungssystem das aus und den Gleichungen besteht, äquivalent zum Ausgangssystem ist.

Durch Umnummerieren kann man

erreichen. Es sei die Gleichung

(mit ) und die Gleichung

Dann hat die Gleichung

die Gestalt

in der nicht mehr vorkommt. Wegen

sind die Gleichungssysteme äquivalent.


Das praktische Verfahren, bei dem man sukzessive das Verfahren im Beweis des vorstehenden Lemmas anwendet, um auf Dreiecksgestalt bzw. Stufengestalt zu kommen, nennt man (oder). Es werden also Variablen eliminiert, indem man geeignete Vielfache von Gleichungen zu anderen Gleichungen hinzuaddiert.


Jedes (inhomogene) lineare Gleichungssystem über einem Körper

lässt sich durch die in Lemma 32.3 beschriebenen elementaren Umformungen und durch das Weglassen von überflüssigen Gleichungen in ein äquivalentes lineares Gleichungssystem der Stufenform

überführen, bei dem alle Startkoeffizienten von verschieden sind.

Dabei ist (bei) die letzte Zeile überflüssig oder aber (bei) das System besitzt keine Lösung.

Durch Variablenumbenennungen erhält man ein äquivalentes System der Form

mit Diagonalelementen

Dies folgt direkt aus dem Eliminationslemma, mit dem man sukzessive Variablen eliminiert. Man wendet es auf die erste (in der gegebenen Reihenfolge) Variable (diese sei ) an, die in mindestens einer Gleichung mit einem von verschiedenen Koeffizienten auftaucht (wenn sie nur in einer Gleichung auftaucht, so ist im Eliminationsprozess nichts zu tun). Diese Eliminationsschritte wendet man solange an, solange das im Eliminationsschritt entstehende variablenreduzierte Gleichungssystem (also ohne die vorhergehenden Arbeitsgleichungen) noch mindestens eine Gleichung mit einem von verschiedenen Koeffizienten enthält. Zum Schluss bleiben nur Gleichungen ohne Variablen übrig. Diese sind entweder alle die Nullgleichung, oder aber das System besitzt keine Lösung.

Wenn wir setzen und die anderen Variablen mit benennen, so erhält man das angegebene System in Dreiecksgestalt.


Es kann sein, dass die Variable gar nicht in dem System mit einem von verschiedenen Koeffizienten vorkommt, und, dass in einer Variablenelimination gleichzeitig mehrere Variablen eliminiert werden. Dann erhält man wie beschrieben ein Gleichungssystem in Stufenform, das erst durch Variablenvertauschungen in die Dreiecksform gebracht werden kann.

Gelegentlich möchte man ein der Form

lösen. Es sollen also für verschiedene Störvektoren Lösungen des zugehörigen inhomogenen Gleichungssystems berechnet werden. Grundsätzlich könnte man dies als voneinander unabhängige Gleichungssysteme betrachten, es ist aber geschickter, die Umwandlungen, die man auf der linken Seite macht, um Dreiecksgestalt zu erreichen, simultan auf der rechten Seiten mit allen Störvektoren durchzuführen. Ein wichtiger Spezialfall bei

liegt vor, wenn die Störvektoren die Standardvektoren durchlaufen, siehe Verfahren 36.13.


Wir besprechen noch kurz weitere Verfahren, ein lineares Gleichungssystem zu lösen.

Ein weiteres Verfahren, ein lineares Gleichungssystem zu lösen, ist das Dabei werden ebenfalls Variablen sukzessive eliminiert, allerdings in einer anderen Weise. Wenn man mit diesem Verfahren die Variable eliminieren möchte, so löst man eine Gleichung, sagen wir in der mit einem von verschiedenen Koeffizienten vorkommt, nach auf, und erhält eine neue Gleichung der Form

wobei in die Variable nicht vorkommt. In allen weiteren Gleichungen ersetzt man die Variable durch und erhält (nach Umformungen) ein Gleichungssystem ohne die Variable das zusammen mit äquivalent zum Ausgangssystem ist.


Ein anderes Verfahren, ein lineares Gleichungssystem zu lösen, ist das Dabei werden ebenfalls Variablen sukzessive eliminiert, allerdings in anderer Weise. Bei diesem Verfahren löst man die Gleichungen , nach einer festen Variablen, sagen wir auf. Es seien (nach Umordnung)

die Gleichungen, in denen die Variable  mit einem von  verschiedenen Koeffizienten vorkommt. Diese Gleichungen bringt man in die Form

wobei in die Variable nicht vorkommt. Das Gleichungssystem bestehend aus

ist zum gegebenen System äquivalent. Mit diesem System ohne fährt man fort.


Die in Satz 32.5, Bemerkung 32.7 und Bemerkung 32.8 beschriebenen Verfahren zur Lösung eines linearen Gleichungssystems unterscheiden sich hinsichtlich Schnelligkeit, strategischer Konzeption, Systematik, Komplexität der Koeffizienten, Fehleranfälligkeit. Beim Eliminationsverfahren tritt die systematische Reduzierung der Variablenanzahl (Dimensionsreduktion) besonders deutlich hervor und man kann mit ihm eigentlich keine Fehler (außer Rechenfehler) machen und weiß immer, wie es weiter geht. Allerdings treten diese Vorteile erst ab zumindest drei Variablen hervor. Bei zwei Variablen ist es nahezu egal, welchen Weg man wählt.

Die Bewertung der Verfahren hängt auch wesentlich von konkreten Besonderheiten des vorliegenden Systems ab. Solche Besonderheiten muss man berücksichtigen, um auf dem Weg zur Lösung zu sehen. Die bewusste Wahl eines für das konkrete Problem angemessenen Lösungsweges nennt man (ein Begriff, der im didaktischen Kontext mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet wird). Wenn beispielsweise eine Zeile des Systems die Form

besitzt, so sollte man erkennen, dass daraus unmittelbar ein Teil der Lösung ablesbar ist, und nicht zu dieser Zeile andere Zeilen hinzuaddieren und dadurch viele Variablen reinkriegen. Hier sollte man stattdessen in den anderen Zeilen das durch die ersetzen und dann weiter machen. Oder: Wenn es vier Gleichungen gibt, wobei in zwei Gleichungen nur die Variablen

und in den beiden anderen Gleichungen nur die Variablen

vorkommen, so sollte man erkennen, dass im Prinzip zwei entkoppelte lineare Systeme mit je zwei Variablen vorliegen und diese getrennt lösen. Oder: Es kann sein, dass ein kleines Teilsystem des Gleichungssystems bereits sicherstellt, dass es gar keine Lösung gibt. Dann muss man nur dies herausarbeiten und die anderen Gleichungen gar nicht berücksichtigen. Und: die genaue Fragestellung beachten! Wenn gefragt ist, ob ein bestimmtes Tupel eine Lösung ist, so muss man das Tupel nur in die Gleichungen einsetzen, Manipulationen an den Gleichungen sind nicht nötig.


Unter einem über den rationalen Zahlen oder den reellen Zahlen versteht man ein System der Form

wobei gleich oder ist. Die Lösungsmenge ist deutlich schwieriger zu beschreiben als im Gleichungsfall. Eine Eliminierung von Variablen ist im Allgemeinen nicht möglich.




Es sei ein inhomogenes lineares Gleichungssystem über einem Körper in Dreiecksgestalt

mit

gegeben, wobei vorne die Diagonalelemente alle ungleich seien.

Dann stehen die Lösungen in Bijektion zu den Tupeln

D.h. die hinteren Einträge sind frei wählbar und legen eine eindeutige Lösung fest, und jede Lösung wird dabei erfasst.

Dies ist klar, da bei gegebenem die Zeilen von unten nach oben sukzessive die anderen Variablen eindeutig festlegen.


Bei

gibt es keine freien Variablen und es ist

und das Gleichungssystem besitzt genau eine Lösung. Ein beliebiges lineares Gleichungssystem formt man mit Hilfe des Eliminationslemmas in ein äquivalentes lineares Gleichungssystem in Stufengestalt um. Dann stellt man fest, dass es entweder keine Lösung besitzt oder aber man kann aus der Stufengestalt eine Beschreibung der Lösungsmenge erhalten.

  1. Eine solche Umstellung ist ungefährlich, wenn man den Namen der Variablen mitschleppt. Wenn man dagegen das System in Matrizenschreibweise aufführt, also die Variablennamen einfach weglässt, so muss man sich diese Spaltenvertauschungen merken.
  2. Mit verschieden ist hier gemeint, dass die beiden Gleichungen einen unterschiedlichen Index im System haben. Es ist also sogar der Fall erlaubt, dass dieselbe, aber doppelt aufgeführte Gleichung ist.



Es sei ein Körper und

Dann ist die Produktmenge

mit der komponentenweisen Addition, also

und der durch

definierten Skalarmultiplikation ein sogenannter

Damit ist folgendes gemeint: Die Menge ist mit der Verknüpfung die man (Vektor)-Addition nennt, eine kommutative Gruppe, und die Operation

die man nennt, erfüllt die folgenden Eigenschaften.

Diese Eigenschaften lassen sich für den direkt überprüfen.

Man nennt den mit diesen Strukturen den dimensionalen oder (kartesischen)

Insbesondere ist

selbst ein Vektorraum. Die Elemente in einem Vektorraum nennt man und die Elemente

heißen Zu

nennt man die te Koordinate des Vektors. Das Nullelement

wird auch als bezeichnet, und zu

heißt

das zu Wie in Ringen gilt wieder d.h. die Skalarmultiplikation bindet stärker als die Vektoraddition.

Den Körper, der im Vektorraumbegriff vorausgesetzt ist, nennt man auch den Alle Begriffe der linearen Algebra beziehen sich auf einen solchen Grundkörper, er darf also nie vergessen werden, auch wenn er manchmal nicht explizit aufgeführt wird. Bei

spricht man von und bei

von Zunächst entwickeln wir aber die algebraische Theorie der Vektorräume über einem beliebigen Körper.



Der Nullraum der aus dem einzigen Element besteht, ist ebenfalls ein Vektorraum. Man kann ihn auch als

auffassen. Es empfiehlt sich, Vektorräume als geometrische Objekte aufzufassen und sich als eine Gerade, als eine Ebene und als einen Raum vorzustellen.

Die Vektoren im Standardraum kann man als Zeilenvektoren oder als Spaltenvektoren

schreiben. Der Vektor

wobei die an der ten Stelle steht, heißt ter


Zu Vektoren im und Skalaren

nennt man

eine Linearkombination dieser Vektoren.


Die Vektoren im heißen ein Erzeugendensystem des wenn man jeden Vektor

als eine Linearkombination mit den Vektoren schreiben kann, wenn es also Skalare

mit

gibt.

Man verlangt hier keine Eindeutigkeit, bei einem Erzeugendensystem kann man einen Vektor im Allgemeinen auf verschiedene Arten als Linearkombination darstellen.


Wir betrachten im die drei Vektoren und Den Vektor kann man als

aber auch als

schreiben. Besonders deutlich wird das Uneindeutigkeitsphänomen, wenn man den Nullvektor betrachtet. Es ist

die sogennante des Nullvektors, aber es ist auch




Es seien Vektoren im Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent.

  1. Die Vektoren bilden ein Erzeugendensystem des
  2. Für jeden Standardvektor gibt es eine Darstellung als Linearkombination
  3. Für jedes ist das lineare Gleichungssystem lösbar.

(1) und (3) sind äquivalent, da (3) lediglich eine ausgeschriebene Version von (1) ist. Die Eigenschaft (2) ist eine Spezialisierung von (1). Die Umkehrung ergibt sich so. Man schreibt

Da man nach Voraussetzung die als Linearkombinationen der ausdrücken kann, ergibt sich auch eine Linearkombination von mit den


Wenn die Vektoren die Standardvektoren sind, so kann man jeden Vektor wegen

unmittelbar und eindeutig als Linearkombination der Standardvektoren darstellen.


Die Vektoren im heißen eine Basis des wenn man jeden Vektor

eindeutig als eine Linearkombination mit den Vektoren schreiben kann, wenn es also eindeutig bestimmte Skalare

mit

gibt.



Es seien Vektoren im Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent.

  1. Die Vektoren bilden eine Basis des
  2. Die Vektoren bilden ein Erzeugendensystem des und die einzige Darstellung des Nullvektors als Linearkombination der ist die triviale Darstellung
  3. Für jedes besitzt das lineare Gleichungssystem eine eindeutige Lösung.

(1) und (3) sind äquivalent, da (3) lediglich eine ausgeschriebene Version von (1) ist. Die Implikation von (1) nach (2) ist klar, da die eindeutige Darstellbarkeit insbesondere für den Nullvektor gilt. Für die Umkehrung sei

angenommen. Dann ist direkt

Wegen der eindeutigen Darstellbarkeit der muss

also

für alle sein.

Es sei bemerkt, dass die Bedingungen im vorstehenden Lemma nur bei

erfüllt sein können.


Ein lineares Gleichungssystem lässt sich am einfachsten mit Matrizen schreiben. Dies ermöglicht es, die Umformungen, die zur Lösung eines solchen Systems führen, durchzuführen, ohne immer die Variablen mitschleppen zu müssen. Matrizen (und der zugehörige Kalkül) sind recht einfache Objekte; sie können aber ganz unterschiedliche mathematische Objekte beschreiben (eine Familie von Spaltenvektoren, eine Familie von Zeilenvektoren, eine lineare Abbildung, eine Tabelle von Wechselwirkungen, eine zweistellige Relation etc.), die man stets im Hinterkopf haben sollte, um vor Fehlinterpretationen geschützt zu sein.


Es sei ein Körper und

Unter einer Matrix über versteht man ein Schema der Form

wobei

für

und

ist.

Zu jedem

heißt  , die te der Matrix, was man zumeist als ein (oder einen)

schreibt. Zu jedem

heißt  , die te der Matrix, was man zumeist als ein (oder einen)

schreibt. Die Elemente heißen die der Matrix. Zu heißt der und der des Eintrags. Man findet den Eintrag indem man die te Zeile mit der ten Spalte kreuzt. Eine Matrix mit

nennt man eine Eine Matrix ist einfach ein einziges Spaltentupel der Länge und eine Matrix ist einfach ein einziges Zeilentupel der Länge Die Menge aller Matrizen mit Zeilen und Spalten (und mit Einträgen in) wird mit bezeichnet, bei

schreibt man

Zwei Matrizen

werden addiert, indem man sie komponentenweise addiert. Ebenso ist die Multiplikation einer Matrix mit einem Element

(einem) komponentenweise definiert, also

und


Die Matrizenmultiplikation wird folgendermaßen definiert.


Es sei ein Körper und es sei eine Matrix und eine Matrix über Dann ist das Matrixprodukt

diejenige Matrix, deren Einträge durch

gegeben sind.

Eine solche Matrizenmultiplikation ist also nur möglich, wenn die Spaltenanzahl der linken Matrix mit der Zeilenanzahl der rechten Matrix übereinstimmt. Als Merkregel kann man das Schema

verwenden, das Ergebnis ist eine Matrix. Die beiden soeben angeführten Matrizen kann man auch in der anderen Reihenfolge multiplizieren (was nicht immer möglich ist) und man erhält


Insbesondere kann man eine Matrix mit einem Spaltenvektor der Länge (von rechts) multiplizieren, und erhält dabei einen Spaltenvektor der Länge


Es ist


Wenn man eine Matrix

mit einem Spaltenvektor

multipliziert, so erhält man

Damit lässt sich ein inhomogenes lineares Gleichungssystem mit dem kurz als

schreiben. Die erlaubten Gleichungsumformungen (siehe die Vorlesung 36) durch Manipulationen an den Gleichungen, die die Lösungsmenge nicht ändern, können dann durch die entsprechenden Zeilenumformungen in der Matrix (unter Berücksichtigung der Störvektorseite) ersetzt werden. Man muss dann die Variablen nicht mitschleppen.



Die Matrix

nennt man die Einheitsmatrix

Die Einheitsmatrix besitzt die Eigenschaft

für eine beliebige Matrix Sie ist also das neutrale Element bezüglich der Multiplikation von quadratischen Matrizen.


Eine Matrix der Form

nennt man Diagonalmatrix




Es sei ein Körper und

Eine Teilmenge

heißt Untervektorraum wenn die folgenden Eigenschaften gelten.

  1. Es ist
  2. Mit ist auch
  3. Mit und ist auch

Eine Familie von Vektoren

heißt wieder ein von wenn man jeden Vektor aus als eine Linearkombination

schreiben kann, und eine von wenn darüber hinaus diese Darstellung eindeutig ist. Mit einem Erzeugendensystem kann man einen Untervektorraum in der Form

beschreiben. Umgekehrt definiert dabei die rechte Seite stets einen Untervektorraum, der der von den Vektoren heißt. Er wird mit bezeichnet.



Es sei ein Körper und

ein homogenes lineares Gleichungssystem über

Dann ist die Menge aller Lösungen des Gleichungssystems ein Untervektorraum des (mit komponentenweiser Addition und Skalarmultiplikation).

Beweis

Siehe Aufgabe 34.9.


Für einen Untervektorraum

gibt es grundsätzlich zwei Beschreibungsmöglichkeiten: Als Lösungsraum eines homogenen linearen Gleichungssystems und als ein von Vektoren erzeugter Untervektorraum. Durch das Lösen eines linearen Gleichungssystems wird die zuerst genannte Darstellungsmöglichkeit in die zweite Darstellungsmöglichkeit umgewandelt.

Man nennt zu einem homogenen linearen Gleichungssystem Lösungen wenn man jede Lösung eindeutig als Linearkombination dieser Basislösungen darstellen kann. Wenn ein solches System in den Variablen gegeben ist, und wenn man die freien Variablen identifiziert hat, so erhält man Basislösungen, wenn man diese freien Variablen an einer Stelle mit und sonst mit belegt und die anderen Einträge der abhängigen Variablen jeweils ausrechnet.



Es sei ein Körper und

Eine Teilmenge

heißt affiner Unterraum wenn (leer ist oder) es einen Untervektorraum

und einen Punkt

mit

gibt.

Statt von einem affinen Unterraum spricht man manchmal schlicht von einem Unterraum. Der Punkt heißt ein des Raumes und heißt der zugehörige Untervektorraum. Ein affiner Unterraum ist ein in eine bestimmte Richtung parallel verschobener Untervektorraum, wobei der Aufpunkt den Verschiebungsvektor bezeichnet.



Es sei ein Körper und

ein inhomogenes lineares Gleichungssystem über

Dann ist die Menge aller Lösungen des Gleichungssystems ein (affiner) Unterraum des Dabei kann man jede Lösung

als Aufpunkt nehmen, und der zugehörige Untervektorraum ist der Lösungsraum zum zugehörigen homogenen linearen Gleichungssystem.

Es sei die Lösungsmenge nicht leer und sei

ein beliebig gewählter Punkt. Es sei der Lösungsraum zum zugehörigen homogenen linearen Gleichungssystem, der nach Lemma 34.2 ein Untervektorraum von ist. Wir müssen die Mengengleichheit

zeigen. Wenn

ist, so bedeutet dies

für alle

Für

ist dann

also ist dieser Punkt eine Lösung des inhomogenen Gleichungssystems und somit ist

Wenn umgekehrt

eine Lösung ist, so ist

und diese Differenz erfüllt

Also ist

und somit


Wenn man also die Lösungsmenge eines inhomogenen Gleichungssystems beschreiben möchte, so nimmt man eine spezielle Lösung als Aufpunkt und eine Basis des Lösungsraumes des zugehörigen homogenen Gleichungssystems.

Der leere Raum und jeder einzelne Punkt ist für sich ein affiner Unterraum. Richtig interessant wird es mit Geraden.


Unter einer Geraden (in Punktvektorform) versteht man einen affinen Unterraum

der Form

mit einem von verschiedenen Vektor

und einem Aufpunkt

Man spricht auch von der oder der Parameterdarstellung der Geraden, wobei das als Parameter bezeichnet wird. Für eine Gerade gibt es stets die bijektive Abbildung

die auch eine der Geraden heißt.


Wir besprechen die vorstehenden Begriffe und Aussagen in niedrigen Dimensionen.

Wir betrachten Geraden in der Ebene Unter der einer Geraden in der Ebene versteht man eine lineare Gleichung der Form

mit

Es ist einfach, aus der Gleichungsform eine Punktrichtungsform zu erhalten.


Es sei ein Körper und sei

eine lineare Gleichung in zwei Variablen über mit

Dann ist die Lösungsmenge eine Gerade in Als Richtungsvektor kann man den Vektor nehmen.

Dies folgt aus Lemma 34.5, da eine Basislösung der zugehörigen homogenen linearen Gleichung

ist.





Es seien im zwei Geraden

in Gleichungsform durch

bzw.

(mit und ) gegeben.

Dann ist der Durchschnitt der beiden Geraden die Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems, das aus diesen beiden Gleichungen besteht. Dabei gibt es die drei Möglichkeiten:

  1. Es ist
  2. Es ist
  3. Der Durchschnitt besteht aus einem einzigen Punkt.

Beweis

Siehe Aufgabe 34.19.

Im zweiten Fall (manchmal auch im ersten Fall) spricht man von Der dritte Fall tritt genau dann ein, wenn zwischen

keine Vielfachheitsbeziehung besteht.


Wir berechnen zu den durch

bzw.

gegebenen Geraden den Durchschnitt. Wenn man von der zweiten Gleichung das fache der ersten Gleichung abzieht, so erhält man

also

und somit

und

Der Durchschnitt besteht also aus einem einzigen Schnittpunkt mit den Koordinaten




Unter einer Ebene (in Punktvektorform oder Parameterform) versteht man einen affinen Unterraum

der Form

mit zwei Vektoren

die kein Vielfaches voneinander[1] sind, und einem Aufpunkt

Dabei heißen hier die Zahlen die Parameter. Für eine Ebene gibt es stets die bijektive Abbildung

die auch eine der Ebene heißt. Die Bijektivität beruht dabei darauf, dass keine Vielfachheitsbeziehung zwischen den Richtungsvektoren

besteht.



Es sei ein Körper und sei

eine lineare Gleichung in drei Variablen über mit

Dann ist die Lösungsmenge eine Ebene im Wenn

ist, so kann man als Richtungsvektoren die beiden Vektoren

nehmen.

Dies folgt aus Lemma 34.5 und daraus, dass die beiden angegebenen Vektoren offenbar Lösungen der zugehörigen homogenen linearen Gleichung sind, die wegen

kein Vielfaches voneinander sind. Man kann auch jede Lösung als Linearkombination dieser beiden Lösungen schreiben, es ist nämlich

Also handelt es sich um Basislösungen.



Wir betrachten die Menge

Nach Lemma 34.11 hat diese Ebene in Punktrichtungsform die Beschreibung



Wir betrachten die beiden Mengen

(aus Beispiel 34.12) und

und interessieren uns für den Durchschnitt

Ein Punkt liegt genau dann im Durchschnitt, wenn er simultan beide Bedingungen, also beide Gleichungen (nennen wir sie und ), erfüllt. Gibt es eine Beschreibung dieser Durchschnittsmenge? Ein Punkt, der die beiden Gleichungen erfüllt, erfüllt auch die Gleichung, die entsteht, wenn man die beiden Gleichungen miteinander addiert oder die Gleichungen mit einer Zahl

multipliziert. Eine solche Linearkombination der Gleichungen ist beispielsweise

Daher ist

da man aus der neuen zweiten Gleichung die alte zweite Gleichung zurückkonstruieren kann und daher die Bedingungen links und rechts insgesamt äquivalent sind. Der Vorteil der zweiten Beschreibung ist, dass man die Variable in der neuen zweiten Gleichung eliminiert hat. Daher kann man nach auflösen und erhält

und für muss dann

sein. Auch diese zwei aufgelösten Gleichungen sind zusammen äquivalent zu den beiden ersten und somit ist

Diese Beschreibung liefert einen expliziteren Überblick über die Menge


Wir besprechen ein geometrisches Beispiel ähnlich zu Beispiel 34.13, wobei jetzt die Gleichungen nicht homogen sein müssen.


Im seien zwei Ebenen

und

gegeben. Wie kann man die Schnittgerade

beschreiben? Ein Punkt

liegt genau dann auf der Schnittgerade, wenn er die beiden erfüllt; es muss also sowohl

gelten. Wir multiplizieren die erste Gleichung mit und ziehen davon das fache der zweiten Gleichung ab und erhalten

Wenn man

setzt, so muss

und

sein. D.h. der Punkt

gehört zu Ebenso findet man, indem man

setzt, den Punkt

Damit ist die Schnittgerade die Verbindungsgerade dieser Punkte, also


  1. D.h. dass weder noch der Nullvektor ist und dass der eine Vektor nicht ein Vielfaches des anderen Vektors ist.




Eine lineare Funktion über einem Körper ist einfach eine Abbildung der Form

mit einer Konstanten (einem Proportionalitätsfaktor), die bei einem angeordneten Körper den Anstieg des Graphen beschreibt. Ein einzelnes Element kann man als eine Matrix auffassen. Wir dehnen das lineare Konzept auf Abbildungen zwischen Standardräumen aus und wir werden sehen, dass diese durch Matrizen beschrieben werden können.


Es sei ein Körper und

Eine Abbildung

heißt lineare Abbildung wenn die beiden folgenden Eigenschaften erfüllt sind.

  1. für alle
  2. für alle

Es stehen verschiedene Produkte zum Verkauf, wobei das te Produkt (pro Einheit)

kostet. Ein Einkauf wird durch das Tupel

repräsentiert, wobei die vom ten Produkt gekaufte Menge angibt. Der Preis des Einkaufs wird dann durch beschrieben. Die Preisabbildung

ist linear. Dies beruht auf

und

Inhaltlich bedeutet dies beispielsweise, dass wenn man zuerst den Einkauf tätigt und eine Woche später den Einkauf dass dann der Preis der beiden Einkäufe zusammen dem Preis entspricht, den man bezahlt hätte, wenn man auf einen Schlag gekauft hätte.



Es sei ein Körper und sei der dimensionale Standardraum. Dann ist die te also die Abbildung

eine lineare Abbildung. Dies folgt unmittelbar aus der komponentenweisen Addition und Skalarmultiplikation auf dem Standardraum. Die te Projektion heißt auch die te


Die beiden folgenden Beispiele entstammen der elementaren Geometrie.



Die Abbildung

ist linear und beschreibt die an der Achse.



Die Abbildung

ist linear und beschreibt die am Nullpunkt.




Es sei ein Körper und sei

eine lineare Abbildung. Dann gelten folgende Eigenschaften.

  1. Es ist
  2. Für jede Linearkombination in gilt

Beweis

Siehe Aufgabe 35.7.



Es sei ein Körper und seien

und

lineare Abbildungen. Dann gelten folgende Eigenschaften.

  1. Die Hintereinanderschaltung ist ebenfalls linear.
  2. Wenn bijektiv ist, so ist auch die Umkehrabbildung linear.

Beweis

Siehe Aufgabe 35.8.


Nach Lemma 35.6 wird unter einer linearen Abbildung die auf die abgebildet. Die Menge aller Vektoren, die unter einer linearen Abbildung auf abgebildet werden, ist für die Abbildung charakteristisch und bekommt einen eigenen Namen.


Zu einer linearen Abbildung

heißt

der Kern von

Der Kern ist einfach das Urbild des Nullvektors und wird auch mit bezeichnet. Er ist ein Untervektorraum des siehe Aufgabe 35.31.



Es sei ein Körper und sei

eine lineare Abbildung.

Dann ist genau dann injektiv, wenn

ist.

Wenn die Abbildung injektiv ist, so kann es neben

keinen anderen Vektor

mit

geben. Also ist
Es sei umgekehrt

und seien

gegeben mit

Dann ist wegen der Linearität

Daher ist

und damit


So, wie eine lineare Funktion

durch den Wert an einer einzigen Stelle festgelegt ist, was die Grundlage für Dreisatzaufgaben ist, sind lineare Abbildungen

durch die Werte auf einer Basis des festgelegt. Der folgende Satz beweist dies für die Standardbasis, siehe Aufgabe 35.20 für den allgemeinen Fall. Für entsprechende siehe u. A. Aufgabe 35.1, Aufgabe 35.3 und Aufgabe 35.30.


Es sei ein Körper und

Es seien , Elemente in

Dann gibt es genau eine lineare Abbildung

mit

wobei den ten Standardvektor bezeichnet.

Da

sein soll und eine lineare Abbildung nach Lemma 35.6  (2) für jede Linearkombination die Eigenschaft

erfüllt, und jeder Vektor

sich als eine solche Linearkombination schreiben lässt, kann es maximal nur eine solche lineare Abbildung geben.
Wir definieren nun umgekehrt eine Abbildung

indem wir jeden Vektor

mit der gegebenen Standardbasis als

schreiben und

ansetzen. Da die Darstellung von als eine solche Linearkombination eindeutig ist, ist diese Abbildung wohldefiniert.
Zur Linearität. Für zwei Vektoren

gilt


Die Verträglichkeit mit der skalaren Multiplikation ergibt sich ähnlich, siehe Aufgabe 35.19.



Ein gesundes Frühstück beginnt mit einem Obstsalat. Die folgende Tabelle zeigt, wie viel Vitamin C, Calcium und Magnesium (jeweils in Milligramm) unterschiedliche Früchte (pro 100 Gramm) besitzen.


Frucht Vitamin C Calcium Magnesium
Apfel 12 7 6
Orange 53 40 10
Traube 4 12 8
Banane 9 5 27

Dies führt zu einer Abbildung, die einem Tupel das die verarbeiteten (oder verzehrten) Früchte beschreibt, den Gesamtgehalt des Obstsalats an Vitamin C, Calcium und Magnesium in Form eines Tupels zuordnet. Diese Abbildung kann mit der Matrix

unter Verwendung der Matrixmultiplikation als Zuordnung

beschrieben werden.



Zu jedem Geburtstag von Mustafa Müller backt seine Oma eine gewisse Anzahl (abhängig von den Wünschen der Gäste) an Himbeerkuchen, Käsekuchen und Apfelkuchen. Ein Himbeerkuchen benötigt Gramm Mehl, Gramm Zucker, Gramm Butter, Gramm Milch und Gramm Himbeeren. Ein Käsekuchen benötigt Gramm Mehl, Gramm Zucker, Gramm Butter, Gramm Milch und Gramm Quark. Ein Apfelkuchen benötigt Gramm Mehl, Gramm Zucker, Gramm Butter, Gramm Milch, Gramm Äpfel und Gramm Haselnüsse. Die Oma möchte aus der Anzahl der zu backenden Kuchen, repräsentiert durch ein Dreiertupel die insgesamt benötigten Zutaten schematisch berechnen. Für das benötigte Mehl (in Kilogramm) gilt beispielsweise die Formel

Insgesamt wird der benötigte Einkauf durch die folgende lineare Abbildung (bzw. die Matrix) beschrieben (wobei die Angaben in Kilogramm und die Zutatenreihenfolge Mehl, Zucker, Butter, Milch, Himbeeren, Quark, Äpfel und Haselnüsse sind).



Es sei ein Körper und seien

Zu einer linearen Abbildung

heißt die Matrix

wobei die te Koordinate von bezüglich der Standardbasis des ist, die beschreibende Matrix zu (bezüglich der Standardbasen).

Zu einer Matrix

heißt die durch

gemäß Satz 35.10 definierte lineare Abbildung die durch festgelegte lineare Abbildung

Die zu einer Matrix gehörende lineare Abbildung ist unmittelbar durch das Matrizenprodukt der Matrix mit den Spaltentupeln gegeben, also gleich

Die te Komponente des Ergebnisses ist ja einfach gleich



Es sei ein Körper und seien

Dann sind die in Definition 35.13 festgelegten Abbildungen zwischen linearen Abbildungen und Matrizen invers zueinander.


Die folgende Aussage erklärt, warum das Matrizenprodukt so wichtig ist.


Es sei eine Matrix und eine Matrix und es seien

die zugehörigen linearen Abbildungen.

Dann beschreibt das Matrixprodukt

die 

Hintereinanderschaltung der beiden linearen Abbildungen.

Die Gleichheit von linearen Abbildungen kann man auf der Standardbasis

des  nachweisen. Es ist

Dabei sind die Koeffizienten

gerade die Einträge in der Produktmatrix

Für die Beziehung zwischen linearen Abbildungen, Matrizen und linearen Gleichungssystemen siehe Aufgabe 35.16 und Aufgabe 35.17.